Ich bewegte meine Beine. Sie taten wieder ihren Dienst. Warf einen Blick auf die Verletzungen an meinen Armen. Sie bluteten nicht mehr.
Der Augenbrauengrützbeutel sagte: »Wenn es nicht zu viele Umstände bereitet, fahren wir auf die Wache und nehmen es dort zu Protokoll. Wenn du Unannehmlichkeiten fürchtest, dann fährst du jetzt nach Haus und erholst dich.«
Ich erwiderte: »Ach, dem Vorfall wird jetzt nicht auf den Grund gegangen? Die Sache wird als erledigt betrachtet?«
Der Augenbrauengrützbeutel sagte: »Gevatter, wir können dem Fall natürlich nachgehen, aber du musst uns Beweise und Zeugen liefern. Sollen etwa Chen Nase und der Fischverkäufer als Zeugen aussagen? Kannst du garantieren, dass die beiden Frauen mit dem Jungen nicht eine falsche Gegenbeschuldigung vorbringen? Der Junge ist der Neffe von Zhang Faust aus Dongfeng, ein Krimineller, der nicht ohne ist. Der Junge ist auch kriminell, aber er ist noch ein Kind. Den kriegen wir nicht zu packen.«
»Alles klar. Dann hat sich das erledigt. Hatte halt Pech.«
»Aus Fehlern wird man klug! Geh nicht so viel vor die Tür! Bleib zu Haus und spiel mit deinen Enkeln! Genieß das Glück im Kreis der Familie, das ist besser, nicht wahr?«
»Ich danke euch. Ich habe das Benzin unseres Staates verschwendet, die Abnutzung des Polizeiautos beschleunigt und euch Umstände bereitet.«
»Willst du uns verhöhnen?«
»Nein, auf keinen Fall. Das ist meine ehrliche Meinung. Es tut mir sehr leid!«
Augenbrauengrützbeutel und der lange Lulatsch wollten aufbrechen. Der dritte im Bunde, der mit dem breiten Mund, stand immer noch wie angewurzelt vor der Kliniktafel.
Der Augenbrauengrützbeutel sagte: »Wang, Kumpel, reiß dich los, komm jetzt! Siehst ein Baby und kriegst die Füße nicht mehr hoch!«
Breitmaul kräuselte die Lippen und sagte: »Einfach süß, die Kleinen! Einfach nur süß!«
Augenbrauengrützbeutel sagte: »Dann halt dich mal ran! Sei fleißig und bestell dein Feld!«
Breitmaul sagte: »Das ist wie bei versalzenem Boden. Da wächst kein Korn.«
Der dritte meinte: »Nun beschwer dich mal nicht über deine Frau. Du musst dich auch testen lassen. Vielleicht liegt es an dir?«
Breitmaul entgegnete sofort: »Das glaub ich nicht.«
Sie diskutierten weiter, während sie zum Auto gingen. Ich blieb unter der Tafel sitzen. Ich war deprimiert und entnervt. Wäre ich mit ihnen auf die Wache gefahren und hätte alles zu Protokoll gegeben, hätte es nichts geändert. Die beiden Frauen waren tatsächlich zwei der drei Töchter von Zhang Faust. Meine Tante war ihre Todfeindin. Nun verstand ich, warum der Junge sie mit dem Frosch erschreckt hatte. Seine Mutter und seine Tante hatten ihm wohl eingeredet, dass er so den Tod seiner Großmutter rächen könnte. Natürlich muss gesagt werden, dass man Gugu wegen dieses Verbrechens nicht beschuldigen darf. Aber solchen Leuten kann man mit Vernunft ja nicht kommen. Also gut, Pech gehabt!
Nein! Wieso Pech gehabt? Es war eine Prüfung, die mir der Himmel, der Jadekaiser auferlegt hatte. Ich sollte sie gutheißen und mich nicht mucksen. Denn alles geduldig ertragen bringt Frieden und Sicherheit. Ich hatte große Ziele. War ein Schriftsteller, der dabei war, ein Theaterstück zu schreiben. Mit derlei Schicksalsschlägen umzugehen ist ein hervorragendes Material für mein Stück. Große Persönlichkeiten macht ihr Durchhaltevermögen zu dem, was sie sind. Wenn gewöhnliche Menschen Not und Schande nicht mehr ertragen, halten sie immer noch durch.
Wie zum Beispiel Han Xin, der die Schmach ertrug, zwischen den Beinen seines Peinigers hindurchzukriechen, oder Konfuzius, der die Hungersnot in Chen und Cai aushielt, oder Sun Bin, der ertrug, den eigenen Kot hinunterzuschlucken ... Wenn ich mich mit diesen Heiligen und Weisen vergleiche, sind die Schmerzen und Entwürdigungen, die ich ausgehalten habe, nicht der Rede wert.
Sugitani san, als ich unter diesem Aspekt darüber nachdachte, lösten sich die Blockaden in meinem Kopf. Ich konnte wieder durchatmen, klar sehen und langsam wieder zu Kräften kommen.
Kaulquappe, steh auf! Auf dich kommt eine große Aufgabe zu. Steh mutig die Schwierigkeiten durch, klage nicht und verurteile und hasse niemanden.
Ich erhob mich also, obwohl mich meine Wunden schmerzten, ich sehr hungrig war, mir die Knie einknickten, Sterne vor meinen Augen tanzten. Aber ich zwang mich, nicht umzufallen. Zuerst fühlte ich mich beobachtet. Aber keiner guckte. Nicht einmal die beiden Männer vom Wachdienst würdigten mich eines Blickes.
Li Hand hatte wirklich recht gehabt. Als ich an Hand dachte, fielen mir auch sofort Augenbraue und das Baby in ihrem Bauch ein. Aber inzwischen hatte sich meine Einstellung dazu geändert. Während ich das Kind am selben Vormittag noch mit beiden Händen erwürgen wollte, dachte ich nun völlig anders darüber. Als ich einen Blick zurück auf die Kliniktafel warf, wusste ich, dass ich das Kind wollte. Ich war begierig danach, ich brauchte es! Der Himmel schenkte es mir, und die furchtbaren Zwänge hatte ich alle nur seinetwegen durchgestanden.
Sugitani san, die Klinikleitung hatte auf ihrer Reklametafel Fotos von einigen Hundert Säuglingen. Es waren lachende und weinende darunter, welche mit geschlossenen Augen, welche, die blinzelten, welche, die ihre runden Knopfäuglein weit aufsperrten, welche, die eins geöffnet, das andere geschlossen hielten, welche, die nach oben schauten, welche, die geradeaus schauten, welche, die ihre beiden Ärmchen vorstreckten, als ob sie etwas anfassen wollten, welche, die kleine Fäustchen machten, als wenn sie ein bisschen wütend wären, welche, die ein Händchen in den Mund gesteckt hatten, welche, die sich mit beiden Händchen an die Ohren fassten, welche, die mit offenen Augen lachten, welche, die mit geschlossenen Augen lachten, welche, die mit offenen Augen weinten, welche, die mit geschlossenen Augen weinten, welche mit viel schwarzem Haar, welche ohne Haare auf dem Kopf, welche mit weichem, blonden Haar, welche mit seidenweichen, flachsfarbenen Haaren, welche mit lauter Falten, die wie ein Großvater aussahen, welche mit großem Kopf und großen Ohren, welche, die kleinen Ferkelchen ähnelten, welche, die so weiß wie frisch gekochte Klebreisbällchen waren, welche, die schwarz wie Kohlen waren, welche, die die Zähne zeigten, als wären sie wütend, welche, die mit weit geöffnetem Mund weinten, welche die den Mund aufsperrten, weil sie nach der Brustwarze suchten, welche, die den Mund zukniffen und den Kopf wegdrehten, als ob sie nichts mehr trinken wollten, welche, die ihre leuchtend rote Zunge herausstreckten, welche, die nur eine rosa Zungenspitze zeigten, welche mit Grübchen auf beiden Wangen, welche mit nur einem Grübchen auf einer Wange, welche mit tiefliegenden großen Augen, welche mit Schlitzaugen, welche mit ballrunden Köpfchen, welche mit langen Gesichtchen, das Köpfchen wie eine Wintermelone geformt, welche mit gekrauster Stirn wie ein großer Denker, welche mit lebendigem Blick wie ein Schauspieler.
Zusammen waren es einige hundert Babybilder, die alle verschieden waren, alle herzallerliebst und lebensecht. Der Text dieser Reklametafel besagte, dass die Fotos von den Babys stammten, die in der Klinik in den zwei Jahren seit ihrem Bestehen zur Welt gekommen waren. Das war wirklich eine großartige Arbeit, eine edle Arbeit, eine süße, allerliebste Arbeit ...
Sugitani san, ich war wirklich zutiefst gerührt, so sehr, dass mir die Tränen kamen. Ich vernahm mit Augen und Ohren den allerheiligsten Lockruf. Ich spürte die Liebe zum Leben sprudeln, die erhabenste, größte Liebe der Menschheit auf dem ganzen Globus. Vergleicht man sie mit anderen Formen der Liebe, sind jene im Vergleich zu dieser armselig.
Ich hatte das Gefühl, als wäre meine Seele getauft worden, dachte, dass ich die Chance bekommen hatte, meine Verbrechen zu sühnen, dass ich, egal welche Ursachen ich gesetzt hatte, egal welche Wirkung folgen würde, meine Arme ausbreiten und diesen kleinen Säugling, den der Himmel mir schenkte, empfangen wollte.
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