Die Höhlen im Glen Coe waren Tore zu einer geheimnisvollen Unterwelt mit Gängen, die zu gewaltigen unterirdischen Anlagen führten. Mit Zeichen an den Wänden, die aus der Zeit der Kelten stammten. Niemand wusste sie zu deuten.
Es bereitete Aileen allem Anschein nach Vergnügen, ihren Gästen Gruseliges zu erzählen und sie zu verunsichern. Sicher glaubte dieses Mädchen nicht wirklich an Geister. Aber war an diesen Geschichten vielleicht doch etwas dran? Mussten sie diesem Mädchen dankbar sein, dass es sie vor den abgrundtiefen Schrecken dieses Landstrichs gewarnt hatte?
Julian wollte hier nicht bleiben. Nein, nicht dass er an Geister glaubte, das nun wirklich nicht. In ihm begann ein Gedanke zu bohren: Wie kommen wir möglichst unbeschadet wieder raus aus diesem merkwürdigen Tal, durch das die Düsternis kroch wie eine giftige Schlange? Sofort musste er an die fast beschwörende Warnung des alten Mannes zwischen den Felstürmen denken. Hoffentlich waren die Kleider bald trocken. Nur rasch fort von hier! Ihm gruselte bei dem Gedanken, dort draußen als Schattenwesen oder Phantom zu enden.
Wahrscheinlich gehörte Aileen zu jenen friedlichverschrobenen, schwarz gekleideten Jugendlichen, die dunklen Gedanken nachhingen und sich zum Düster-Morbiden hingezogen fühlten. Dazu passte auch das gruselige Poster der finnischen Metal Band „Nightwish“ neben dem Kamin.
„Ich muss euch unbedingt die Geschichte eines spurlos Verschwundenen erzählen“, sagte Aileen. „Der Mann hieß Alan MacFarlane und war ein bekannter Filmregisseur aus den USA. Er bereitete seinen nächsten Film vor, war in Schottland auf der Suche nach Locations. Er wollte geeignete Drehorte besichtigen. Davon gibt es hier mehr als genug.“
Das zuckende Licht eines Blitzes drang durch die Spalten der Fensterläden. „Eine unglaubliche Geschichte“, sagte Aileen mit halb geschlossenen Augen und blinzelte wie eine zufriedene Katze. Sie hatte das Schicksal des Regisseurs zu einer Erzählung verarbeitet. Aileen ging in ihr Zimmer und kam mit einem Stoß Manuskripte zurück. Sie suchte, blätterte, dann räusperte sie sich wie jemand, der jetzt etwas Bedeutendes sagen will:
„Alles hat sich genau so zugetragen“, betonte sie, als ob sie daran gewöhnt wäre, dass ihr Ungläubigkeit und Zweifel entgegenschlugen.
Draußen stimmte der Sturm ein schauriges Geheul an. Tim und Julian hingen an ihren Lippen, nippten hin und wieder am Tee und gaben sich dem sanften Wohlklang ihrer Stimme hin. Manchmal schien es, als hörte sich Aileen völlig hingerissen selbst beim Reden zu, dann wiegte sie den Kopf, blickte nach oben, setzte geheimnisvolle Pausen und betrachtete ihre Hände.
Winston legte den Kopf auf die Vorderläufe. Er brummte, schloss die Augen und schlief ein.
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