«Ich habe nur unsere Leute gewarnt», sagte Hook.
«Nein, das hast du nicht. Du hast ihnen gesagt, sie sollen zu den Karren zurückgehen, das stimmt doch, oder?»
«Ja, Sir John.»
«Warum?», fragte Sir John streitlustig.
Hook runzelte die Stirn bei der Erinnerung an diesen Tag. Es war ihm einfach als naheliegende Vorsichtsmaßnahme erschienen, aber er hatte nicht darüber nachgedacht, weshalb sie so naheliegend war. «Mit unseren Bögen konnten wir zwischen den Bäumen nicht viel ausrichten», sagte er langsam, «aber bei den Karren konnte man damit schießen. Sie brauchten Platz, um zu schießen.»
«Und genau so ist es gekommen», sagte Sir John. Die Bogenschützen hatten sich bei den Karren gesammelt und die Angreifer mit zwei Pfeilsalven vertrieben. «Du hast das Richtige getan, Hook. Die Bastarde waren nur gekommen, um Ärger zu machen. Sie wollten ein paar von unseren Leuten töten und feststellen, welche Fortschritte wir inzwischen gemacht hatten, und du hast ihnen die Suppe versalzen.»
«Ich war nicht dort, Sir John», sagte Hook, «es waren die anderen Bogenschützen, die sie vertrieben haben.»
«Du hast mit Seigneur de Lanferelle geredet, ich weiß. Und er hat dich am Leben gelassen.»Sir John sah Hook anerkennend an. «Warum?»
«Er will mich erst später töten», sagte Hook, obwohl er nicht genau wusste, ob das die richtige Antwort war, «aber vielleicht war es auch wegen Melisande.»
«Er ist eine Katze», sagte Sir John, «und du bist seine Maus. Eine verwundete Maus.»Er warf einen Blick auf Hooks rechte Hand, die immer noch verbunden war. «Kannst du noch schießen?»
«Genauso gut wie immer, Sir John.»
«Also mache ich dich jetzt zum Ventenar. Das bedeutet, dass ich deinen Sold verdopple.»
«Mich!»Hook starrte Sir John an.
Sir John ließ sich Zeit mit seiner Antwort. Er sah mit kritischem Blick zu seinen Feldkämpfern hinüber, die sich an Baumstämmen mit ihren Schwertern übten. «Übung, Übung, Übung», hieß es bei Sir John. Er behauptete, zur Übung selbst jeden Tag tausend Schwertstreiche auszuführen, und das Gleiche verlangte er von seinen Männern. «Mehr Kraft, Ralph», rief er einem Mann zu. Dann wandte er sich wieder an Hook. «Hast du über deine Entscheidung nachgedacht, als du die Franzosen gesehen hattest?»
«Nein.»
«Und aus diesem Grund mache ich dich zum Sergeant.
Ich will keine Männer, die erst darüber nachdenken müssen, was sie zu tun haben, sondern es einfach tun. Tom Evelgold ist jetzt dein Centenar, also kannst du seine Kompanie übernehmen. Ich gebe ihm meine Befehle, er gibt dir seine Befehle, und du gibst deinen Bogenschützen deine Befehle. Wenn sie dir nicht folgen, dann ziehst du den Bastarden eins über, und wenn sie dir dann immer noch nicht folgen, dann ziehe ich dir eins über.»
«Ja, Sir John.»
Auf Sir Johns zerfurchtem Gesicht breitete sich ein Grinsen aus. «Du kannst was, Hook, und du kannst noch etwas.»Er deutete auf Hooks verbundene Hand. «Du kannst nämlich außerdem von Glück reden. Hier», er zog eine dünne Silberkette aus seinem Beutel und ließ sie in Hooks Hand fallen. «Dein Amtszeichen. Und morgen baust du eine Sau.»
«Was ist eine Sau, Sir John?»
«So etwas zu bauen ist eine Sauarbeit, so viel kann ich dir schon mal versprechen», sagte Sir John lächelnd, «eine verdammte Sauarbeit!»
In dieser Nacht setzte Regen ein. Ein kalter Westwind trieb ihn vom Meer herein. Er begann mit einem leisen Tröpfeln auf den Zelten der Belagerer, dann erhob sich der Wind und riss an den Bannern, und der Regen wurde heftiger, und die Regenschwaden wurden vom Wind schräg übers Land gepeitscht und verwandelten den Boden in ein morastiges Schlammfeld. Die Überschwemmung, die weit zurückgegangen war, begann wieder zu steigen, und der Jauchegraben floss über. Die Kanoniere fluchten und legten Segeltuchplanen über ihre Waffen, und jeder Bogenschütze hütete seine Hanfsehnen sorgfältig vor dem Regen.
Hook musste derzeit keinen Bogen mehr tragen. Seine Aufgabe war es, die Sau zu bauen, und das war, genau wie es Sir John versprochen hatte, eine Sauarbeit. Es war keine schwierige Sache, man brauchte kaum handwerkliches Geschick, aber sie verlangte Kraft und musste direkt vor den Augen der Verteidiger durchgeführt werden, in Reichweite ihrer Kanonen, Springarden, Katapulte und Armbrüste.
Die Sau war eine Grube mit einem gewaltigen, leicht abgeschrägten Dach in Form, einer Schuhspitze, hinter und unter dem die Männer in Sicherheit vor den feindlichen Geschossen arbeiten konnten, und sie musste massiv genug sein, um den Einschlägen von Kanonenkugeln zu widerstehen.
Ein weißhaariger Waliser, Dafydd ap Traharn, überwachte die Arbeit. «Ich komme aus Pontygwaith», erzählte er den Bogenschützen, «und in Pontygwaith wissen wir mehr übers Bauen als all ihr armseligen englischen Bastarde zusammen!»Er hatte vorgehabt, zwei Karren voller Erde und Steine vor die Stelle zu fahren, an der die Sau gebaut werden sollte, um die Bogenschützen vor feindlichen Geschossen zu schützen, doch der Regen hatte den Boden aufgeweicht, und die Karren waren im Morast stecken geblieben. «Also, wir müssen graben», hatte er mit der Befriedigung eines Mannes gesagt, der wusste, dass er selbst keinen Spaten in die Hand nehmen musste. «Und in Pontygwaith wissen wir mehr übers Graben als all ihr englischen Furzköpfe zusammen!»
«Das kommt daher, dass ihr so viele Gräber für die ganzen Waliser ausheben musstet, die wir getötet haben», gab Will of the Dale zurück.
«Beerdigt, tu sais , haben wir eure Leute.»Später, als er mit Hook sprach, gab er grinsend zu, dass er fünfzehn Jahre zuvor einer der Aufständischen gegen den englischen König gewesen war. «Und erst Owain Glyn Dwr», sagte er begeistert. «Was für ein Mann!»
«Was ist ihm passiert?»
«Er lebt noch, Junge!», sagte Dafydd ap Traharn. «Er lebt noch!»Glyn Dwrs Widerstand hatte über ein Jahrzehnt lang geschwelt und dem jungen Henry, dem Prinzen von Wales und inzwischen König von England, viel Erfahrung in der Kriegsführung verschafft. Die Revolte war niedergeschlagen worden, und einige der walisischen Anführer wurden zu ihrer Hinrichtung an Holzrahmen gefesselt durch London zu ihrer Hinrichtung geschleppt, doch Owain Glyn Dwr selbst war nie gefasst worden. «In Wales gibt es Magier», Dafydd ap Traharn senkte die Stimme und beugte sich zum Weitersprechen dicht an Hooks Ohr, «und sie können einen Mann unsichtbar werden lassen!»
«Das würde ich gerne einmal sehen», sagte Hook sehnsüchtig.
«Tja, das kannst du nicht, oder? Darum geht es doch gerade bei der Unsichtbarkeit, dass man jemanden eben gerade nicht sehen kann! Stell dir vor, Owain Glyn Dwr könnte genau jetzt hier stehen, und du könntest ihn nicht sehen! Das ist mit ihm passiert, verstehst du? Er lebt in größtem Wohlstand, Junge, er hat die schönsten Frauen, aber wenn ihm ein Engländer auf tausend Schritt nahe kommt, dann wird er unsichtbar!»
«Und was hat ein walisischer Aufständischer in dieser Armee hier verloren?», fragte Hook.
«Man muss leben», sagte Dafydd ap Traharn, «und das Brot des Feindes zu essen ist besser, als in leere Töpfe zu starren. In dieser Armee sind Dutzende von Glyn Dwrs Männern, mein Junge, und wir werden für Henry genauso gut kämpfen, wie wir es für Owain getan haben.»Er grinste. «Wohlgemerkt, ein paar von Owain Glyn Dwrs Männern sind auch bei den Franzosen, und sie werden gegen uns kämpfen.»
« Bogenschützen ?»
«Gottlob nein. Bogenschützen können sich die Überfahrt nach Frankreich überhaupt nicht leisten, oder? Nein, es sind die Adligen, die ihr Land verloren haben, die nach Frankreich gegangen sind, nicht die Bogenschützen. Hast du in der Schlacht schon mal einen Bogenschützen gegen dich gehabt?»
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