Danach hatte sie kurzentschlossen gehandelt und sich einen gutgebauten Bodybuilder aus ihrem Fitness-Center geschnappt. Durch die zufällig offene Tür des Umkleideraumes der Männer hatte sie ihn gesehen.
Er war nicht übertrieben muskulös; diese durch Anabolika aufgeblähten Typen konnte sie nicht ausstehen. Er hatte einen schönen, klassisch-griechisch definierten Körper, einen Monsieur Bouchon, daß sie leise durch die Zähne pfiff, und als er sie entdeckte und frech anlachte, da machte sie die Tür von innen zu.
Die folgenden drei Nächte erlebte sie einen erotischen Sturm wie schon lange nicht mehr. Christian Müller, so sein guter, alter deutscher Name, den schon der Soldatenkönig als den echten Uradel bezeichnet hatte, war liebenswürdig, auf eine herrliche Weise frech und er nahm sie als weibliches Wesen wahr. Sie konnte sich gut mit ihm unterhalten − in den Pausen − und danach hatte sie den Namen dieses freiherrlichen Mißgriffs vergessen. Er war einfach weg, und sie fühlte sich sauwohl dabei. Und was war Christian gewesen? Ein einfacher Busfahrer von 25 Jahren. Doch warum eigentlich „einfach”? Er hatte eine verantwortungsvolle Aufgabe: Menschen sicher von A nach B zu transportieren. Sie bedauerte aber, daß er eine Freundin hatte, die nur auf einem Kurzurlaub gewesen war, doch sie hatte drei Tage lang ein wundervolles Gegengift gehabt und war es zufrieden.
Lou suchte weiter. Und dann entdeckte sie eine Reihe einheitlich gebundener, roter Ledereinbände mit Goldprägung. Es waren private Nachbindungen, offensichtlich von einem mit ästhetischem Sinn und diskreter Vorsicht begabten Vorbesitzer veranlaßt, denn sie fand, daß dahinter die Originaltitel noch vorhanden waren. Und die entpuppten sich zum Teil in ihrer Eindeutigkeit als nicht überbietbare erotische Darstellungen.
Bei deren Betrachtung und weiteren Illustrationen empfand Louisiana eine tiefe Wärme, ganz unabhängig von der Raumtemperatur, die sehr angenehm war, und ihr Schoß wurde feucht.
Sie fand unter anderem „Ovids Liebeskunst” und entdeckte etwas, von dem sie noch nie gehört hatte: „Wakashudo − der Weg der Jünglinge”. Eine deutsche Ausgabe. Lou überflog die Inhaltsangabe, etwas Text und die Illustrationen. Es war eine Schilderung der homoerotischen Beziehungen im altjapanischen Militär, weit verbreitet unter den Samurai, diesen Männlichsten der Männlichen, die offenbar bis zum Ende der Ausbildung mit etwa 19 bis 20 Jahren sexuell mit ihren Lehrmeistern verkehrten. Danach wurde es wohl beendet. Davon würde sie Michael berichten, aber der kannte das vielleicht sogar. Sie wußte von seiner Beziehung zu Lord Branbury, der nach Michaels Beschreibung über eine weitaus größere Bibliothek verfügte und sicher einschlägige Literatur besaß. Lou staunte über die offensichtliche Toleranz der Japaner.
Bald aber hatte sie einen Lesestoff gefunden, der sie persönlich reizte. Sie ließ sich in einem bequemen Sessel nieder und begann zu lesen.
*
„Warum quälst Du mich so?”
Madame seufzte tief. Hätte sie die Augenbinde nicht getragen, sie würde Konstantin vermutlich mit einem flehentlichen Blick angesehen haben. Schweiß stand auf ihrer Stirn. Ihr Körper bebte noch von der letzten Explosion.
Konstantin hatte seinen meisterlichen Cunnilingus unterbrochen, um die Spannung zu erhöhen, blickte nun auf und leckte seine Lippen. Wortlos erhob er sich, um sich gleich danach links neben Madame niederzulassen. Monsieur Bouchon war anzusehen, daß er nach Beschäftigung lechzte, aber sein Herr blieb trotz aller schmerzhaften Spannung gnadenlos.
Konstantin betrachtete stumm die schöne Erscheinung seiner Liebesgefährtin. Mit seiner rechten Hand nahm er eine erneute Probe ihres nassen Schoßes und hielt sie ihr wie zu einer Parfümbeurteilung unter die Nase. Sie schnupperte, lächelte, nahm Konstantins Hand, hielt sie fest und leckte sie ab.
„Darum!”
Sie verstand.
Konstantin begann, den Schweiß von ihrer Stirn abzulecken. Dabei brummte er leise.
„Und darum!”
Sie verstand.
Er beugte sich zu ihrer Herzbrust hinüber und küßte sie zärtlich. Ihre Brustwarze, die fest aus ihrem süßen, nicht zu großen Hof herausragte, stimulierte er und war erstaunt, daß seine Gespielin das mit einem leisen Stöhnen beantwortete. Die Brustwarze auf der nicht minder schönen Schwesterbrust war aus einem gewissen Gemeinschaftsgefühl heraus ebenfalls fest und dabei trotzdem von einer äußerst angenehmen Weichheit. Konstantin hatte die interessante Erfahrung gemacht, daß die übertriebene Zuwendung der Männer, auch seine, bei den meisten Mädchen und Frauen dort keinerlei Wirkung hatte. Sie zu erregen war so gut wie nie die wilde Zungenarbeit, die darauf verwendet wurde, sondern die Fähigkeit eines erfahrenen Liebhabers, die Frau dort erotisch „anzuschalten”, wo die Natur es sinnigerweise vorgesehen hatte. Und was macht man mit einem Knöpfchen? Man(n) schaltet es an. So einfach geht das. Tremoloschaltung. Gab es beim Auto und im Haushalt nicht − bis zur Gegenwart. Konstantin kannte sie und setzte sie wirkungsvoll ein.
Dann legte er seine rechte Hand auf das Herz von Madame, das wild pochte, und flüsterte ihr zu:
„Und darum.”
Sie verstand.
„Und warum quälst Du Dich so?”
Sie sah ihn mit ihren verbundenen Augen an, als sie das flüsterte.
„Weil ich Dir alles geben will, was Du möchtest, denn ich bin nicht wichtig. Es geht nur um Dich und Dein Wohlbefinden.” Er strich über die Lippen ihres schön geschwungenen Mundes, während er das leise sagte.
Madame lächelte. Konstantin betrachtete sie und fand ihre süßen Grübchen einfach entzückend. Dann holte sie tief Atem, strich ihm mit ihrer linken Hand zärtlich über sein Gesicht, kraulte, langsam ausatmend, die Grube seiner Kehle und hauchte:
„Wie nennst Du ihn?”
Konstantin verstand.
“Monsieur Bouchon.”
Madame schmunzelte.
„Würdest mich bitte näher mit ihm bekanntmachen?”
„Aber gern. Er brennt darauf, Dich zu besuchen und kennenzulernen.”
„Darf ich ihn vor dem Entrée noch einmal küssen?”
„Sehr gern. Er liebt es. Und wie liebst Du das Entrée? Doucement ou bien comme à la hussard?”
„D’abord doucement et après comme il te plaît.”
Konstantin erhob sich, kniete beiderseits Madames Körper und Monsieur Bouchons Kopf wurde geküßt, daß es den Blick seines Herrn augenblicklich vernebelte. Konstantin hielt beide Augen geschlossen. Es war fast zuviel für ihn.
Madame bemerkte sein Zögern und klopfte ihm mit ihrer zur Faust geballten rechten Hand zärtlich aber merklich auf die Brust, als wäre sie eine Tür.
„Poch, poch, meine Herren, vergessen Sie das Eintreten bitte nicht.” Trotz ihrer Erregung brachte sie ein verschmitztes Lächeln zustande − Konstantin und Monsieur Bouchon gehorchten.
Madame machte sich empfangsbereit, Monsieur Bouchons schöner Kopf verschwand im Lippentor und schließlich trat er langsam, fast vorsichtig-schüchtern vollends ein.
*
Louisiana hatte sich einen wahrhaft anregenden Text herausgesucht. Es faszinierte sie, wie dieser Autor geschrieben und welch schöne Worte er seinem Protagonisten im Umgang mit Frauen in den Mund gelegt hatte. Sie liebte es, wie sinnlich ein Phallus beschrieben wurde und was dessen Meister mit ihm zu vollbringen verstand.
Sie vermißte es, einen liebevollen Mann bei sich zu haben, der im Alltag und im Bett zärtlich mit ihr umging, was ihr tatsächlich wichtiger war, als dieser ständige, beide Partner unter Dauerdruck versetzende Anspruch, guter Sex müsse immer auch wilder Sex sein. Hin und wieder ein Parforce-Ritt mochte angehen, aber auf Dauer war das nichts für sie. Sie liebte es, Monsieur Bouchon im Mund zu haben, aber mußte sie deswegen gleich hineinbeißen? Lou gestand sich ein, sie würde gern einmal zugesehen haben, wie Michael und Maximilian sich geliebt hatten. Den jungen englischen Lord kannte sie nur durch Michaels Beschreibungen, aber Michael kannte sie, und sie hielt ihn für einen der zärtlichsten Männer, die ihr je begegnet waren. Sie gestand sich ein, daß sie mit ihm gerne schliefe, wenn nur diese stillschweigende Übereinkunft in ihrer Clique nicht wäre. Würde er jetzt in die Bibliothek kommen, vernaschte sie ihn trotzdem hemmungslos, aber er war nicht da.
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