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Stottern
Lebensweg – Erfahrungen – Selbsterkenntnis
Ein persönlicher Ratgeber mit individualpsychologischem Ansatz
Dieter Troll
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Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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© 2021 – Herszprung-Verlag
Mühlstraße 10, 88085 Langenargen
Alle Rechte vorbehalten.
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Taschenbuchausgabe erschienen 2021.
Lektorat: CAT creativ – www.cat-creativ.at
Cover: © lovelyday12 – Adobe Stock lizenziert
Bild Christine Becker
ISBN: 978-3-96074-452-8 - Taschenbuch
ISBN: 978-3-96074-453-5 - E-Book
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Widmung Widmung Als Erfahrungsexperte in Sachen Stottern und als erfahrener Berater kannst du da sicher etwas Nützliches beitragen. So wie du den Aufbau vor dir siehst, scheint es mir sehr sinnvoll. Besonders gut und nötig sind dein väterlicher Stil und dein echtes Bedürfnis, zu helfen. Es gibt noch immer viele Stotternde, die Orientierung suchen. Dies hier ist auch eine Anleitung zur eigenen Wahrheitssuche. Du stellst die Individualpsychologie Alfred Adlers in den Vordergrund deiner sinnhaften Überlegungen. Das ist nötig. Sie bereichert das Wissen und das Leben ungemein, verschafft uns Orientierung. Auch die Notwendigkeit der Ermutigung und Selbstermutigung kommt darin gut zum Ausdruck. Herzlichst verbunden Theo Schoenaker
Ein paar Gedanken voran Ein paar Gedanken voran Derjenige, der als erwachsener Mensch stottert und sich entschieden hat, diese Seiten zu lesen, sollte sich in Ruhe auf die Darstellung von Empfindungen vorbereiten, die für Menschen mit einer Sprechbehinderung weitgehend das Leben bestimmen. Der Volksmund nennt sie kurzerhand „Stotterer“, doch die gibt es nicht, sondern nur Menschen, die gelegentlich stottern. Es bedarf einigen Mutes und der Fähigkeit, sich selbst gelassen aus der Vogelperspektive in Neutralität zu betrachten, um das Problem des Stotterns in seiner Ursache, der Art und Weise und seinen Auswirkungen zu erkennen, um alternative therapeutische Lösungen der Symptomatik angehen zu können. Eine große Hilfe und Bereicherung, das Leben in eigener Verantwortung lebensbejahend und befreiend zu gestalten, steuern die Erkenntnisse der Individualpsychologie hierzu bei. Sie bieten die grundlegenden Möglichkeiten, dem Stottern in seiner Ursache näher zu kommen. Nur mit dem Wissen um die Ursache ist es möglich, Fortschritte im fließenden Sprechen zu erzielen. Es wird im Leben immer Probleme geben, weshalb es wichtig ist, ermutigt und selbstbewusst hilfreiche Lösungen dafür zu finden. In dieser mit allen Variationen ausgestatteten Welt, in die wir hineingeboren sind, wird in der Kindheit die Grundlage dafür gelegt, wie wir unser Leben gestalten werden. Frühkindliche Erfahrungen und davon abgeleitete Auffassungen führen zu Entscheidungen, die unseren Charakter bzw. unsere Persönlichkeit bilden und uns ein Leben lang begleiten. Jeder Mensch ist einzigartig. Mit den eigenen gut entwickelten Fähigkeiten kann jeder mutig und gelassen seine Lebenserfahrungen und Meinungen selbstkritisch prüfen. Das gibt ihm Gelegenheit, nötig gewordene Veränderungen und Ziele zu erkennen, in den Gedanken bereit zu sein, dazuzulernen, um Schritt für Schritt im weiteren Leben voranzukommen. Vorurteile und Voreingenommenheit behindern jeglichen Blick darauf, hindern uns, entsprechend nach den vom Leben bestimmten Realitäten zu handeln.
Das fließende Sprechen Das fließende Sprechen Die Sprache ist ein Mittel zum Ausdruck der Befindlichkeit. Ich kann fließend sprechen, das bewirkt: Ich werde angenommen, respektiert, angehört oder abgelehnt. Ich kann verkünden, informieren, kämpfen, führen, trösten, schmeicheln und auch lieben. Dies ist die geistige Funktion des fließenden Sprechens: Die Gedanken lenken und bestimmen den fließenden Inhalt. Das ist eine reiche Gabe für das Gefühl der Zugehörigkeit zur Gemeinschaft und die Entwicklung der eigenen Fähigkeiten.
Das Stottern Das Stottern Er oder sie stottert. Das ist erschreckend, witzig, krank – es wirkt nervös, hilflos, mitleiderregend, unfähig, dumm? Ich stottere und fühle mich minderwertig, verängstigt, behindert, erniedrigt, wertlos, benachteiligt, mutlos, zurückhaltend, einsam, angespannt, nicht zugehörig. Dies ist die geistige Funktion des stotternden Sprechens: Die Gedanken bestimmen zwar auch hier den Inhalt, doch Sprechangst entsteht. Somit konzentrieren sich die Gedanken auf das Stottern, suchen nach Wortersatz, überprüfen den Inhalt, suchen das Ende des Sprechvorgangs, erkennen das Versagen – eine Zwangsjacke mit negativem Etikett.
Das Heute aus der Vergangenheit gewinnen Das Heute aus der Vergangenheit gewinnen In unserem Leben ist die Vergangenheit unveränderbar besetzt mit wichtigen Erfahrungen und eingeprägten Meinungen aus der Kindheit. Im weiteren Leben kommen neue Erfahrungen, Bereicherungen und Probleme hinzu, die unsere persönliche Vergangenheit vergrößern und es uns in einem höheren Alter dann erlauben, dem Bild des Lebens einen Rahmen zu geben, um es zu vollenden. Besondere Erfahrungen und Meinungen, die eine Basis für den weiteren Lebensweg bilden und die Entwicklung sowohl positiv als auch negativ lenken können, bestimmen unseren Werdegang. Diesen Erfahrungen besondere Aufmerksamkeit zu schenken, sollte in Gegenwart und Zukunft die Grundlage für den Platz im Leben und Orientierung für uns sein. Die frühkindlichen Erfahrungen, die sich auf der Bühne des beginnenden Daseins wie Wurzeln eines jung gepflanzten Baumes ausbreiten und sich verankern, leiten die Nahrung für das stetige Wachstum weiter und bilden einen Stamm aus, um dann in Blüte und Frucht ihre Bestimmung zu finden. Ich möchte hier meine Lebenserfahrungen – die im engen Zusammenhang mit einem Menschen stehen, der stottert – in ihrer Entstehung, ihrem Vorgang, Erlebnis und Ereignis, ihrer Erkenntnis, Übung und Begegnung wiedergeben, ohne dabei perfekt sein zu wollen. Möge derjenige, der Interesse zeigt, seine Erfahrung bereichern.
Mein aktueller Standpunkt: Leben mit dem Stottern Mein aktueller Standpunkt: Leben mit dem Stottern Meines Wissens und meiner nun schon jahrelangen Erfahrung zufolge beginnt das psychische Stottern niemals bei einem erwachsenen Menschen. Auch in der Veranlagung eines Kindes, sei es bereits im Mutterleib oder später in der Kinderwiege, kann das Stottern nicht als ursprünglich erkannt werden. Wer Gegenteiliges behauptet, hat selbst noch nie gestottert, vermutet eventuell ein wundersames und störendes Geschehen oder ist auf der Suche nach anatomischen Fehlern. Er sollte den Versuch unterlassen, einen stotternden Menschen fließendes Sprechen zu lehren, um ihn vor weiteren Rätseln und noch mehr täglich auf ihn einwirkenden Problemen zu bewahren. Wenn der Motor eines Autos stottert, kann es für die weitere Nutzbarkeit des Autos hilfreich sein, einen Kfz-Mechaniker mit dessen Reparatur zu beauftragen. Der Mensch allerdings ist keine Erfindung von Konstrukteuren und benötigt keine Reparatur mechanischer Art an Ventilen und Stellschrauben. Es ist erwiesen, dass nahezu jeder jugendliche und erwachsene stotternde Mensch die Worte in seiner erlernten Muttersprache kennt und somit keine Hilfeleistungen oder auch Vorbeter benötigt.
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