Die kleine Boshafte! – Wer wird mir helfen, oder was soll ich anfangen? – Erteile mir doch deinen freundschaftlichen Rat darüber, eher will ich nichts unternehmen; denn sie ist ein gar hübsches, lustiges Mädchen, und ich möchte sie nicht gerne zum Scheiterhaufen befördern.
Nach so langem Umschweifen komm’ ich wieder auf unsern Förster. Der Bürger hatte schon eine blutige Nase und rief seine Frau zu Hilfe. Sie eilte hinzu, nahm den Mann in die Arme und drückte ihn fest an sich. Dadurch bekam der Förster Gelegenheit, ihn erst recht zu walken. Man rechnet ihr dies für Bosheit an und behauptet, dass der Förster mit ihr zu tun gehabt habe. Ich glaube vielmehr, dass sie diesen Fehler bloß aus Unerfahrenheit im Raufen begangen, und dass es töricht sei, in Schlägereien eine Frau zur Hilfe zu rufen.
Übrigens lasse ich zu, dass der Förster mit ihr zu tun gehabt hat; aber ist denn das was Böses, wenn man zu tun hat? Heißt es nicht: Müßiggang ist des Teufels Ruhebank? Indessen habe ich oft sagen hören: »Der Mann hat hübsch zu tun.« – Also muss es doch etwas Gutes sein, wenn man zu tun hat. Lebe wohl. Ich bin
Dein Wilhelm
Ernestinchen an Fiekchen
Liebes Fiekchen!
Sage mir nur, was du machest, dass du gar nicht an mich schreibest? Bist du denn etwa eine Monatsrose, die kaum aufkeimet, um sogleich der Welt wieder zu entwelken? – Das heiße ich Versprechen halten! – Wohl, weil du deine Pflicht vergessen hast, so will ich dich beschämen und dir zuerst schreiben.
Mein neues Kosthaus will mir gar nicht behagen; den ganzen Tag muss ich stricken und darf nicht aus dem Hause. Desto mehr genießet meine Frau Tante die frische Abendluft. Sobald da die Abendglocke geläutet wird, macht sie sich in einem leichten Korsett und Rocke, den sie nur das Appetitsröckchen nennet, auf die Strümpfe, schleicht sich um die Gottesackermauer herum und kommt nicht eher wieder, als bis Abendbrot aufgetragen wird, und da – isst sie immer für drei Personen. Der gute, ehrliche Pfarrer, mein Onkel, freuet sich allemal, wenn er sie so bei Appetit siehet. – »Nun, Gott segne dir’s,« sagt’ er neulich. »Was wollt’ ich darum geben, wenn ich deinen Magen hätte! – Essen kannst du, teure Hälfte, als wenn du ins Tagelohn gingest.« – Ich hörte, dass eine von unsern Mägden sagte: »Ist es denn ein Wunder, wenn sie sich beständig vom Rittmeister von R. reiten lässt?« – Das dumme, einfältige Vieh! – Wie sollte der Rittmeister die Frau Tante reiten können, da er noch halb so groß* ist als sie? – Sie könnt’ ihn ja gar nicht tragen, – und wenn das auch möglich wäre, so möcht’ ich einmal die allerliebste Positur sehen, wenn er so auf ihr säße und seine Füße schleppten auf der Erde! – Überdies hat er selbst vier schöne Pferde, die gewiss einen besseren Galopp laufen als die Frau Pfarrerin. –
Er ist ein sehr braver Mann, und der Herr Pfarrer spielet öfters das Damenbrett mit ihm, wenn er bei uns ist; ist aber der Onkel über Land, so sperret sich die Frau Tante mit ihm in die Stöhnerstube ein. Ich kann nicht erraten, was sie da machen; aber ich glaube wohl, sie lernet ihm Beten, weil sie sehr stark darin ist, die Herren Soldaten aber just da nicht zum allerbesten beschlagen sind. Nach dem Gebete sehe ich die Frau Tante immer Wasser und Handtuch hinein tragen; das mich schon oft auf den Gedanken gebracht hat, ob dem Herrn Rittmeister nicht so was vom alten Testamente oder Alkoran* aus der Familie anklebe, wo gerne gewaschen wird. – –
Wenn ich ihm unrecht tue, so vergebe mir’s der Himmel. Ich bin ihm wirklich nicht Feind; aber er hat kuriose Moden an sich. Anstatt mir bisweilen die Hand zu küssen, greifet er mir an den Busen und schiebt mir das Halstuch weg, damit er mich recht auf’s Lebendige küssen kann. Nach diesem wechselt er die Hände, legt mir eine auf den Hintern und drückt mich etliche Mal mit solcher Gewalt an sich, dass mir ordentlich warm dabei wird. Was das nun für ein Gebrauch der Höflichkeit sein muss? – Ich habe wohl gelesen, dass sich die Indianer bei’m Gruße die Nasen berühren; aber was dieser Gruß für ein Landsmann ist, möcht’ ich wohl wissen. Er macht’s der Frau Tante bisweilen eben so, aber ich mag sie nicht darum befragen; denn ich will mich nicht gegen sie bloß geben, dass ich noch so schlecht in der Lektüre bewandert bin.
O höre! Gestern erfuhr ich dir etwas Neues. Es sollte Konsistorium über einen Bauer und sein Weib gehalten werden, das sich von ihm scheiden lassen wollte. Ehe es anging, füttert’ ich im Hofe die Hühner. Als ich aus dem Stalle gehen wollte, hört’ ich hinter der Türe einen starken Knaller (du verstehest mich schon) aus der hinteren Batterie. Ich glaubte, es wäre unsere Viehmagd und wollte sie durch die Lücke belauschen, sah aber den Bauer da stehen. Er knöpfte just seine Hosen auf und zog etwas Fleischernes heraus, das einem starken Rinderdarme ähnlich sah. Er nahm das Ding bei der Mitte und schlug sich’s auf beiden Seiten an die Schenkel. Mit einmal füllte es sich wie eine Leberwurst und wurde so strotzend, dass es ihm von selbst wie eine Stange vor’m Leibe stand.
Er zog jetzt vorne eine Gattung von Fuhrmannsmütze zurück, und nun zeigte sich ein roter Kopf von antiker Form. Oben über dem Wirbel hatt’ er eine tiefe Schmarre, wie von einem Säbelhiebe, und gab eine Menge dampfendes Wasser von sich. Endlich reicht’ ihm der Bauer eine Ohrfeige, worauf es in die Höhe schnalzte, als ob es ihm ins Gesicht springen wollte. Der Bauer zog darauf einen großen ledernen Beutel, der das Rauche* außen hatte, worinnen (wie mich dünkte) zween Knollen Geld waren. Vermutlich wollt’ er das Tier damit für die Ohrfeige bezahlen; es gab sich auch gleich zur Ruhe, und er stopfte beides wieder in die Hosen, knöpfte sie zu und ging.
Wunderlich kommt es mir vor, dass er sein Geld zwischen den Schenkeln verborgen. Das muss sehr unbequem zu tragen sein. Wenn aber der Beutel zu dem Dinge gehöret hat, liebes Fiekchen, so kannst du dir keine bessere Vorstellung von ihm machen, als wenn du einen kurzen, umgekehrten Klingelbeutel in der Kirche ansiehest. Wie die Versammlung zum Konsistorium beisammen war, ging ich in die Kammer, die daran stieß, und lauschete vor der Türe. Ich hörte weiter nichts, als dass sich sein Weib beschwerte, dass er ihm nicht gehörig aufdamen wolle.
Liebes Fiekchen, es ist doch traurig, wenn sich Eheleute um so eine Kleinigkeit zertragen – wegen dem Aufdamen – – Wenn der Herr Rittmeister und meine Frau Tante Dame spielen, da ist niemand geschwinder mit dem Aufdamen als er; – aber er kommt ihr auch immer in die Dame; hingegen wenn er mit dem Onkel spielet, da geben sie sich alle Mühe, einander die Dame zu verwehren. Aber man sollte doch aus solchen Kleinigkeiten nicht so viel Wesens machen. Lebe wohl, ich bin
Dein Ernestinchen.
Heinrich an Wilhelm
Liebster Wilhelm!
Nun bin ich recht froh, dass ich nicht der einzige Leidende in der Welt bin. Wisse, mich hat das nämliche Schicksal betroffen, das du jüngst mir klagtest. Du weißt, dass ich bisher immer mit unserer alten Katharine, die mich auferzogen hat, zu Bette gehen müssen. Jüngst erwacht’ ich in der Nacht. Ich fürchtete mich und kroch näher an sie. Bei dieser Gelegenheit kam ich an den Hintern und wurd’ einen Büschel Flachs oder Werg gewahr (was es sein mochte), das sie vermutlich den Abend vorher der Mama gestohlen und zwischen die Beine verborgen haben mochte, bis sie es den andern Tag verpraktizieren könnte.
Ich zog daran, so stark ich konnte, um es ihr wegzurupfen; es hielt aber sehr fest; doch wachte sie darüber auf. Ich hielt ihr jetzt ihren Diebstahl vor. Lange gab sie mir keine Antwort; als ich aber immer fortfuhr, sie zu schrauben, fing sie an zu weinen und sagte: Wenn ich nicht aufhörte und nur ein Wort zur Mama spräche, würde sie sich ins Wasser stürzen. Ich versprach ihr, nicht allein zu schweigen, sondern ihr auch den andern Tag noch einen recht großen Wickel Werg aus der Flachskammer dazu zu geben. Ich hielt auch mein Wort; dem ungeachtet war sie nicht mehr zu bewegen, mich bei sich schlafen zu lassen. Sie übernahm die Küchenwäsche, und die Mama übergab mich der Jungmagd zur Aufsicht.
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