Martin Walser - Angstblüte

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Angstblüte nennt sich, was die Natur bedrohten Gewächsen mitgegeben hat. Naht der Tod, steigen noch einmal die Lebenssäfte, der schönste Schein wird produziert. Metaphorisch durchaus auch auf das Personal in Walsers jüngstem Werk anwendbar. Angst vor Vergänglichkeit, Bedeutungslosigkeit, Alter und Untergang beflügelt Machtmenschen wie den Kunsthändler Diego Trautmann, der in seinem „Bonsai-Neuschwanstein“ an der Seite der ätherisch schönen Talkshow-Gastgeberin Gundi seine berühmten Empfänge zelebriert. Tiefsitzende Angst beherrscht auch den erfolgreichen Anlageberater Karl von Kahn, „siebzig-plus“ und Walsers Hauptakteur. Verbrauch ist trivial, Geldvermehrung hingegen bedeutet Vergeistigung. Zahlenwerk als höchste Kunstform. Karls Credo und Religion.
Weg vom Bodensee, mitten im prallsten Münchner Großbürgertum entfaltet Martin Walser sein Mysterienspiel vom Evangelium des Geldes. Walser-Leser kennen das Faible des Autors fürs Pekuniäre; es geht also hinauf in die dünne Luft des Aktienhandels, der Portfolios und virtuellen Geldströme. Exkurse, die — wortbrilliant zwar — allzu quälend ausufernd geraten. Atemberaubend dagegen, der tosende Lebensstrudel, der Karl von Kahn erfasst. Sein Weltbild gerät ins Wanken, als Diego, der Freund, mit einem raffinierten Finanzdeal Karl böse übervorteilt. Dann setzt Karls erfolgloser Künstlerbruder Erewein, der mit „Frau Lotte“ resigniert in einer Wohnhöhle verharrt, seinem Leben ein Ende. Was bleibt, ist ein geradezu lebensspendender Abschiedsbrief. Schließlich tritt Joni Jetter auf den Plan. Die Angstblüte setzt ein!
Mit Joni, Darstellerin in einem Film, der durch eine Finanzspritze Karls zustande kommt, findet Walser zur Hauptsache. Das hoffnungslos verliebte Finanzgenie sieht sich mit Alter, Sexualität, Liebe, Betrug und all den Lügen und Verdrängungen, die damit einhergehen, konfrontiert. Bereits in
hat Walser die „Sexualität-im-Alter-Thematik“ als persönliches Reizthema aufgegriffen. Erneut staunt man: Der früher in sexuellen Dingen eher zurückhaltend bis prüde Walser wird in seinem Spätwerk sprachlich drastisch deutlich. Pure Walser-Ironie, alle klugen Theorien von Karls Ehefrau Helen, einer hingebungsvollen Paartherapeutin, werden vom tobenden Leben selbst zunichte gemacht. Am Ende hält Karl von Kahn eine immense Verlustrechnung in Händen. Sein Erkenntnisgewinn: Sehnsucht darf bleiben. Aufhörenkönnen muss gelernt werden.
Apropos Aufhörenkönnen. Vermittels einer eingeschobenen Episode über Jonis Vater, einen Ex-Polizeireporter, der aufgrund mangelnder politischer Opportunität von seinem Alt 68er-Chef förmlich in den Untergang getrieben wird, leckt Walser offenbar noch immer die Wunden der letzten Jahre.

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Als er in der S-Bahn saß, beherrschte ihn sofort die Aussichtslosigkeit. Wohin auch immer er jetzt dachte, er begegnete der Aussichtslosigkeit. Wehr dich doch. Die Alten im Frühstücksraum. A One Issue Group, würde Dr. Dirk so etwas nennen. Sollte ihn die Aussichtlosigkeit beherrschen, bitte. Er antwortete mit dem Gefühl, unwichtig zu sein. So unwichtig, wie er war, durfte er sein, wie er wollte. Die Wichtigen stehen jeden Tag in der Zeitung. Von denen kann verlangt werden, das und das zu sein, das und das zu tun. Er gehörte nicht dazu. Also kann er tun, was er will. Seine Unwichtigkeit ist seine Freiheit. Älter werden ist schwächer werden, keine Kraft mehr haben zum Beispiel für jede Art Anstand … Er mußte sich mit ihren Männern beschäftigen. Der mit dem Motorrad tat ihm nicht weh. Hector mit — c auch nicht. Strabanzer? Von dem hatte sie keine Bettgesten geliefert. Den konnte er stornieren. Vorläufig. Joni mußte Fotos liefern. Andererseits waren ihm die Herren deutlich genug. Am deutlichsten der Museumspädagoge. Mit Frikadellen und Mumm extra dry, Geschlechtsverkehr vor Kunstdruckbänden plus Spiegel. Und bohrt Joni mit dem berühmten Mittelfinger an. Der Herr ist ein Frühkommer, klar. Wie alle Narzisse, die andere nur brauchen, um sich selber zu genießen. Wie dem schaden? Wie den beschädigen? Er konnte nicht zum Pseudo-Dostojewskij, nicht zum pausbäckigen Dreier-Visionär und nicht zum Schwamm-Schaum-Moschus-Lavendel-Fürsten wechseln, bevor er nicht wußte, wie er den Herrn der Neugier-Hände hinrichten konnte. Daß er ihn nicht hinrichten würde, wußte er auch. Trotzdem stellte sich für seinen Abrechnungswillen kein anderes Wort ein.

Der Mann ihm gegenüber las in einem Buch, dessen Seiten mit mehr Zahlen und Zeichen als Buchstaben bedeckt waren. Seine Frau rief ihn zu Hilfe. Sie kommt mit dem Kreuzworträtsel nicht weiter. Der Mann überprüfte das Kreuzworträtsel, das seine Frau zu lösen versuchte. Seine Ratschläge verrieten, daß er die Rätselfragen hätte lösen können. Er wollte aber, daß seine Frau selber auf die Lösungen komme. Offenbar ein Pädagoge. Die Frau hatte aber plötzlich keine Lust mehr auf Kreuzworträtsel. Ihr Mann las weiter, sie saß und schaute hinaus in die vorbeifliegende Welt. Karl hätte gewettet, daß sie nichts sah. Sie war erfüllt von Gedanken, von sie beherrschenden Gedanken. Diese Frau kämpfte gegen Aussichtslosigkeit. Am liebsten hätte er zu dieser Frau gesagt: Je älter man wird, desto mehr muß man lügen. Es gibt nichts mehr, was von diesem Zwang zur Lüge verschont bleibt. Das Alter, das ist der Zwang zur Lüge schlechthin. Diese Frau hatte eine Art Freudebereitschaft im Gesicht. Ihre dunklen Augen drückten Erlebnishunger aus. Ihr Mund war ein Strich der Entschlossenheit. Und dieser Mann merkte nichts. Vielleicht ein berühmter Chemiker. Wenn der Mann nicht dabeigewesen wäre, hätte er mit dieser Frau plaudern können, hätte sagen können: Sie haben vier Semester in Duisburg studiert, Englisch und Geschichte, und jetzt reicht’s nicht einmal für ein Kreuzworträtsel, das kenn ich, oh, wie ich das kenne. Ein Akademiker, der zur Tür begleitet, am Oberarm berührt und zwei Wochen später Geschlechtsverkehr vor Kunstdruckbänden, o Joni. Es ging um nicht weniger als um Jungfräulichkeit. Wenn er alles erfuhr, alles, was getan und gesagt worden war, wußte er, was noch nicht getan und gesagt worden war. Das würde er dann tun und sagen. Wenn es überhaupt noch Ungetanes, Ungesagtes gab. Ohne diese Hoffnung wollte er nicht leben.

Karls Blick wurde angezogen von einem jungen Paar auf der übernächsten Bank. Die küßten einander so, daß es aussah, als würden sie einander trinken, einander austrinken. Offenbar ein nicht zu löschender Durst. Und auch das, was sie tranken, ging nicht aus. Sie saugten aus einander heraus, was herauszusaugen war. Sie saugten einander aus. Das hätte er gern Joni und ihrem Kußpädagogen vorgeführt. Aber da gab es auch noch zwei Alte. Klaffende Münder, hängende Bäuche, todschwer auf ihren Sitzen. Ovid soll geschrieben haben, gleich scheußlich seien alte Liebende und alte Soldaten.

Er mußte sich vorbereiten auf Helen. Er stieg schon an der Dietlindenstraße aus, um länger gehen zu können, um vom Gehen belebt zu sein, wenn er Helen gegenüberträte. Er würde nichts von dem sagen, was er hätte sagen wollen, wenn er sie telefonisch erreicht hätte. Er würde eine vollkommene Erfindung präsentieren. So vollkommen, daß Helen überhaupt keinen Grund haben würde, nachzufragen, mißtrauisch zu sein und so weiter. Perfekt. Das schwebte ihm vor: perfekt zu sein. Heimzukommen von nichts als einem Geschäft. Allerdings von einem nicht alltäglichen Geschäft. Erstens Film, zweitens zwei Millionen. Das durfte er doch in einem anderen Ton vortragen, als wenn er nur von der Kardinal-Faulhaber-Straße zurückkam und zu melden hatte, daß es Amei Varnbühler-Bülow-Wachtel gelungen war, den Präsidenten der Deutschen Diabetesfuß-Gesellschaft für ihren Fuß zu interessieren, was zur Folge hatte, daß ihr nicht der Fuß, sondern nur zwei Zehen amputiert worden sind. Er wußte, mit welchen Details er eine Geschichte würzen mußte, um Helens Interesse sofort erlöschen zu lassen. Finanzierungsgeschichten langweilten sie. Je genauer er die erzählte, desto mehr mußte Helen ihr Gähnen verbergen. Darauf konnte er sich verlassen. Und wo war jetzt sein Übermut? Joni fehlte. Also fehlte sein Übermut.

Wenn er beim Lodenfrey-Haus in die Osterwaldstraße einbog, empfand er die Straße immer als besonders heimelig, weil sie von dieser Seite aus für Autos mit amtlich wirkenden Pfählen gesperrt war. Aber heute wurde die Heimeligkeit für den Eintretenden zur Prüfung. Bist du noch würdig, in dieser grün überwölbten Heimeligkeit zu wohnen? Bäume auf jeder Seite, und jeder Baum fragte: Wo kommst du her? Was hast du getan? Uns machst du nichts vor, riefen sie ihm nach. Du kannst zwar so tun, als gebe es uns nicht, aber wir sehen doch, daß du schwächer wirst mit jedem Schritt. Wahrscheinlich reicht dein vorgetäuschter Mut gar nicht bis zum Haus 106 A. Du kehrst vorher um, rennst zurück, hinaus aus der Osterwaldstraße, die ein Boulevard der Sittlichkeit ist. Keiner und keine von denen, die jetzt abendlich zurückkehren aus der Stadt, kommt mit einer solchen Scheußlichkeitslast zurück wie du. Schau, drüben der Herr Professor, der immer schon aus großer Entfernung grüßt, lachend grüßt, der kann jetzt gleich hineingleiten in die Willkommensmusik seines Hauses, seiner Frau, seiner lebensstarken Frau. Wie du bei Hertha an der offenen Ladentür vorbeikommen willst, wo die Nachbarn wie Bienen aus- und einströmen und das Gesumm des Anstands und des Einvernehmens senden und empfangen! Du störst, du bist gestört, du bist eine Katastrophe für diese Straße des friedlichen Wohnens.

Karl rannte fast. Es hatte keinen Sinn, so zu tun, als sehe er niemanden, und sich dann selber einzubilden, unsichtbar zu sein. Die frühabendlich trauliche Osterwaldstraße war die Generalprobe für den Eintritt ins Haus. Karl grüßte und wurde gegrüßt. Aber zum Stehenbleiben und Plaudern ließ er sich nicht verführen. Ein bißchen eilig durfte er es schon haben.

Das Haus. Helens Haus. Streng und steil das Dach. Das steilste Dach in der ganzen Straße. Helens Vater hatte das so gewollt. Bloß keine Gemütlichkeit. Und gegen die Straße abgeschirmt durch gewaltige Thujen. Der Weg vom Gartentor führt nicht auf die Haustür zu. Dann sähe man ja von draußen, wenn die Haustür aufginge, gar ins Haus hinein. Das hat Herr Doktor Wieland nicht gewollt. Dieses Haus hat seine Vorderseite zur Seite hin.

Er mußte die Tür aufschließen und in der Halle so laut grüßen, daß Helen, egal wo sie gerade war, hörte, er sei da. Und sei froh, daß er da sei. Endlich wieder da. Bei seiner lieben, sanft fröhlichen Frau.

Helen stand sofort in der Tür zu ihrem Arbeitszimmer, die goldene Brille hing wie ein Schmuck auf ihrer meergrünen Bluse. Dem Pfeifenraucher Gammertinger, sagte sie, sind drei Zehen amputiert worden.

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