Poul Anderson - Dominic Flandry – Spion im All

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Dominic Flandry, ein Fähnrich im Dienst der terranischen Flotte, wird zur Schlüsselfigur im Ringen der beiden kosmischen Großmächte Terra und Merseia.
Der junge Flandry erhält eine Information aus dem Geheimarchiv Merseias zugespielt. Er enträtselt die Botschaft und erfährt, daß ein Planet, auf dem zwei verschiedenartige Völker beheimatet sind, von der Vernichtung bedroht ist — und daß die terranische Flotte in eine Falle gelockt werden soll. Während Freund und Feind Flandry durch das All hetzen, handelt der Fähnrich auf eigene Faust, um das Unheil abzuwenden.
Poul Anderson hat bereits mehrere Flandry-Romane geschrieben — sie erschienen in TERRA oder in der Reihe der TERRA-Sonderbände — hier legt der bekannte SF-Autor aus den USA sein neuestes Werk vor, das den Beginn der Karriere des „Spions im All“ zum Inhalt hat.

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Poul Anderson

Dominic Flandry — Spion im All

MOEWIG-VERLAG MÜNCHEN

Dieses E-Book ist nicht zum Verkauf bestimmt!!

Titel des amerikanischen Originals: Ensign Flandry

Aus dem Amerikanischen übersetzt von Walter Brumm

1

Seine kaiserliche Majestät Georgios Manuel Krischna Murasaki, vierter Herrscher der Wang-Dynastie, höchster Bewahrer des Friedens, Vorsitzender des stellaren Rates, Herr über unzählige Welten, feierte Geburtstag. Auf den entferntesten Planeten, so fern, daß das unbewaffnete Auge ihre Sonnen nicht sehen konnte, hoben Männer zu diesem Anlaß ihre Gläser und brachten feierliche Trinksprüche aus.

Auf Erden ging es weniger steif zu. Abgesehen vom Hof, wo eine ermüdende Zeremonie der anderen folgte, war der Geburtstag des Herrschers nichts als eine Gelegenheit, Karneval zu feiern. Während seine Maschine über das nächtliche Meer dahinsummte, sah Graf Markus Hauksberg den hellen Lichtschein am Osthimmel, vielfarbige, bewegte Schleier, bunte Explosionen und Lichtkaskaden: das Festfeuerwerk. Wäre er in der Stimmung gewesen, seinen Fernseher einzuschalten, hätte er von jeder beliebigen Station den gleichen Vergnügungsrummel aus Festsälen und von öffentlichen Plätzen empfangen.

Seine Gattin brach das Schweigen mit einer halblauten Bemerkung: „Ich wünschte, wir lebten hundert Jahre früher.“

„Wie bitte?“ Manchmal konnte sie ihn immer noch in Erstaunen setzen.

„Damals bedeutete so ein Geburtstag noch etwas.“

„Ach so — ja, das mag sein.“ Hauksberg ließ seine Gedanken zurückwandern. Sie hatte recht. Früher hatten die Väter ihre Söhne am Abend eines solchen Tages hinausgeführt, ihnen den Sternenhimmel gezeigt und gesagt: „Schau hinauf. Das alles ist unser. Fast vier Millionen Sterne liegen innerhalb der Grenzen des Imperiums. Hunderttausend Planeten kennen uns, gehorchen uns, entrichten ihren Tribut und genießen als Gegenleistung Frieden und Wohlstand. Das haben unsere Ahnen erreicht. Du mußt es bewahren.“

Hauksberg zuckte die Achseln. Man konnte den späteren Generationen nicht verargen, daß sie der Naivität entwachsen waren. Noch nicht einmal der Arm des Spiralnebels, der die Erde umschloß, war ganz erforscht, und man brauchte kein Fernrohr, um Riesensterne wie Beteigeuze und Antares oder den Polarstern zu sehen, die nicht zum Imperium gehörten. Überdies wußte inzwischen auch der einfältigste und gutgläubigste Mensch, daß das Imperium seine Machtfülle durch nackte Gewalt erlangt hatte und erhielt; daß die Zentralregierung korrupt und in ihren Methoden nicht wählerisch war; daß es in den Grenzregionen brutal zuging und daß die letzte Organisation, der man noch so etwas wie inneren Zusammenhalt und Korpsgeist nachsagen konnte, die Marine, nur noch für Krieg und Unterdrückung lebte und einen rüden Antiintellektualismus zur Schau trug.

Könnte sein, daß ich etwas daran ändere, dachte Hauksberg.

Alicia unterbrach ihn. „Wir hätten wenigstens zu einer anständigen Party gehen können. Aber nein, du mußt zum Kronprinzen. Hoffst du vielleicht, daß er dir einen seiner hübschen Jünglinge überläßt?“

„Komm, Schatz, du tust mir unrecht“, antwortete Hauksberg lächelnd. „Du weißt, daß ich immer noch hinter Frauen her bin. Besonders hübschen Frauen wie dir.“

„Oder Persis d'Io.“ Sie seufzte und ließ sich zurücksinken. „Wie dem auch sei, ich mag einfach keine Orgien. Schon gar nicht, wenn sie vulgär sind.“

„Ich auch nicht.“ Er streichelte ihre Hand. „Aber du wirst schon zurechtkommen. Unter den vielen Dingen, die ich an dir bewundere, finde ich deine Fähigkeit, jede Situation zu meistern, besonders bemerkenswert.“

Er betrachtete ihre feingeschnittenen Züge unter dem diademgeschmückten Haar und fühlte Bedauern. Warum konnten sie aus dieser Vernunftehe nicht wenigstens eine Kameradschaft herausdestillieren? Oder gar Liebe… Nein, er war kein Peleas und sie keine Melisande. Sie war schlau, anmutig und einigermaßen ehrlich mit ihm; sie hatte ihm einen Erben geschenkt; mehr war im Kontrakt nie vorgesehen gewesen. Er hatte ihr Rang und nahezu unbegrenzte Geldmittel gegeben. Was seine Zeit anging… wie konnte er? Jemand mußte sich der Reparaturen annehmen, wenn ein Imperium auseinanderzufallen drohte. Die meisten Frauen hatten dafür Verständnis.

Und was ihr Aussehen betraf — Alicias Schönheit war das Ergebnis kostspieliger gesichtschirurgischer Korrekturen. Er hatte schon zu viele Variationen dieses modischen Idealgesichts gesehen.

„Ich wäre auch lieber zu Mboto oder Bhatnagar gegangen“, verteidigte er sich. „Aber mein Schiff geht in drei Tagen. Dies ist die letzte Gelegenheit, um ein paar unaufschiebbare Geschäfte zu erledigen.“

„So sagst du.“ Sie machte ein unwilliges Gesicht.

Er hatte nicht den Eindruck, daß dieser Abend ein großes Opfer für sie bedeutete. Während der Monate seiner Abwesenheit würde sie sich mit Liebhabern trösten. Wie sonst sollte eine Dame von vornehmem Stand, die sonst keine besonderen Talente hatte, ihre Zeit verbringen? Aber wenn sie verbittert wurde, konnte sie ihm schaden.

„Schatz“, sagte er, „ich konnte vorher nicht davon sprechen. Es gibt zu viele Ohren, verstehst du. Diese Sache darf nicht vorzeitig publik werden, sonst kann ich mich vor Querschüssen nicht mehr retten.“

Sie warf ihm einen kalten Blick zu. Er war groß, schlank und blond. In seiner grünen Uniform mit reichen Dekorationen an der Brust, dem beigefarbenen Umhang und den weichen, hellbraunen Halbstiefeln sah er stattlicher und hübscher aus, als recht war. „Ich weiß“, spottete sie. „Deine Karriere.“

Er nickte. „Gewiß. Aber auch die Erhaltung des Friedens. Möchtest du einen Angriff auf die Erde miterleben? Das könnte passieren.“

„Markus!“ rief sie entsetzt. „Ist das dein Ernst?“

Er nickte. „Diese Sache auf Starkad ist mehr als ein kleiner Grenzzwischenfall. Es wird als solcher ausgegeben, und viele Leute glauben daran. Aber ich habe meine eigenen Informationen — unzensiert, wenn du weißt, was ich meine. Die Gefahr eines großen Krieges mit Merseia ist gewachsen, und sie wächst weiter. Ich habe den Auftrag, mich an Ort und Stelle über den Konflikt zu unterrichten und dem Kaiser Meldung zu machen. Vielleicht läßt sich die Affäre auf dem Verhandlungsweg beilegen. Vielleicht auch nicht; es gibt mächtige Interessengruppen, die den Konflikt ausweiten möchten. Jedenfalls wird die Eskalation einstweilen weitergehen, und solange sie weitergeht, wird eine friedliche Regelung immer schwieriger zu erreichen sein. Das ist es, worauf einige ehrgeizige Militärs spekulieren. Darum möchte ich die ganze Bürokratie beiseite lassen. Ich werde mir Vollmacht besorgen, von Starkad direkt nach Merseia weiterzufliegen und dort eine Vereinbarung auszuhandeln. Ich glaube, es läßt sich machen. Die Leute dort sind schließlich auch vernunftbegabte Wesen, und auch unter ihnen wird es verantwortungsbewußte Führer geben, die nach einem Ausweg suchen. Ich kann ihnen einen zeigen.“

Alicia saß still. „Ich verstehe“, sagte sie nach längerer Pause. „Du kannst dich auf mich verlassen.“

„Du bist ein gutes Mädchen.“ Er legte seine Hand auf die ihre und drückte sie kurz.

2

Der höchste Gipfel im zentralen Gebirgskamm der Insel Kursoviki war die Narpaspitze, die sich zwölftausend Meter über den Meeresspiegel aufreckte. In dieser Höhe war der Luftdruck auf Starkad dem irdischen Standard etwa angemessen, und ein Mensch konnte unbesorgt atmen. Hier, auf einem kleinen Hochplateau im Schatten des Gipfels, hatten die Menschen den Stützpunkt Highport errichtet; einen Landeplatz, umgeben von häßlichen vorfabrizierten Unterkünften. Zur Zeit beherbergte die Kolonie fünftausend Menschen, aber sie war in raschem Wachstum begriffen. Durch die Wände seines Büros hörte Oberst Max Abrams vom Nachrichtendienst der kaiserlichen Marine das Rattern von Baumaschinen.

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