Karl May - Entscheidung in Sedan

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Entscheidung in Sedan: краткое содержание, описание и аннотация

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ERSTES KAPITEL

Fallgruben

Am Abend wartete der Maler nicht vergeblich auf den Pflanzensammler. Sie taten so, wie es bestimmt worden war, und trafen draußen vor der Stadt zusammen.

„Aber, Mann, wie kamen Sie denn heute nachmittag hinaus in den Wald?“ fragte Fritz.

„Auf Schusters Rappen. Oder denken Sie vielleicht, ich habe mir eine Sekundärbahn hinauslegen lassen?“

„Was wollten Sie denn draußen?“

„Mich spazieren führen. Weiter nichts.“

„So war es also Zufall, daß Sie mich trafen?“

„Ja. Der Zufall war schuld und Ihr doppelter Singsang von der berühmten Lerche, die keine Tränen und keine Grüße hat – das arme Vieh.“

„Sie hätten daheim bleiben sollen.“

„Warum?“

„Weil man nicht wissen braucht, daß Sie sich für diese Gegend interessieren. Und dabei ist Ihre Persönlichkeit eine so in die Augen fallende, daß – – –“

„Eine so von der Birke fallende, wollen Sie sagen?“ fiel der Maler ein.

„Meinetwegen! Sind Sie von noch jemanden gesehen worden?“

„Ja; aber nur von einem.“

„Wer war das?“

„Ein gewisser Deep-hill.“

„Kennen Sie ihn?“

„Ich habe ihn nur ein einziges Mal gesehen, und zwar heute.“

„Kennt er Sie?“

„Er weiß meinen Namen und daß ich Maler bin. Aber sprechen wir von etwas, was uns näher liegt.“

„Wovon?“

„Von dieser allerliebsten Nanon.“

„Liegt diese Ihnen so nahe?“

„Nicht ganz so nahe wie Ihnen, scheint es mir.“

„So lassen wir es lieber sein. Wir wollen spionieren; wir dürfen also nicht selbst bemerkt werden. Nur das Notdürftigste wollen wir sprechen.“

„Ganz wie Sie denken, mein allerwertester Mann für Wacholderspitzen, Huflattich und Otternzungen.“

„Sie haben wahrhaftig alles gehört.“

„Alles!“

„Schändlich!“

„Nein, im Gegenteil. Ich habe Ihnen dadurch bewiesen, daß ich für so eine Spionage, wie wir jetzt vorhaben, geradezu geboren bin.“

„Und dabei doch vom Baum gefallen.“

„Im Steinbruch gibt es keine Bäume. Aber er ist außerordentlich groß. Wohin verstecken wir uns?“

„Hinein natürlich nicht. Wir verbergen uns am Eingang hinter den Felsen. Wenn sie dann kommen, schleichen wir ihnen nach. Das ist das allerbeste. Ich wollte, der – – – wäre mit da. Hm!“

„Der – – – wer denn?“

„Ich habe hier einen Freund, der für solche nächtliche Spaziergänge ein außerordentliches Geschick besitzt.“

„Warum haben Sie ihn nicht mitgebracht?“

„Es war mir nicht möglich, ihn zu treffen.“

Unter diesem Freund verstand er natürlich Doktor Müller, dessen Anwesenheit jetzt allerdings von Vorteil gewesen wäre. Doch, da sie zu zweien begonnen hatten, so mußten sie es auch zu zweien ausführen.

Am Eingang des Steinbruchs waren große Felsstücke aufgehäuft, hinter denen sie jetzt Posten bezogen. Was sie sich zu sagen hatten, wurde nur flüsternd gesprochen. Die Zeit verging sehr langsam. Endlich hörten sie ein Geräusch, aber nicht von außen her, sondern im Steinbruch selbst. Es waren Schritte, welche näher kamen, und dann blieb eine hohe männliche Gestalt nicht weit von ihnen stehen. Dieser Mann erwartete jedenfalls den Pulvertransport, stieß ein wiederholtes, ungeduldiges Brummen aus und ging dann wieder zurück.

„Wer mag das gewesen sein?“ flüsterte der Maler.

„Der alte Kapitän von Schloß Ortry.“

„Er selbst! Das ist – – – halt. Hören Sie es?“

„Ja; das ist das Knarren von Achsen. Sie kommen.“

Das Geräusch der Räder war immer deutlicher zu vernehmen, und endlich passierte ein mit vier Pferden bespannter Wagen an ihnen vorüber. Wenn Fritz vielleicht gedacht hatte, daß nur zwei Personen dabei sein würden, so hatte er sich geirrt; es waren mehrere.

„Sie fahren da rechts hinüber, jedenfalls bis ganz hinten in die Ecke“, raunte der Pflanzensammler dem Maler zu. „Ich werde ihnen nachschleichen; besser aber ist es, Sie bleiben hier zurück.“

„Ich zurückbleiben? Fällt mir gar nicht ein. Ein tapferer Kombattant der dicken Artillerie tut wacker mit, wenn es überhaupt etwas zu tun gibt.“

„Nun, dann aber äußerst vorsichtig. Auf allen vieren.“

„Auf allen Zehen und Fingern, macht gerade zwanzig.“

Der Wagen war im Dunkel bereits verschwunden, doch dauerte es gar nicht lange, so kamen sie ihm so nahe, daß sie ihn sehen konnten. Man hatte die Pferde abgespannt und zur Seite geschafft, den Wagen aber selbst so weit wie möglich in die Ecke geschoben, deren niedriger Teil mit grobsteinigen Schutt bedeckt und ausgefüllt war. Zwei Stimmen erklangen vom Wagen her. Fritz erkannte beide sofort; es war diejenige des Kapitäns und Charles Berteus. Der erstere sagte in seiner scharfen, gebieterischen Weise:

„Die letzte Sendung also. Wo ist der Zettel?“

„Hier.“

Ein dünner Lichtschein leuchtete auf. Jedenfalls hatte der Alte eine Blendlaterne bei sich, mit deren Hilfe er den Inhalt des Lieferscheins besichtigte; dann meinte er:

„Es stimmt. Abladen also.“

Ketten klirrten vom Wagen herab, und dann begann man die Fässer abzuladen.

„Es muß hier ein verborgener Eingang sein“, flüsterte der Maler dem Pflanzensammler zu.

„Jedenfalls“, antwortete dieser. „Ich werde einmal auskundschaften.“

„Wie? Sie wollen sich weiter vorschleichen?“

„Ja; das versteht sich ganz von selbst.“

„Da mache ich natürlich mit.“

„Nein; das wäre die größte Unvorsichtigkeit. Einer von uns beiden genügt. Und überdies weiß ich nicht, ob Sie die Geschicklichkeit besitzen, sich unbemerkt hinzuschleichen.“

„Na und ob! Im Anschleichen bin ich der reine Indianerhäuptling. Ich husche vorwärts wie eine Klapperschlange.“

„Bei Ihrem Leibesumfang?“

„Je dicker desto besser. Wenn so ein fleischiger Kerl an etwas stößt, geht es bedeutend weicher und geräuschloser zu, als wenn so ein knochiger Gottlieb, wie Sie sind, mit den Steinen karamboliert.“

„Das wollen wir lieber nicht untersuchen. Also bleiben und warten Sie hier, bis ich zurückkomme.“

Er kroch leise vorwärts und war nach einigen Augenblicken nicht mehr zu sehen.

„Was sich dieser Mensch einbildet“, dachte Schneffke. „Gescheiter als ich will er sein. Aber ich werde ihm beweisen, daß ich auch nicht von Dummdorf bin. Ich krieche ihm nach. Oder nein, ich beobachte diese Pulvergesellschaft ganz nach meiner eigenen Manier. Ich suche mir eine Stelle, von welcher aus ich alles höre und auch sehen kann, wo sich der Eingang in das Innere dieses Erdschlunds befindet. Aber ganz nach Art und Weise der Indianer, ganz und gar nach Menschenfressermanier.“

Er legte sich, so lang oder vielmehr so kurz er war, auf den Erdboden nieder und schob sich vorwärts. Als er in der Nähe des Wagens anlangte, bemerkte er einen felsigen Vorsprung, welcher sich nach und nach über der Ecke des Steinbruchs erhob, und von dem aus die Beobachtung am leichtesten ausgeführt werden konnte. Er schob sich auf diesen Vorsprung zu und kroch denselben hinan.

Es war dies nicht ganz ohne Schwierigkeiten auszuführen, aber er gelangte doch unbemerkt hinauf.

Unten hatte man noch einige Laternen angebrannt, deren Schein alles zur Genüge beleuchtete. Der alte Kapitän zählte die Fässer und gab seine Weisungen.

„Jetzt sind wir mit dem Abladen fertig“, sagte er. „Rollt nun die Fässer hinein.“

„Ist das Loch breit genug gemacht?“ fragte Berteu.

„Natürlich! Hier, überzeugt Euch.“

Er leuchtete nach der Öffnung, welche in die Erde führte.

„Halt“, dachte der Maler. „Das ist der Eingang; den muß ich genau besehen.“ Er schob sich bis zur Kante des Felsens vor, um besser sehen zu können, ließ aber dabei außer acht, daß der Stein dort von Wind und Wetter brüchig geworden war. Als er den Kopf so weit wie möglich vorstreckte, um alles sehen zu können, bröckelte das Gestein los und rollte hinab. Die unten Stehenden hörten und fühlten das. Sie blickten in die Höhe. Schneffke wollte mit dem Kopf zurück, aber das geschah so jäh, daß das locker gewordene Gestein sich weiter unter ihm vom Felsen trennte.

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