Jenny Erpenbeck - Gehen, ging, gegangen

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Entdeckungsreise zu einer Welt, die zum Schweigen verurteilt, aber mitten unter uns ist
Wie erträgt man das Vergehen der Zeit, wenn man zur Untätigkeit gezwungen ist? Wie geht man um mit dem Verlust derer, die man geliebt hat? Wer trägt das Erbe weiter? Richard, emeritierter Professor, kommt durch die zufällige Begegnung mit den Asylsuchenden auf dem Oranienplatz auf die Idee, die Antworten auf seine Fragen dort zu suchen, wo sonst niemand sie sucht: bei jenen jungen Flüchtlingen aus Afrika, die in Berlin gestrandet und seit Jahren zum Warten verurteilt sind. Und plötzlich schaut diese Welt ihn an, den Bewohner des alten Europas, und weiß womöglich besser als er selbst, wer er eigentlich ist.
Jenny Erpenbeck erzählt auf ihre unnachahmliche Weise eine Geschichte vom Wegsehen und Hinsehen, von Tod und Krieg, vom ewigen Warten und von all dem, was unter der Oberfläche verborgen liegt.

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Der Fortgehende selbst muss sein Fortgehen organisieren, das ist so üblich, aber erst jetzt fällt ihm auf, dass er niemals zuvor wirklich verstanden hat, was das eigentlich heißt. Und es auch jetzt nicht versteht. Ebensowenig kann er verstehen, dass der Abschied von ihm für die andern Teil eines Alltags ist, für ihn allein aber tatsächlich ein Ende. Wenn ihm in den letzten Monaten jemand gesagt hatte, wie traurig, wie schade, wie unvorstellbar es sei, dass er bald gehe, war es ihm schwergefallen, die erwartete Rührung zu zeigen, denn das Wehklagen desjenigen, der vorgab, erschüttert zu sein, hieß doch nur, dass der traurige, der unvorstellbare Fakt, dass er ging, jammerschade! von diesem als etwas Unabwendbares längst akzeptiert worden war.

Von den kalten Platten, die im Institut anlässlich seiner Verabschiedung aufgetischt worden waren, blieben außer der Petersilie nur einige Lachsbrötchen übrig, wahrscheinlich weil bei so einer Hitze mancher dem Fisch misstraute. Der See, der da jetzt vor ihm liegt und glänzt, wusste, scheint ihm, immer schon mehr als er, dessen Beruf doch das Nachdenken ist. Oder war? Für den See ist es einerlei, ob ein Fisch in ihm zerfällt oder ein Mensch.

Am Tag nach dem Empfang hatte die Sommerschließzeit des Instituts begonnen, jener hatte vor, hierhin zu fahren, jener dorthin, nur er hatte keine Reise geplant, denn für ihn war das Ausweiden seines über die Jahre hinweg gewachsenen Arbeitszimmers nun in die letzte Phase getreten.

Zwei Wochen später standen die Regalbretter mit einer Schnur zusammengebunden an der Wand, waren die gepackten Kartons hinter der Tür aufgestapelt, und bildeten die paar Möbel, die er zu sich nach Haus transportieren lassen würde, in der Mitte des Zimmers einen kleinen, sperrigen Haufen. Ein Besen mit plattgedrückten Borsten war daran angelehnt, eine Schere lag auf dem Fensterbrett neben einem staubigen Briefumschlag, viereinhalb große Müllsäcke standen in einer Ecke, eine Rolle Klebeband lag auf dem Boden, in der Wand steckten noch ein paar Nägel, an denen kein Bild mehr hing. Zuletzt hatte er den Schlüssel für das Institut abgegeben.

Jetzt müsste er hier im Haus für die Möbel die passenden Plätze suchen, die Kartons öffnen und alles, was darin ist, seinem Privathaushalt einverleiben. Bein zu Bein, Blut zu Blut, auf dass es geleimet sei. Die Merseburger Zaubersprüche, jaja. Auch das, was man Bildung nennt, alles, was er weiß und gelernt hat, ist von nun an nur noch sein Privateigentum. Seit gestern steht alles im Keller und wartet. Aber wie sieht so ein Tag aus, der geeignet wäre, mit dem Auspacken zu beginnen? Wie der heutige jedenfalls nicht. Morgen vielleicht? Oder später. Irgendein Tag, an dem er sonst nichts zu tun hat. Ob sich das Auspacken überhaupt lohnt, ist die Frage. Noch lohnt. Wenn er Kinder hätte. Oder wenigstens Neffen und Nichten. So aber ist all das, was seine Frau früher immer seinen Krempel genannt hat, nur noch zu seinem eigenen Vergnügen da. Und wenn er irgendwann nicht mehr ist, zu niemandes Vergnügen. Natürlich, irgendein Antiquar wird dann wahrscheinlich die Bücher nehmen, und dieses oder jenes davon, eine Erstausgabe oder ein handsigniertes Exemplar, vielleicht noch einmal einen Liebhaber finden. Einen wie ihn, einen, der noch, während er lebt, Krempel anhäufen darf. Und immer so weiter. Aber alles andre? Alles, was um ihn herum ein System bildet und nur sinnvoll ist, solange er seine Wege dazwischen geht, seine Handgriffe macht, sich an dies oder jenes erinnert — all das wird auseinandertreiben und sich verlieren, wenn er nicht mehr ist. Darüber könnte er auch einmal schreiben, über die Schwerkraft, die die leblosen Dinge mit den lebendigen Wesen zu einer Welt verknüpft. Ist er eine Sonne? Er muss aufpassen, dass er nicht irre wird, wenn er jetzt ganze Tage allein ist und mit niemandem spricht.

Aber dennoch.

Der Bauernschrank, an dem eine Leiste fehlt, wird nach seinem Tod ganz sicher nicht mehr in demselben Haushalt stehen wie die Tasse, in der er sich am Nachmittag immer seinen türkischen Kaffee macht, der Sessel, in dem er beim Fernsehen sitzt, wird allabendlich von anderen Händen herumgerückt werden als von denen, die die Schubladen seines Schreibtischs aufziehen, sein Telefon wird mit dem scharfen Messer, mit dem er immer die Zwiebeln schneidet, nicht den Besitzer teilen, und auch nicht sein Rasierapparat. Vieles, was er schätzt, was durchaus noch funktioniert oder ihm einfach gefällt, wird weggeworfen werden. Zwischen der Müllhalde, auf der zum Beispiel sein alter Wecker landen wird, und dem Haushalt dessen, der sich sein Zwiebelmustergeschirr leisten kann, wird es dann eine unsichtbare Verbindung geben, die darin besteht, dass beides einmal ihm gehört hat. Nur weiß natürlich, wenn er nicht mehr lebt, niemand von dieser Verbindung. Oder besteht so eine Verbindung dennoch für alle Zeit, gleichsam objektiv? Und wenn ja, in welcher Maßeinheit ließe sie sich dann messen? Wenn es tatsächlich der durch ihn gestiftete Sinn ist, der seinen Haushalt, von der Zahnbürste bis hin zum gotischen Kruzifix, das an der Wand hängt, in ein Universum verwandelt, stellt sich sofort die nächste grundlegende Frage: Hat Sinn eine Masse?

Richard muss wirklich aufpassen, dass er nicht irre wird. Vielleicht wird es ihm besser gehen, wenn der Tote endlich gefunden ist. Eine Taucherbrille soll der Unglückselige getragen haben. Das könnte lächerlich sein, aber keinen von denen, die das wissen, hat er in diesem Sommer je darüber lachen sehen. Neulich auf dem Dorffest, das trotzdem stattfand, nur ohne Tanz, hatte er den Vorsitzenden des Anglerverbandes mehrmals hintereinander sagen hören: Mit einer Taucherbrille! Mit einer Taucherbrille! Als sei gerade dieses Detail das am schwersten zu ertragende an dem Sterben des Schwimmers, und tatsächlich hatten alle anderen Männer, die mit dem Bierkrug in der Hand auch da standen, darauf lange Zeit nichts erwidert, sondern nur schweigend auf den Schaum in ihrem Bierglas geschaut und genickt.

Auch er wird bis zum Ende das tun, was ihm Spaß macht. Den Kopf voran in die Grube. Nachdenken. Lesen. Und wenn der Kopf irgendwann nicht mehr mitmacht, weiß auch kein Kopf mehr, was fehlt. Es kann dauern, bis der Körper wieder nach oben kommt, wurde gesagt. Beinahe drei Monate dauert es schon. Es kann auch sein, dass er verschwunden bleibt, wurde gesagt. Sich in Algen verfangen hat, oder für immer abgesunken ist in den Schlamm, der am Grunde des Sees angeblich meterdick ist. Ein tiefer See ist es, achtzehn Meter. Nach oben hin lieblich, aber in Wahrheit eine Kluft. Jeder der Anwohner, auch er selbst, schaut mit einem gewissen Zögern seither das Schilf an, mit einem gewissen Zögern die spiegelblanke Oberfläche des Sees an, an windstillen Tagen. Er kann von seinem Schreibtisch aus auf den See sehen. Schön ist der See, so wie in den anderen Sommern, aber damit ist es in diesem Sommer nicht getan. Der See gehört, solange der Tote nicht gefunden und weggebracht ist, diesem Toten. Einen ganzen Sommer lang schon, und bald ist Herbst, gehört der See einem Toten.

2

An einem Donnerstag Ende August versammeln sich zehn Männer vor dem Roten Rathaus in Berlin. Sie haben beschlossen, heißt es, nichts mehr zu essen. Drei Tage später beschließen sie, nun auch nichts mehr zu trinken. Ihre Hautfarbe ist schwarz. Sie sprechen Englisch, Französisch, Italienisch. Und noch andere Sprachen, die hierzulande niemand versteht. Was wollen die Männer? Arbeit wollen sie. Und von der Arbeit leben. In Deutschland bleiben wollen sie. Wer seid ihr, werden sie von der Polizei und von Beamten des Senats, die hinzugeholt werden, gefragt. Wir sagen es nicht, sagen die Männer. Das müsst ihr aber sagen, sagen die andern, sonst wissen wir nicht, ob ihr unter das Gesetz fallt und hier bleiben und arbeiten dürft. Wir sagen nicht, wer wir sind, sagen die Männer. Würdet ihr denn, wenn ihr an unserer Stelle wärt, einen Gast aufnehmen, den ihr nicht kennt, sagen die andern. Die Männer schweigen. Wir müssen prüfen, ob ihr wirklich in Not seid, sagen die andern. Die Männer schweigen. Vielleicht, sagen die andern, seid ihr Verbrecher, das müssen wir prüfen. Die Männer schweigen. Oder einfach Schmarotzer. Die Männer schweigen. Wir haben selbst nicht genug, sagen die andern. Es gibt Regeln hier, sagen sie, an die müsst ihr euch halten, wenn ihr bleiben wollt. Und zuletzt sagen sie: Erpressen könnt ihr uns nicht. Die Männer mit schwarzer Hautfarbe aber sagen nicht, wer sie sind. Sie essen nicht, sie trinken nicht, sie sagen nicht, wer sie sind. Sie sind einfach da. Das Schweigen der Männer, die lieber sterben wollen als sagen, wer sie sind, vereint sich mit dem Warten der andern auf Beantwortung all der Fragen zu einer großen Stille mitten auf dem Alexanderplatz in Berlin. Diese Stille hat nichts damit zu tun, dass es am Alexanderplatz durch die Geräusche des Straßenverkehrs und durch die Grabungsarbeiten bei der neuen U-Bahnstation immer sehr laut ist.

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