Werner Renz - Auschwitz vor Gericht

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Werner Renz zeichnet in diesem Band die NS-Prozesse nach, angefangen mit dem ersten Auschwitz-Prozess unter Generalstaatsanwalt Fritz Bauer in Frankfurt am Main über die Frankfurter Nachfolgeprozesse bis hin zu den jüngsten Verfahren gegen Demjanjuk, Hanning und Gröning. Dabei analysiert er die jeweilige Rechtsauffassung und die Rechtspraxis dieser Prozesse und deren Resonanz in der Öffentlichkeit. So hatte eine uneinheitliche Rechtsprechung in den vergangenen Jahrzehnten eine inkonsequente Justizpraxis zur Folge. Freisprüche und Verfahrenseinstellungen liefen für manche Kritiker auf Strafvereitelung hinaus. Zahllose Holocaust-Täter blieben unbehelligt. Insgesamt kann bei der Aufarbeitung der NS-Verbrechen das Versagen nicht nur der Justiz, sondern auch der Politik, der Strafrechtswissenschaft, der Zeitgeschichtsforschung und der deutschen Öffentlichkeit festgestellt werden.

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Werner Renz bis 2016 wissenschaftlicher Mitarbeiter und Leiter des Archivs des - фото 1

Werner Renz, bis 2016 wissenschaftlicher Mitarbeiter und Leiter des Archivs des Fritz Bauer Instituts, arbeitet in diesem Band die NS-Prozesse vom Ersten Auschwitz-Prozess unter Generalstaatsanwalt Fritz Bauer in Frankfurt am Main auf, ebenso die Frankfurter Nachfolgeprozesse bis hin zu den jüngsten Verfahren gegen Demjanjuk, Hanning und Gröning. Er analysiert die jeweilige Rechtsauffassung und die Rechtspraxis dieser Prozesse und deren Resonanz in der Öffentlichkeit.

Insgesamt kann ein Versagen der bundesdeutschen Justiz bei der Aufarbeitung der NS-Verbrechen festgestellt werden. Eine uneinheitliche Rechtsprechung in den vergangenen Jahrzehnten hatte eine inkonsequente Justizpraxis zur Folge. Freisprüche und Verfahrenseinstellungen liefen für manche Kritiker auf Strafvereitelung hinaus. Zahllose Holocaust-Täter blieben unbehelligt.

Das Buch gibt einen Überblick über die Geschichte der Frankfurter Auschwitz-Prozesse (1963 – 1981) und zeichnet das Versagen nicht nur der Justiz, sondern auch der Politik, der Strafrechtswissenschaft, der Zeitgeschichtsforschung und der deutschen Öffentlichkeit nach.

Werner Renz, Autor von Fritz Bauer und das Versagen der Justiz. Nazi-Prozesse und ihre „Tragödie“ (Europäische Verlagsanstalt, 2015), Herausgeber von Interessen um Eichmann (Campus-Verlag, 2012) und Mitherausgeber von Der Frankfurter Auschwitz-Prozess (1963 – 1965). Kommentierte Quellenedition (Campus-Verlag, 2013) und Henry Ormond – Anwalt der Opfer (Campus-Verlag, 2015).

ebookAusgabe 2019 CEP Europäische Verlagsanstalt GmbH Hamburg Signet - фото 2

© ebook-Ausgabe 2019 CEP Europäische Verlagsanstalt GmbH, Hamburg

Signet: Dorothee Wallner nach Caspar Neher »Europa« (1945)

Umschlagabbildung: © Fritz Bauer Institut (Auschwitz-Prozess,

Haus Gallus)

Umschlag: Susanne Schmidt, Leipzig

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Übersetzung, Vervielfältigung

(auch fotomechanisch), der elektronischen Speicherung auf

einem Datenträger oder in einer Datenbank, der körperlichen und

unkörperlichen Wiedergabe (auch am Bildschirm, auch auf dem Weg

der Datenübertragung) vorbehalten.

ISBN 978-3-86393-550-4

Auch als gedrucktes Buch erhältlich, ISBN 978-3-86393-089-9

Informationen zu unserem Verlagsprogramm finden Sie im Internet unter

www.europaeische-verlagsanstalt.de

Inhalt

Einleitung

I. Aufklärung über Auschwitz Der 1. Frankfurter Auschwitz-Prozess (1963 – 1965)

1. Der Sträfling und der Mörder

2. Intermezzo in Ludwigsburg

3. Fritz Bauer tritt auf den Plan

4. Ein engagierter Untersuchungsrichter

5. Anklage gegen 24 NS-Verbrecher

5.1. Hauptverfahren

5.2. Kein Jude kann den Vorsitz führen

6. Auschwitz vor Gericht: Der Prozess

6.1. Beweisaufnahme

6.2. Zeithistorische Gutachten

6.3. Zeugen

6.4. Stimme der Opfer

6.5. Ortsbesichtigung hinter dem Eisernen Vorhang

6.6. Kommissarische Vernehmungen in Polen

6.7. Schließung der Beweisaufnahme

6.8. Plädoyers der Anklagevertreter

6.9. Plädoyers der Opferanwälte

6.10. Plädoyers der Verteidiger

6.11. »Nichts getan«: Schlussworte der Angeklagten

6.12. Urteil

6.12.1. Täter, Mittäter und Gehilfen

6.12.2. Unrechtsbewusstsein

6.12.3. Auch Untergebene machen sich schuldig

6.12.4. Keine Entschuldigungsgründe

6.12.5. Strafmaß

7. Revisionsverfahren und Neuverhandlung gegen Lucas

8. Strafverbüßung

9. Subsumtion von Auschwitz unter den Mordparagrafen

II. Die Frankfurter Nachfolgeprozesse

1. Der gescheiterte Großprozess Der 2. Frankfurter Auschwitz-Prozess (1965 – 1966)

2. Im Sande verlaufende Ermittlungsverfahren

3. Erfolgversprechende Ermittlungsverfahren

4. Handlanger vor Gericht Der 3. Frankfurter Auschwitz-Prozess gegen Funktionshäftlinge (1967 – 1968)

5. Skelette für die Reichsuniversität Straßburg Der 4. Frankfurter Auschwitz-Prozess (1970 – 1971)

6. Erster Abgesang: Verfahren wegen Einzeltaten und Freisprüche Der 5. Frankfurter Auschwitz-Prozess (1973 – 1976)

7. Zweiter Abgesang: Verfahren gegen Exzesstäter Der 6. Frankfurter Auschwitz-Prozess (1977 – 1981)

III. Rechtsauffassung und Rechtspraxis in Prozessen gegen Lager-Personal

1. »Die Kleinen« und »die Großen«

2. Konkreter Tatbeitrag oder funktionelle Mitwirkung

3. Prozesse gegen greise »Sündenböcke«?

3.1. Demjanjuk-Prozess (2009 – 2011)

3.2. Gröning-Prozess (2015)

3.3. Hanning-Prozess (2016)

4. Fritz Bauers Vermächtnis

IV. NS-Prozesse und die deutsche Öffentlichkeit

Anmerkungen

Anhang Prozesse in der Bundesrepublik Deutschland gegen SS-Personal und Funktionshäftlinge von Auschwitz

Personenregister

Abkürzungsverzeichnis

Einleitung

Steht in der Bundesrepublik Deutschland die Verfolgung und Ahndung der NS-Verbrechen zur Diskussion, ist immer auch vom Versagen der Justiz die Rede. Doch nicht nur die Justiz hat versagt, sondern auch der Gesetzgeber, die Strafrechtswissenschaft, die Zeitgeschichtsforschung und die bundesdeutsche Gesellschaft. Insofern ist es geboten, die Unterlassungen und Versäumnisse zu erforschen. Ein guter Anlass ist der 50. Todestag des Juristen, dessen Name wie kein anderer mit der Aufarbeitung der NS-Verbrechen verbunden ist: Fritz Bauer (1903 – 1968). Die Untersuchung der sechs Frankfurter Auschwitz-Prozesse (1963 – 1981) und von ausgewählten Ermittlungsverfahren zeigt, welch weitreichende Folgen das im August 1965 verkündete Urteil in der »Strafsache gegen Mulka u.a.« für die späteren Verfahren gegen Auschwitz-Personal hatte. Die Frankfurter Bilanz sieht nicht gut aus. Hinsichtlich der geleisteten Sachverhaltsaufklärung kann auch der erste Frankfurter Auschwitz-Prozess (1963 – 1965) nicht als gelungen gelten. So stellte das Schwurgericht in seinem Urteil das Vernichtungsgeschehen in Auschwitz unzureichend dar und kam deshalb auch zu falschen rechtlichen Wertungen.

Das Vorhaben des hessischen Generalstaatsanwalts Fritz Bauer, durch die Aufklärung von Verbrechenskomplexen die Deutschen mit der NS-Vergangenheit zu konfrontieren, kann nicht als erfolgreich bezeichnet werden. Die Mehrheit der Bundesdeutschen nahm den 1. Frankfurter Auschwitz-Prozess und auch andere vergleichbare Strafverfahren gegen Personal der Todeslager kaum zur Kenntnis. Bauer war ebenso wie viele kritische Juristen und Zeitgenossen über die Rechtsprechung in NS-Prozessen wenig glücklich. So sprach er im Frühjahr 1966 von der »Tragödie« 1der Verfahren.

Die Gründe für diese negative Einschätzung sollen hier am Beispiel der Frankfurter Auschwitz-Prozesse und auch der letzten Verfahren gegen greise Angeklagte, die in den vergangenen Jahren sich vor Gericht verantworten mussten, aufgezeigt werden.

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