Nach der Transkription der RNA an der DNA werden aus der RNA die Introns herausgeschnitten, Molekülabschnitte, die keine Information für Proteine tragen. Die verbleibenden Abschnitte, Exons genannt, werden zusammengefügt und codieren nun das Protein. Die Exons eines gerade transkribierten RNAMoleküls können auf unterschiedliche Weise zusammengefügt werden, sodass unterschiedliche Proteine entstehen. Ein einziges Gen kann also zu verschiedenen Zeitpunkten unterschiedliche Produkte liefern.
Bakterien sind winzige, einzellige Lebewesen. Ihre DNA liegt nicht in einem Zellkern, sondern verteilt sich weiter über die Zelle. Ihr Genom enthält keine Introns; es besteht ausschließlich aus Exons, und das macht sie zu sehr wendigen kleinen Geschöpfen.
Manchmal verhalten Bakterien sich wie soziale Lebewesen: Einige Typen können sowohl kooperieren als auch konkurrieren, um Ressourcen in ihrer Umgebung zu finden und zu nutzen. In freier Wildbahn finden Bakterien sich häufig zu »Städten« zusammen, die man als Biofilme bezeichnet; allgemein bekannt sind Biofilme als schleimige Masse auf verdorbenem Gemüse, das man zu lange im Kühlschrank gelassen hat. Ebenso findet man Biofilme im Darm, in den Harnwegen und auf den Zähnen, wo sie manchmal Probleme verursachen. Spezialisierte Bakteriengesellschaften schützen unsere Haut, unseren Mund und andere Körperstellen.
Bakterien sind äußerst wichtig. Manche Arten verursachen zwar Krankheiten, aber viele andere sind für uns lebensnotwendig.
Nach Ansicht vieler Biologen sind Bakterien die ursprünglichsten Lebensformen; eukaryotische Zellen wie unsere eigenen stammen danach von uralten Bakterienkolonien ab. So betrachtet, sind wir vielleicht nur »Raumschiffe« für Bakterien.
Bakterien können untereinander kleine DNARinge austauschen, die man Plasmide nennt. Plasmide ergänzen das Genom der Bakterien und ermöglichen es ihnen, sich schnell auf Antibiotika und andere Bedrohungen einzustellen. Die Plasmide bilden eine allgemein zugängliche Bibliothek, die viele verschiedene Bakterienarten nutzen können, um besser zu überleben.
Bakterien und fast alle anderen Lebewesen werden ständig von Viren angegriffen. Viren sind sehr kleine, meist von einer speziellen Hülle umgebene DNA- oder RNAStücke, die sich allein nicht vermehren können. Um neue Viren hervorzubringen, bedienen sie sich der Fortpflanzungsmechanismen einer Zelle. Viren, die Bakterien befallen, nennt man Bakteriophagen (wörtlich »Bakterienfresser«) oder kurz Phagen. Viele Phagen transportieren auch genetisches Material von einer Wirtszelle zur anderen; das Gleiche tun auch manche Viren bei Tieren und Pflanzen.
Möglicherweise stammen die Viren ursprünglich von zelleigenen DNAAbschnitten ab, die sich sowohl innerhalb der Chromosomen als auch zwischen ihnen bewegen konnten. Im Grunde sind Viren vagabundierende Segmente genetischen Materials, die gelernt haben, »den Raumanzug anzulegen« und die Zelle zu verlassen.
Kurzes Glossar biologischer Fachbegriffe
AminosäureBaustein der Proteine. In den meisten Lebewesen kommen nur zwanzig Aminosäuren vor.
AntikörperMolekül, das sich an ein Antigen heftet, es inaktiviert und andere Abwehrmechanismen gegen den Eindringling in Gang setzt.
AntibiotikaGroße Gruppe von Wirkstoffen, die Bakterien abtöten und von vielen verschiedenen Lebewesen produziert werden. Auf Viren wirken Antibiotika nicht.
AntigenKörperfremde Substanz oder Teil eines fremden Lebewesens; löst im Rahmen der Immunantwort die Bildung von Antikörpern aus.
BakterienProkaryoten; winzige lebende Zellen, deren genetisches Material nicht in einen Zellkern eingeschlossen ist. Bakterien erfüllen in der Natur viele wichtige Aufgaben und bilden die unterste Stufe aller Nahrungsketten.
BakteriophageSiehe Phage.
BacteriocineWirkstoffe, die von Bakterien produziert werden und andere Bakterien abtöten können.
ChromosomGebilde aus eng verpackter, spiralisierter DNA. Diploide Zellen, beispielsweise die Körperzellen des Menschen, enthalten zwei Sätze von je 23 Chromosomen. Keimzellen dagegen — also Samen- und Eizellen — besitzen jeweils nur einen einzelnen Chromosomensatz.
CroMagnonFrühe Form des Jetztmenschen Homo sapiens sapiens, benannt nach einem Fundort in Frankreich. Homo bezeichnet die Gattung, sapiens die biologische Art und sapiens die Unterart.
DNADesoxyribonucleinsäure, das berühmte Doppelhelixmolekül; codiert die Proteine und andere Elemente, die in ihrer Gesamtheit den Phänotyp , das heißt das äußere Erscheinungsbild eines Lebewesens, bilden.
Emergenz, emergente EigenschaftenDas Phänomen, dass sich in einem komplexen System aus vielen Komponenten neue Eigenschaften ausbilden, die nicht durch die Eigenschaften der Einzelkomponenten erklärbar sind.
ERV oder endogenes RetrovirusEin Virus, das sein genetisches Material in die DNA einer Wirtszelle eingebaut hat. Dieses integrierte Provirus ruht eine Zeit lang. ERVs sind wahrscheinlich sehr alt, und da es sich um Bruchstücke handelt, können sie keine infektiösen Viren mehr bilden.
ExonDNAAbschnitt, der Protein oder RNA codiert.
GameteGeschlechtszelle — Ei- oder Samenzelle —, die sich mit einer Gamete des anderen Geschlechts zur Zygote verbinden kann.
GenDie Definition des Gens wandelt sich. Ein Lehrbuch aus jüngerer Zeit definiert es als »Abschnitt der DNA oder RNA, der eine bestimmte Funktion ausführt«. Genauer gesagt, kann man sich ein Gen als DNAAbschnitt vorstellen, der ein Molekülprodukt — in der Regel ein Protein — codiert. Es enthält nicht nur die Nucleotide, die das Protein selbst codieren, sondern auch Abschnitte, die darüber bestimmen, wie viel von dem Protein produziert wird sowie wann und in welcher Form das geschieht. Gene können auf verschiedene äußere Reize hin unterschiedliche Proteinkombinationen hervorbringen. Ein Gen ist also eigentlich eine winzige Fabrik und ein winziger Computer innerhalb eines viel größeren Fabrikrechenzentrums, des Genoms.
GenomDie Gesamtheit des genetischen Materials in einem einzelnen Lebewesen.
GenotypDer genetische Aufbau eines Lebewesens oder einer abgegrenzten Gruppe von Lebewesen.
GeschlechtschromosomenBeim Menschen die Chromosomen X und Y; wenn zwei XChromosomen vorliegen, ist das Geschlecht weiblich; die Kombination von X und Y führt zur Ausprägung des männlichen Geschlechts. Andere biologische Arten weisen andersartige Geschlechtschromosomen auf.
Gradualismussiehe unterbrochenes Gleichgewicht.
HERV oder humanes endogenes RetrovirusIn unserem genetischen Material befinden sich viele Überreste früherer Infektionen durch Retroviren. Nach Ansicht mancher Fachleute besteht möglicherweise bis zu einem Drittel unseres gesamten genetischen Materials aus alten Retroviren. Bisher wurde noch nie beobachtet, dass solche uralten Virusgene wieder ansteckungsfähige Viruspartikel ( Virionen) hervorbringen, die sich durch laterale oder horizontale Übertragung von einer Zelle zur nächsten ausbreiten könnten. Innerhalb der Zellen produzieren allerdings viele HERVs virusähnliche Partikel; ob diese Partikel eine Funktion erfüllen oder Probleme verursachen, ist bisher nicht bekannt. Alle HERVs gehören zu unserem Genom und werden vertikal von den Eltern auf die Nachkommen weitergegeben, wenn wir uns fortpflanzen. Die bisher beste Erklärung, warum es HERVs in unserem Genom gibt, ist die Infektion von Gameten mit Retroviren. (Endogene Retroviren oder ERVs findet man auch in vielen anderen Organismen.)
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