Unsicher, ob ich ihm das glauben kann, antworte ich vorsichtig:»Glaubst du wirklich?«
»Ja, deine Arme sind o. k. aber dein Hintern könnte einbisschen blau werden.«
Kaum hat er es angesprochen, bemerke ich das Brennen auf meiner Rückseite. Das hatte ich beinahe wieder vergessen.
»Du wirst jetzt hier saubermachen oder die restliche Nacht an diesem Haken verbringen.« Sein Finger deutet auf die Anhängevorrichtung über mir, von der er mich gerade erst losgemacht hatte.
Gedemütigt widerstehe ich dem Impuls zu widersprechen, verunsichert wegen seiner Unberechenbarkeit, senke ich den Kopf und zögere.
»Los! Auf die Knie mit dir … Und wehe es bleibt auch nur ein einziger Tropfen übrig.«
Andreas zieht mich an den Haaren nach unten, presst mein Gesicht zu Boden und wird wieder laut:»Mach schon. Leck es auf!«
Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen presst er mir seinen Finger in das wundgevögelte Loch. Weder Jammern noch Schreien besänftigen ihn, er scheint gerade wieder in Fahrt zu kommen. Demütig tue ich, was er von mir verlangt, säubere das spermabefleckte Parkett mit der Zunge.
»So ist es brav. Warum denn nicht gleich so?« Grinsend spielt er weiter an mir herum, meine sofortige Reaktion darauf bleibt ihm nicht verborgen.
»Du bist ja schon wieder völlig fickerig«, abschätzig schnauzt er mich an, zieht sich aus mir zurück und steht auf.
»Bitte mach weiter …«, flehe ich ihn an, mich noch einmal zu benutzen.
»Du wirst dich jetzt anziehen und nach Hause fahren.«
Das ist nicht sein Ernst, oder?
Ich stehe auf und suche meine Klamotten zusammen, behutsam fasst er an meine Taille und zieht mich an sich. Sein Kuss schmeckt nach mehr, vielleicht will er ja doch, dass ich bleibe?
»Mach das du hier raus kommst«
Nein, wohl doch nicht. Na dann kann ich jetzt wohl meinen Slip anziehen? Ich entdecke ihn auf dem Hocker, doch kaum hab ich ihn mir gekrallt, brummt Andreas laut auf:»Die Unterwäsche brauchst du nicht mehr. Kannst du hier lassen. Und auch in Zukunft ist es dir streng verboten welche zu tragen. Hast du verstanden?«
»Ja.« Ich lasse den Tanga wieder fallen.
»Ja, was?«
»Ja, ich habe verstanden.« Fügsam ziehe ich mir meinen Rock und das Top an und lasse Slip, Strümpfe und BH liegen.
»Du wirst mir sooft zur Verfügung stehen wie ich es dir befehle, kapiert?«
»Ja, ich hab´s kapiert«
»Und du fickst keine anderen, außer wenn ich es so will. Wehe du hältst dich nicht daran, dann gibt’s keine Gnade mehr.«
Der drohende Unterton mahnt mich zur Vorsicht.
»Ich werde mich daran halten.«
»Das hoffe ich für dich. Und jetzt mach, dass du hier verschwindest.«
Er begleitet mich zur Tür, kneift mir durch das Shirt in die Brustwarze und verabschiedet sich:»Gute Nacht, Maja. Träum was Schönes. Wir werden uns bald wiedersehen, du gehörst jetzt mir.«
»Bis bald, Andreas.« Ich drehe mich um, steige in den Fahrstuhl und weiß, dass ich ihn nie wieder sehen werde.
Mir ist langweilig, ich hänge seit Stunden vor dem Laptop, surfe ziellos durch die unendlichen Weiten des WeWeWe, doch auch nach dem dreihundertsten Mal Link-Anklicken finde ich nichts, das mich länger als einige Minuten beschäftigt. Habe mittlerweile sieben Mal masturbiert, weswegen auch»youporn« keine wirkliche Alternative zum Zeitvertreib oder der allgemeinen Entspannung mehr ist.
Eigentlich wollte ich ja bügeln, Fenster putzen, ein Buch lesen, Sport machen; kurz ein besserer Mensch werden. Eigentlich.
Es schüttet wie aus Kübeln, der Himmel ist genauso grau wie der letzte Schnee, der auf der Straße liegt, und macht sich durch allgemeine Nicht-Motivation bemerkbar. Ja, das ist gut – schuld ist nur das Wetter. Niemand mutiert zu einem Superhelden, wenn’s draußen arschkalt ist, oder?
Bei Spiderman war sicher auch Sonnenschein? Ich bin sogar so unmotiviert, dass ich noch nicht mal aufs Klo gehen will, obwohl es sich mittlerweile anfühlt, als würde meine Blase gleich platzen. Klicke mich schneller und schneller durchs Netz um mich davon abzulenken, dass ich meinen Arsch hochkriegen sollte.
Das klappt so gut, dass ich mich irgendwann frage, wieso ich meinen Lebensunterhalt nicht als Pornodarstellerin verdiene, so wie Misses Snoopahontas. Da ich praktischerweise eh schon im größten Sündenpfuhl dieser Welt feststecke, bitte ich Doktor Google um Hilfe.
Drei Stunden, fünf Bier, drei Joints, eine Thunfischpizza und zwei Mal onanieren später hab ich die Bewerbung für einige Pornoproduktionsfirmen fertig getippt. Eher aus Spaß, als aus seriösem Interesse schicke ich den Kram tatsächlich weg, ehe ich einige Minuten später auf ein Inserat stoße, dass mich wirklich neugierig macht:»Berlin sucht die abgefahrensten Sexstorys aus ganz Deutschland – die besten werden verfilmt«
Boom. Das ist genau meins, ich spüre es nicht im kleinen Finger, aber dort wo´s wirklich lustig ist.
Ich drucke mir die Seite aus, klebe sie auf meinen Badezimmerspiegel, um sie nicht zu vergessen und beschließe erst mal meinen Rausch auszuschlafen.
Fünf Tage und geschätzte vier Millionen Ausrede, wieso ich jetzt noch nicht zu schreiben anfangen kann, später, parke ich meinen Prachtarsch tatsächlich auf der Couch, schreibe eines meiner schrägsten Sex-Erlebnisse auf und schicke die Story an einen Unbekannten in die große deutsche Stadt.
Demoliertes Kurzzeitgedächtnis sei Dank, als am nächsten Morgen das Telefon klingelt, hab ich erst mal keinen Plan, welcher Unmensch mich zu dieser Unzeit anruft. Da das Schlafzimmer immer noch dunkel ist und ich mich fühle als wäre ich fünfhundert Jahre alt, schätze ich die Uhrzeit auf neun Uhr. Ekelhaft. Doch mein anfänglicher Zorn wandelt sich im Nullkommanichts in Neugierde, als ich die angenehme Stimme am anderen Ende der Leitung höre.
Sein Name ist Gernot, er hat eben meine Mail von vergangener Nacht erhalten, findet meine Geschichte gut und würde mich gerne kennenlernen, um alles Weitere zu besprechen.
Ich bin sprachlos; damit hätte ich ebenso wenig gerechnet, wie mit einem Anruf des Pornokönigs; noch während ich überlege, wann und wie ich nach Berlin komme, reißt mich die hocherotische Stimme aus meinem Gedankenwirrwarr zurück auf den Boden der morgendlichen Realität.»Ich fliege heute nach Wien, wir könnten uns am Abend treffen?«
Er will, dass ich ein Kleid und hohe Schuhe trage – sehr praktisch, das hätte ich auch ohne Aufforderung gemacht. Gespannt, wie er aussieht, suche ich ihn auf Facebook; und tatsächlich – sein Gesicht passt zu der Stimme.
Der Kerl ist hübsch, und das weiß er auch; Gernot strahlt auf den Bildern eine Souveränität und Dominanz aus, die mir bis dato noch nicht untergekommen ist. Mit jeder Stunde steigen die Aufregung und Vorfreude auf ihn, auch wenn das nicht mein erstes Blind Date ist.
Aber es ist das erste Mal mit einem Kerl, der meine intimsten sexuellen Erlebnisse und Begierden kennt, bevor er auch nur den Bruchteil eines Eindrucks von mir und meiner Person erhaschen konnte. Immerhin hab ich ihm vierundzwanzig Stunden davor eine detailgetreue Beschreibung meiner allerersten BDSM-Session geschickt, die absolut nichts mit Mister Grey und dem von ihm ausgelöstem Hype zu tun hatte.
Menschenleere Straßen sind in unheimliche Dunkelheit gehüllt als ich unter einer der Brücken neben dem Donaukanal auf ihn warte. Wieso bin ich zu früh?
Einige Rasta-Typen schlendern an mir vorbei, von einer süßlichen Duftwolke verfolgt und laut kichernd. Sie klingen wie ein Haufen pubertierender Schulmädchen, die in der Umkleide zum ersten Mal einen Pimmel gesehen haben. Das Geräusch des Gelächters will so überhaupt nicht zu der Erscheinung von zwanzigjährigen, halbstarken Kiffern passen.
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