Hickman dirigierte den Fahrer zu der Straße, die zur Stadt Rabigh am Roten Meer führte.
Dort angekommen, würden sich die Hindus in einem Haus verstecken, das er gemietet hatte. Am nächsten Tag führen sie nach Medina. Hickman wollte nicht in Rabigh übernachten. Im Hafen wartete ein Schiff. Bereits beim ersten Licht des Tages wäre er an Bord und unterwegs nach Norden.
Overholt saß im Oval Office. Er beendete seinen Vortrag und lehnte sich in seinem Sessel zurück.
»Das ist eine Riesenschweinerei, Langston«, stellte der Präsident fest.
Overholt nickte langsam.
»Unsere Beziehungen zu Saudi-Arabien sind auf einem Tiefpunkt«, fuhr der Präsident fort. »Seit Senator Grant den Antrag durchgebracht hat, Saudi-Arabien als Basis der Terroristen vom 11. September zu betrachten und der Kongress einer Sondersteuer auf saudisches Rohöl zustimmte, haben es unsere Diplomaten kaum mehr geschafft, persönliche Treffen unserer Regierungsvertreter zu arrangieren. Die letzten Umfragen ergaben, dass die Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung der Meinung ist, wir hätten Saudi-Arabien und nicht den Irak angreifen sollen, und jetzt erzählen Sie mir, dass ein verrückter amerikanischer Milliardär Attentate auf die heiligsten Stätten dieses Staates plant.«
»Ich weiß, es ist ein Pulverfass, Mr. President.«
»Ein Pulverfass?«, brüllte der President. »Es ist noch viel schlimmer als das. Wenn Hickman Gebetsteppiche vergiftet hat und den Stein Abrahams umtauscht und das passiert, was Sie annehmen, dann sehe ich drei wesentliche Dinge, die geschehen können. Das Erste ist völlig klar — die Saudis stoppen ihre Öllieferungen nach Amerika. Das wird uns in eine weitere Rezession stürzen, obwohl wir doch die letzte noch nicht richtig überwunden haben — das wäre ein Schlag, den unsere Wirtschaft nicht verkraften kann. Zweitens würde die Tatsache, dass Hickman Amerikaner ist, die Flammen des Hasses bei den Terroristen erst recht auflodern lassen. Sie werden in die USA strömen, um das totale Chaos auszulösen. Seien wir doch ehrlich, die kanadische und die mexikanische Grenze sind durchlässig wie weitmaschige Siebe. Mit Ausnahme vielleicht der Errichtung einer hohen Mauer gibt es nicht viel, das wir tun können, wenn jemand fest entschlossen ist, unser Land zu betreten. Der dritte Punkt ist wahrscheinlich der schlimmste. Wenn der Grönland-Meteorit zerschmettert wird und ein Virus freigibt, das dem in der Arizona-Probe entspricht, dann haben die beiden ersten Punkte ohnehin keine weitere Bedeutung mehr. Der Sauerstoff würde aus unserer Atmosphäre gesogen, so dass wir am Ende nur noch Staub atmen können.«
Overholt nickte langsam. »Die beiden ersten Punkte lassen sich leicht unter Kontrolle halten, wenn das, was der CIA-Experte von dem gefangenen Terroristen erfahren hat, der Wahrheit entspricht. Dieser Hickman hat die Absicht, die Schuld an der ganzen Affäre auf Israel zu schieben.«
»Unglücklicherweise habe ich so gut wie keinen Erfolg gehabt, obwohl ich alles versucht habe, den Israelis abzugewöhnen, ständig mit unserer Hilfe zu rechnen. Die arabische Welt glaubt, dass die Vereinigten Staaten und Israel eng miteinander verbunden sind — und das sind wir auch. Falls Israel die Schuld zugeschoben wird, dürfte es mit arabischen Truppen jeder Nation überrannt werden, die über Militär verfügt. Und wir wissen genau, was dann geschieht.«
»Die Israelis würden zur Atombombe greifen«, sagte Overholt.
»Also, was können wir tun?«, fragte der Präsident. »Nennen Sie mir einen Ausweg aus dieser Situation?«
»Die einzige Möglichkeit, diese Geschichte zu bewältigen, besteht darin, die Gebetsteppiche aus dem Verkehr zu ziehen, Hickman festzunehmen und den Meteoriten irgendwie an seinen angestammten Ort zu bringen — falls er ihn bereits ausgetauscht hat — und anschließend die gesamte Pilgerstätte nach Sprengstoff zu durchsuchen.«
»Und alles, ohne dass die saudi-arabische Regierung auch nur die geringste Ahnung hat, was wir tun«, sagte der Präsident. »Das ist ein bisschen viel verlangt.«
»Mr. President«, sagte Overholt, »haben Sie eine bessere Idee?«
Am 4. Januar 2006, in Katar war es fünf Uhr morgens, klingelte das Telefon in Juan Cabrillos Hotelzimmer.
»Juan, ich bin’s«, meldete sich Overholt. »Ich komme gerade vom Präsidenten und habe Anweisungen für dich.«
Cabrillo richtete sich im Bett ruckartig auf. »Lass hören.«
»Es soll alles ohne Beteiligung der Saudis geschehen«, sagte Overholt. »Tut mir Leid, nur so und nicht anders darf die Geschichte laufen.«
Cabrillo atmete pfeifend aus — und es war am anderen Ende der Leitung deutlich zu hören. »Wir haben sechs Tage bis zum Haddsch, wenn zwei Millionen Pilger Mekka und Medina bevölkern, und du willst, dass ich ein Team reinschicke, um was zu tun?«
»Zuerst um Hickman zu suchen«, sagte Overholt, »und um festzustellen, was mit dem Meteoriten geschehen ist — wenn er gegen den Stein Abrahams ausgetauscht wurde, müsst ihr den Tausch rückgängig machen. Dann durchsucht ihr die Al-Haram- und die Al-Nabawi-Moschee und vergewissert euch, dass sie nicht präpariert wurden, um während des Haddsch in die Luft gesprengt zu werden. Danach verschwindest du mit dem Team aus Saudi-Arabien, ehe jemand davon Wind bekommt, dass ihr euch dort herumtreibt.«
»Ich spreche ungern vom Geschäft, während deine Fantasie wilde Kapriolen schlägt«, sagte Cabrillo, »aber hast du eine Vorstellung, was das die Vereinigten Staaten kosten wird?«
»Eine achtstellige Zahl?«, schätzte Overholt.
»Vielleicht kommt noch eine Stelle hinzu«, sagte Cabrillo.
»Demnach könntet ihr es schaffen?«
»Vielleicht, aber dafür brauche ich die geballte Kraft des Verteidigungsministeriums und sämtlicher Geheimdienste als mögliche Unterstützung.«
»Du musst nur rufen«, erwiderte Overholt, »und sie werden springen. Da bin ich mir ganz sicher.«
Cabrillo legte auf und wählte sofort eine neue Nummer.
Eine Stunde später, während Juan Cabrillo in seinem Hotel unter der Dusche stand, trat Hali Kasim vor einem Hangar am Rand der U.S. Air Force Basis in Katar auf eine Rollbahn hinaus. Siebenunddreißig Männer standen dort herum — allesamt Soldaten muslimischen Glaubens, von Diego Garcia im Indischen Ozean bis Afrika. Alle waren am Vortag mit Militärflugzeugen von ihren verschiedenen Stützpunkten nach Katar geflogen worden.
Niemandem war bisher mitgeteilt worden, weshalb man sie zusammengeholt hatte.
»Meine Herren«, sagte Kasim, »bitte treten Sie an.«
Die Männer richteten sich aus und warteten in Rührt-euch-Haltung. Kasim überflog ein Schriftstück.
Dann blickte er hoch und begrüßte sie. »Mein Name ist Hali Kasim. Ich habe sieben Jahre in der U.S. Navy als Stabsfeldwebel W-4 in der Unterwassersprengstoffabteilung gedient, ehe ich ins Zivilleben übergewechselt bin. Ich wurde durch Erlass des Präsidenten zur Durchführung dieser Operation in den aktiven Dienst zurückgeholt und in den Dienstrang eines Fregattenkapitäns erhoben. Laut meinem Einsatzplan ist der nach mir ranghöchste Mann ein Hauptmann der Air Force namens William Skutter. Würde Hauptmann Skutter bitte vortreten?«
Ein hoch gewachsener schlanker Schwarzer in blauer Air-Force-Uniform machte zwei Schritte vorwärts.
»Hauptmann Skutter«, erklärte Kasim, »ist mein stellvertretender Kommandeur. Bitte kommen Sie zu mir und zeigen Sie sich allen Männern.«
Skutter marschierte auf Kasim zu, machte eine Kehrtwendung und blieb neben ihm stehen.
»Hauptmann Skutter wird Sie entsprechend Ihrer verschiedenen Dienstränge und Tätigkeiten während der nächsten Stunden in mehrere Teams aufteilen«, sagte Kasim. »Jetzt hingegen möchte ich Ihnen erläutern, weshalb jeder von Ihnen hierher abkommandiert wurde. Der Hauptgrund ist, dass Sie alle Angehörige des Militärs der Vereinigten Staaten sind. Zweitens und für diese Mission fast ebenso wichtig ist die Tatsache, dass Sie alle in Ihren Personalakten den Islam als Ihre Religion angegeben haben. Ist jemand hier, der nicht oder nicht mehr Muslim ist? Wenn ja, dann mögen der oder die Betreffenden bitte vortreten.«
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