„Sieht so aus, als hätte der Generator den Geist aufgegeben.“
„Halt die Schnauze, du blöde Kuh. Das sehe ich auch.“
Ein lautes Klatschen, gefolgt von einem kurzen Aufschrei, folgte. Trotz der Dunkelheit, hatte der Schlag gesessen.
Du verfickter Hurensohn , zischte Ronnie, der hinter der Tür in Deckung gegangen war. Wenn du herkommst, um nachzusehen, schlage ich dir mit dem hier den Schädel ein. Die Finger seiner linken Hand streichelten über das Metallrohr.
„Ich gehe nachsehen, was mit diesem verfluchten Generator los ist und du bleibst solange hier liegen und rührst dich nicht vom Fleck. Verstanden?“
Sandy murmelte etwas, das vermutlich ein Ja war, denn Kid ging nicht weiter auf sie ein.
Stattdessen bewegte er sich vorsichtig durch die Dunkelheit. Seine Schuhe verursachten knirschende Geräusche auf dem unebenen Steinboden. Langsam näherte er sich der Tür.
Er stieß mit dem Fuß irgendwo gegen. Ein schepperndes Geräusch übertönte sein Fluchen.
Dann hatte er die Tür erreicht.
Ronnie wich blitzschnell zurück, als sie sich langsam und quietschend öffnete.
In der beinahe vollständigen Dunkelheit konnte er Kids Silhouette nur erahnen, als er vorsichtig einen Blick riskierte. Wenn er sich nicht komplett täuschte, stand Kid jetzt genau vor dem Generator.
So leise wie möglich trat Ronnie aus seinem Versteck hervor und schlich auf Zehenspitzen auf den Entführer zu. Das Stahlrohr in seiner rechten Hand lag auf seiner Schulter. Bereit, jederzeit auf den Schädel des Typen niederzusausen.
In der Sekunde, als der Generator ein orgelndes Startgeräusch von sich gab und das Licht im Nebenraum anging, drehte Kid sich um, wie von einem siebten Sinn ferngesteuert.
Das Stahlrohr in Ronnies Hand raste nach unten.
Doch Kid war schnell.
Zu schnell.
Mit einer geschmeidigen Bewegung tauchte er unter dem Schlag hindurch. Das Stahlrohr hieb gegen den Generator und ein rasender Schmerz durchfuhr Ronnies linken Arm.
Er sah Sterne und schrie wütend auf, als Kid ihm mit voller Wucht gegen die Kniescheibe trat.
Ronnies Waffe fiel scheppernd zu Boden. Im nächsten Augenblick hörte er ein lautes Knirschen. Gleichzeitig hatte er das Gefühl, sein Gesicht würde explodieren. Seine Augen füllten sich mit Tränen und warme Flüssigkeit schoss aus Mund und Nase. Klebriges Blut rann durch seine Finger, die er sich instinktiv schützend vor das Gesicht hielt.
Sein Gegner nutze die vollkommen entblößte Deckung brutal aus und ein erbarmungsloser Tritt in den Unterleib raubte ihm endgültig den Atem.
Weinend sank er auf die Knie.
Als ihn eine Hand bei den Haaren packte und erbarmungslos nach oben riss, wurde ihm schwarz vor Augen.
KAPITEL 40
„Komm schon, du Hurenbock. Lass dich nicht so hängen. Ich habe keine Lust, mir an dir das Kreuz zu verrenken.“ Mit dem Stahlrohr in der Hand, eine Hand an seinem Kragen, manövrierte Kid sein noch immer benommenes Opfer vor sich her.
Er hatte keine Ahnung, wie dieser verfluchte Kerl in den Kellerraum hinter ihrem Versteck gelangt war. War es nur Zufall, dass die Suche nach seiner Freundin ihn hierher geführt hatte? Oder hatte er bei Ihrem ersten Aufeinandertreffen tatsächlich Verdacht geschöpft?
„Ich hätte dich vorhin schon umbringen sollen. Jetzt hast du es glatt geschafft, die romantische Stimmung zu versauen. Deine Freundin und ich haben uns blendend unterhalten. Eigentlich wollten wir gerade zur Sache kommen.“
„Du verfluchter Scheißkerl“, flüsterte Ronnie.
Er sah erbärmlich aus. Seine Unterlippe blutete und war dick geschwollen. Roter Rotz troff aus den Löchern seiner deformierten Nase.
„Was war das? Hast du noch immer nicht genug?“
„Ich sagte, du verfluchter Scheiß…“
Das Stahlrohr erzeugte ein leises Summen, als es durch die Luft fuhr. Dann krachte es mit voller Wucht auf Ronnies Oberschenkel.
Schreiend brach er zusammen und blieb wimmernd auf dem Boden liegen.
„Das hast du dir selbst zuzuschreiben. Und jetzt steh auf, du Schwuchtel.“ Kid packte ihn erneut an den Haaren und zog ihn auf die Beine.
Schwankend stand Ronnie vor ihm. Der Oberschenkel seiner Jeans färbte sich dunkel.
„Wenn ich noch einen Ton von dir höre, schlage ich dich mit dem hier auf der Stelle tot. Hast du das kapiert?“
Ronnie nickte. Tränen liefen über sein Gesicht und vermischten sich mit dem aus Mund und Nase austretenden Blut, während Kid ihm das Stahlrohr auf den zertrümmerten Nasenrücken presste.
„Aber wenn du schön brav bist, dann darfst du zusehen, wie ich es deiner Süßen besorge, bevor ich dich umlege.“ Mit einem kräftigen Schlag in die Rippen bugsierte er Ronnie durch die Tür.
„Ronnie!“ Sandy schrie entsetzt auf, als Ronnie blutüberströmt in den Raum taumelte.
Auf der Suche nach Halt, griff dieser nach dem Fernseher, verfehlte ihn jedoch. Unmittelbar vor dem Sofa gaben seine Beine nach und er sackte stöhnend in sich zusammen.
„Ja, schau mal her, wen ich dir…“ Der Rest des Satzes blieb Kid im Halse stecken, als er Sandy ansah. Seine Augen verengten sich zu zwei schmalen Schlitzen. Wütend spuckte er auf den am Boden liegenden Ronnie.
„Du verdammtes Miststück. Du hältst dich wohl für besonders schlau, oder?“
Langsam machte er einen Schritt in Sandys Richtung. Sie saß auf dem Sofa und starrte mit aufgerissenen Augen abwechselnd zu Kid und zu ihrem schwer verletzten Freund.
Ihre zitternden Hände umklammerten Kids Revolver.
KAPITEL 41
Kid wiegte das Stahlrohr in seiner Hand und ging langsam auf sie zu.
„Keinen Schritt weiter. Wenn du näher kommst, knall ich dich ab. Ich schwör´s dir.“ Sandy schluchzte. Trotz dem von der Waffe in ihren Händen ausgehenden Machtgefühl, konnte sie die Tränen beim Anblick ihres am Boden liegenden Freundes nicht mehr zurückhalten. „Ich weiß, wie man mit so einem Ding schießt.“
Natürlich wusste sie es nicht .
Als kleines Mädchen hatte sie sich zu Fasching als Cowboy verkleidet und eine Pistole besessen, die so ähnlich ausgesehen hatte, wie das Exemplar, an das sie sich nun in ihrer Verzweiflung klammerte, wie ein Ertrinkender an einen ins Wasser gehaltenen Ast. Allerdings war die Spielzeugvariante erheblich leichter gewesen. Und natürlich war sie nicht dazu bestimmt, irgendjemandem Schaden zuzufügen.
Ihr Herz hämmerte in ihrer Brust, als sie sich überlegte, wohin sie zielen sollte. Ein Kopfschuss wäre mit Sicherheit sofort tödlich und würde sie umgehend und ein für alle Mal von ihrem Peiniger befreien. Allerdings war die Gefahr, dass der Schuss sein Ziel verfehlte, ungleich größer, als wenn sie die Waffe direkt auf seine Körpermitte richtete. Und für einen gezielten Schuss auf seine Arme oder Beine, mangelte es ihr definitiv an Können.
Schweißtropfen liefen von ihrer Stirn, vermischten sich mit ihren Tränen und brannten in den Augen. Außerdem fror sie ganz erbärmlich. Bisher war es ihr nicht aufgefallen, aber für das Klima in dem alten, feuchten Gemäuer war sie eindeutig zu spärlich bekleidet. Die Kälte ließ sie zittern und auf ihrem Körper bildete sich eine Gänsehaut.
„Einen Scheiß weißt du, du blöde Schlampe.“ Kid schien ihre Unsicherheit förmlich riechen zu können. Hochkonzentriert beobachtete er jede ihrer Bewegungen. Wie ein auf Beute lauerndes Raubtier, mit zu Schlitzen verengten Augen, kam er langsam und völlig unbeirrt auf sie zu.
„Bleib stehen!“ Ihre Stimme überschlug sich. Der Revolver zitterte wie das sprichwörtliche Espenlaub, als sie ihn langsam anhob und auf Kid richtete.
Dieser hatte nichts für sie übrig, außer einem mitleidigen Lächeln.
„Ich warne dich zum letzten Mal. Ich schieße.“
„Wenn du es bis jetzt noch nicht fertiggebracht hast, wirst du es auch nicht mehr tun. Hast du jemals auf einen Menschen geschossen? Oder auch nur auf ein Tier? Außerdem magst du mich doch, oder? Erzähl deinem Freund doch lieber davon, wie gut wir uns verstanden haben. Vielleicht gefällt es ihm ja sogar, wenn wir es vor seinen Augen treiben.“
Читать дальше