Alexandre Dumas - Das Halsband der Königin

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Das Halsband der Königin: краткое содержание, описание и аннотация

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Alexandre Dumas der Ältere Die Halsbandaffäre, die in der Tat die Vorgeschichte der Revolution eröffnete und seit der man, laut Napoleon, den Tod der Königin hat voraussehen können, wird mit einer schmerzlichen Liebesgeschichte verbunden, und Marie-Antoinette erscheint weniger als die allzu leichtfertige Herrscherin, die sie war, denn als eine unglückliche Frau. Cagliostro alias Joseph Balsamo, der dem Leser aus dem ersten Band dieser Romanfolge (»Der Ratschluß des Magiers«) bekannt ist und der in Wirklichkeit ein Scharlatan war, wirkt im Hintergrund als geheimnisvoller Lenker der Geschicke und geschworener Diener der Geschichte. Im übrigen stimmen die Ereignisse ungefähr mit der Historie überein. Die Abenteurerin Jeanne de La Motte, die Königin, der Juwelier Boehmer, der Kardinal Louis de Rohan, der Fälscher Reteaux de Villette, das Mädchen Oliva waren nach den überlieferten Prozeßakten tatsächlich und etwa in der dargestellten
Weise Akteure in diesem Kriminalfall. Wo Dumas vornehmlich aus kommerziellen Gründen - er bezog hohes Zeilenhonorar -seine Handlung allzusehr gedehnt hat, haben wir ein wenig »Luft herausgelassen«, damit auch das moderne Publikum mit Andre Maurois sagen kann: »Regt Dumas zum Denken an? Selten. Zum Träumen? Nie. Zum Weiterlesen immer.«

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Zwei unbekannte Damen

Der Winter 1784 war hart und lang.

Für den Reichen sind Eisblumen am Fenster ein Luxus der Natur, der den Luxus seiner Räumlichkeiten erhöht. Für ihn hat der Winter seine Diamanten, seine Damastweiße, sein silbernes Spitzenwerk. Jedes Unwetter betrachtet er vom behaglichen Kaminfeuer her als willkommenen Dekorwechsel, den der ewige Maschinist, den man Gott nennt, für ihn veranstaltet. Wem die Düfte eines köstlichen Diners in die Nase steigen, der erfrischt den Geist von Zeit zu Zeit gern durchs halboffene Fenster an der eisigen Schneeluft draußen, um unter den Gästen an schimmernder Tafel mit desto mehr Witz zu brillieren, falls er welchen hat.

Aber wer hungert und friert hat keinen Sinn für die Pracht der Natur. Er flieht den Himmel ohne Sonne und also ohne Lächeln für den Unglücklichen. In jenem Jahr strömten die Armen aus den Dörfern in die Städte, wie der Winter die Wölfe in die Dörfer treibt. Von Januar bis Mitte April litten und starben an Kälte und Hunger von reichlich fünfhunderttausend Einwohnern dreihunderttausend Menschen allein in Paris, wo unter der Ausrede, daß keine Stadt mehr Reiche berge als diese, für die Elenden nicht die mindeste Vorsorge getroffen worden war.

Kein Brot mehr, kein Holz mehr, um Brot zu backen.

Die Stadt hatte ihre Wintervorräte binnen Monatsfrist verschlungen. Kluger Voraussicht unfähig, zeigte sich der Vorsteher der Kaufmannschaft außerstande, verfügbare zweihunderttausend Klafter Holz aus dem Umkreis in die Hauptstadt befördern zu lassen. Seine Entschuldigung, wenn es fror: die Pferde kämen auf dem Glatteis nicht von der Stelle; wenn es taute: Karren und Tiere blieben im Schlamm stecken. Das Holz wurde mehr und mehr rationiert. Vor den Holzhandlungen sah man ebenso lange Schlangen wie bald darauf vor den Bäckerläden.

König Ludwig XVI. gab alles Geld seiner Privatschatulle für Almosen aus, Königin Marie-Antoinette spendete fünfhundert Louisdor zur Linderung des Elends, eine Summe, die freilich in keinem Vergleich stand zu den Millionen, die Angehörige des Hofes in jener Zeit der permanenten Finanzkatastrophen für nichts verschlangen.

Weiterhin wurden durch zusätzliche Steuern drei Millionen zur Erleichterung der allgemeinen Not aufgebracht. Klöster, Hospitäler, öffentliche Bauten und Denkmäler hatten den Obdachlosen Asyl zu bieten, und nach dem Vorbild der königlichen Schlösser wurden die Torwege der Palais den Armen geöffnet und auf den Ehrenhöfen Platz um ein großes Feuer gewährt.

So hoffte man, das Frühjahr zu erreichen. Aber setzte auch hin und wieder schon Tauwetter ein, so daß Menschen, Tiere und Fahrzeuge im Wasser ertranken, da die Pariser Straßen nicht über Gossen und Abflüsse verfügten und der geschmolzene Schnee in Massen der Seine zuströmte, so verwandelte scharfer Nachtfrost alles wieder in einen diamantenen Spiegel. Paris war übersät mit gestürzten Menschen, Pferden und Wagen.

Lebensgefährlich waren die schweren Kutschen und flinken Kabrioletts für die Fußgänger in den schmalen Straßen und Gassen der Innenstadt. Tag für Tag häuften Tausende von Arbeitern Schnee und Eis längs der Häuser auf. Da die Karren nicht ausreichten, diese Wälle abzutransportieren, verschwanden die kleinen Läden bald dahinter. Wer aber in den nun noch verengten

Straßen ein Gefährt nicht rechtzeitig hörte, wurde erbarmungslos gegen die Eismauern geschleudert und zerquetscht.

Die Herrschaft der Aristokratie hatte unterschiedliche aristokratische Arten, einen Wagen zu fahren, hervorgebracht. Ein Prinz von Geblüt jagte daher, ohne auch nur einen Warnungslaut zu geben; ein Herzog, ein Edelmann, eine Operndame fuhren gestreckten Galopp; ein hoher Beamter oder ein Finanzier Galopp; der Stutzer lenkte eigenhändig sein Kabriolett wie auf der Jagd, und der Jockei auf dem Rücktritt schrie erst: »Vorsicht!«, wenn der Herr einen Unglücklichen schon niedergerissen hatte.

Da raffe sich auf, wer noch kann.

Die Polizei sah sich endlich veranlaßt, diejenigen, die Hunger, Kälte und Überschwemmungen entronnen waren, vor den Rädern der Noblen zu schützen. Man forderte ihnen Geldbußen ab, wenn sie arme Fußgänger verletzten.

Nie war das Elend so groß wie Ende März, Anfang April, denn noch einmal war unerbittliche Kälte eingefallen. Paris erklärte sich besiegt und ließ den Winter gewähren. Seinem Charakter getreu, sang es Spottlieder auf den Tod durch Kälte und Hunger. Auf der mehrere Fuß tief gefrorenen Seine tummelten sich die Eisläufer. Müßige erbauten aus Schnee kühn aufragende Obelisken, wahre Kunstwerke der Vergänglichkeit, und mancher brotlose Literat versah sie mit schmeichlerischen Versen auf die Mildtätigkeit des Königs.

An einem klaren Frosttag fuhren über den Cours-la-Reine und die äußeren Boulevards, wo der Schnee seine jungfräuliche Weiße bewahrt hatte, vier elegante Schlitten mit geschmückten Gespannen der Porte Saint-Denis zu. So mancher sah sie voll Bewunderung vorüberfliegen, die eigene Not vielleicht für Sekunden vergessend.

Von der Kirche Sainte-Croix-d'Antin schlug es eben fünf Uhr, als die Gefährte hielten. Auf das Zeichen einer der beiden Damen, die in dem zweiten Schlitten saßen, entfernten sich die übri-gen Schlitten durch die Rue Saint-Denis, während der zweite in Richtung des Boulevard de Menilmontant weiterfuhr.

Daß jene Personen Damen waren, ließ sich einzig an den hohen Aufbauten ihrer reich gezierten Frisuren erkennen, auf denen ein kleiner Federhut wippte, so dicht waren sie in kostbare Pelze vermummt. Die eine der beiden, die größere, hoheitsvollere, die auch das Zeichen gegeben, hielt den Kopf stolz im scharfen Fahrtwind und preßte ein feines Batisttuch vor den Mund, denn mit der beginnenden Dämmerung hatte auch die Kälte wieder zugenommen.

Die Kreuzung, an der man schließlich hielt, war menschenleer. In dieses entlegene Viertel wagte sich um die Abendzeit kein Bürger mehr ohne Stocklaterne und Begleitung: der Winter hatte die Zähne von drei- bis viertausend Hungerleidern verwegen geschärft.

»Weber«, redete die größere Dame den Kutscher an, indem sie ihn auf die Schulter tippte, »wie lange brauchen Sie, das Kabriolett an den Ort zu bringen, den ich Ihnen nannte?«

»Madame nimmt das Kabriolett?« fragte der Kutscher mit unverkennbarem deutschem Akzent.

»Ja, ich möchte durch die Innenstadt zurück, um die Feuer in den Höfen zu sehen. Und in den Straßen wäre man mit dem Schlitten übel dran. Zudem ist mir ein wenig kalt geworden, Ihnen nicht auch, Kleine?« fragte sie ihre Begleiterin, was diese bejahte.

»Nun, Madame, eine halbe Stunde werde ich wohl brauchen«, sagte Weber.

»Gut, um Viertel vor sieben stehen Sie bereit, Weber«, entschied die Dame, sprang leichtfüßig aus dem Schlitten und reichte ihrer Freundin die Hand. Als beide den Boulevard überquerten, knirschten ihre feinen Absätze im festen Schnee, dann ver-loren sie sich in einer dunklen Straße, während der Kutscher hörbar auf deutsch jammerte: »So ein Leichtsinn, mein Gott, so ein Leichtsinn!«

Ein Interieur

Trauen wir dem Gedächtnis des Lesers zu sehr, wenn wir hoffen, er werde sich noch der Rue Saint-Claude erinnern? Jener einsamen, wenig reinlichen, wenig bebauten, aber ehrbaren Straße im Marais-Viertel, wo der große Physiker Joseph Balsamo mit seiner Lorenza und seinem Meister Althotas gewohnt hatte und wo noch so manche Person dieser Erzählung anzutreffen sein wird?

Freilich, Balsamo war unterdes spurlos verschwunden. Sein Haus, das die kleine Straße einst durch seine hohen Fenster mit nahezu aristokratischem Lichterglanz erfüllt hatte, stand jetzt schwarz und verödet. Blickte ein Neugieriger durch das Schlüsselloch im Torweg, sah er nur mehr ringsum brandgeschwärzte Mauern, und vielleicht strich, ihrer unumstrittenen Herrschaft sicher, eine fette Ratte gemächlich über den verwahrlosten Innenhof.

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