Den gibt es, aber genau genommen müsste er als „entalkoholisiert“ bezeichnet werden, weil bei solchen Getränken – man wehrt sich dagegen, sie als „Wein“ zu bezeichnen – vorher schon Alkohol vorhanden war, der aber durch eine entsprechende technische Maßnahme entzogen wurde. Der Alkoholfreie ist nicht ganz erfolglos. Aber wenn schon, dann lieber Traubensaft. Ausnahmen, die schmecken, gibt es gelegentlich, doch selten. So brachte der spanische Wein-Riese Torres einen fruchtigen Moscatel namens „Natureo“ auf den Markt, der bei Verkostungen mit normalem Wein durchaus passabel abschnitt, wenngleich er als „etwas dünn“ bezeichnet wurde. Weltweit werden von ihm immerhin 720 000 Flaschen verkauft.
Sie kennen schon jedes interessante deutsche Weinbaugebiet und behaupten, nichts mehr fehlt in Ihrer Sammlung. Sie täuschen sich. Hier ein Tipp für eine echte Entdeckung. Am Bodensee, der nicht sehr weit weg ist vom Allgäu, wächst bekanntlich Wein. Dort sind sogar drei Anbaugebiete vertreten (Bayern/Franken, Württemberg und natürlich Baden). Aber das Allgäu schickt sich an, 14. Deutsches Anbaugebiet zu werden – natürlich nicht ganz ernsthaft, sondern mit heftigem Augenzwinkern. Vor einigen Jahren ließ sich Hotelier Armin Gross auf den Fluren seines Hotel Prinz Luitpoldbad auf den Höhen von Bad Hindelang ein Dutzend Reben vom württembergischen Winzer Gerhard Aldinger setzen, hauptsächlich die resistente Sorte Solaris. Als daraufhin die Gemeinde verkündete, sie sei die höchstgelegene Weinbaugemeinde Deutschland (auf rund 860 Meter), reagierte eine staatliche Weinbaudienststelle im fränkischen Veitshöchheim mit einer Strafandrohung wegen verbotswidriger Anlage eines Weingartens. Die Beamten hatten schlicht vergessen, nachzufragen, wie viel Reben gepflanzt wurden. Denn bis 100 qm ist alles erlaubt. Der Hotelier nutzte dies geschickt für seine Öffentlichkeitsarbeit, gründete mit Freunden einen Weinbauverein, dessen Mitglieder so nach und nach weitere kleine Flächen anlegen – immer im gesetzlichen Rahmen. Er führt inzwischen eine „Weinnacht“ durch und kürte sogar schon die erste Allgäuer Weinkönigin. Einige Liter Wein wurden inzwischen auch bereits geerntet…
Wein ist stabiler als viele Leute denken. Wenn Sie eine Flasche am Abend nur zur Hälfte geleert haben, kann es durchaus sein, dass der Inhalt am nächsten Tag oder sogar einige Tage später noch köstlicher schmeckt. Dafür sind keine technischen Tricks mit Stickstoff oder irgendwelchen Pumpen notwendig.
Einfach wieder den Verschluss auf die Flasche, ab in den Kühlschrank und dann am Tag drauf viel Spaß. Das gilt natürlich nur für gehobene Qualitäten und nicht für die 1,99-Buddel aus dem Supermarkt. Die Methode ist durchaus auch für gute Rotweine anwendbar, diese müssen dann nur zwei, drei Stunden vor dem nächsten Schluck dem Kühlschrank entnommen werden.
Süßweine können lang im Anbruch stehen. Sie verlieren auch nach Wochen nichts von ihrer Qualität.
Im Extremfall bleiben sie über Jahre hinweg gut trinkbar (getestet mit einer 1967er Silvaner Beerenauslese aus Franken, die nach zehn Jahren noch fast genauso gut schmeckte, wie der gleiche Wein, frisch entkorkt).
Oft ist der Lufteinfluss gut für Wein. Ein 1971er aus Bordeaux, der im ersten Moment nach feuchter Kellertreppe und Moder roch sowie im Geschmack streng und abweisend war, hatte einen Tag später alle Unarten abgelegt, war im Aroma verführerisch und im Geschmack großartig. Derartige Weine also nicht sofort vernichten, sondern ihnen eine Chance geben.
Sind Weinkenner mal nicht zu einer bedeutenden Probe, sondern zu einem zwangslosen Beisammensein mit Wein eingeladen, ist überhebliches Getue völlig fehl am Platz! Wer den Weinfreak heraushängen lässt, Phrasen drescht, wichtigtuerisch am Glas schnüffelt oder sogar angewidert vor dessen Inhalt zurückschreckt, bringt oft Gastgeber(innen) in Verlegenheit oder gar Bedrängnis. Klar gibt es Flops in der Flasche oder Sorten, gegen die man eine Abneigung hat. Die ABC-Front (Anything but Chardonnay – alles, nur kein Chardonnay) ist immer noch aktiv, obwohl sich die Sorte inzwischen viel facettenreicher präsentiert als vor zehn Jahren.
Aber man kann sich ja dann verstärkt dem Mineralwasser widmen. Genehmigt ist lediglich der dezente Hinweis auf einen Korkschmecker, aber dann auch so, dass derjenige, der die Flasche geöffnet hat, nicht blamiert wird. Nicht: „Der Wein hat aber einen gruseligen Korkfehler, haben Sie den nicht bemerkt?“, sondern „beim ersten Reinriechen habe ich nichts bemerkt, aber jetzt kommt er mir verdächtig vor. Was meinen Sie?“
Fazit: Wer keinen Wert darauf legt, in dieser Dekade noch mal eingeladen zu werden, sollte am Wein und am Essen rumnörgeln was das Zeug hält.
Wie verhält man sich in netter Runde einem „Weinkenner“ gegenüber ohne die gute Stimmung zu zerstören? Mit kleinen Gegenfragen, die ihn an seine Grenzen führen: „Was ist denn das?“ „Wie ist Ihre Erfahrung damit?“ kann man den Besserwisser meist einbremsen.
Manches verbietet der Anstand bei dieser Sitte.
Mit vielen Verrenkungen lassen manche über den Tisch oder Tafel die Gläser klirren, und das alle paar Minuten. Das gilt als nicht fein. Eigentlich gehört es sich, nur mit Tischnachbarn anzustoßen, und nur zu besonderen Anlässen. Ausnahmen sind immer dann angebracht, wenn es in einem begrenzten persönlichen oder beruflichen Umfeld zur Würdigung eines Moments (Vertragsabschluss, Beginn des neuen Jahres, etc.) albern wäre, althergebrachte Traditionen anzuzweifeln und zu verweigern. Es geht dabei eher um die Geste, nicht um den Klang der Gläser.
In der Schweiz auch Apéro – lateinisch, aperire = öffnen, kommt aus Italien. Wer „erfand“ den Aperitif? Die Römer mischten einst aus Wein, Honig und Wermutkraut einen sehr bitteren Mulsum. Bereits im 16. Jahrhundert sprach die Medizin von aper(i) tivus (öffnend) wenn sie ein abführendes Heilmittel verabreichte. In Turin wurde 1786 von Antonio Benedetto Carpano der Wermut mit einem relativ hohem Zuckergehalt erfunden. Das Kunstwort „Aperitif“ gibt es erst seit 1888 – es entwickelte sich in der französischen Sprache (aperitf = Magen(öffner) und wurde wohl im 20. Jahrhundert ins Deutsche übernommen.
Eine Art Stehparty meint der Begriff „Apéro“ in der Schweiz. Anschließend gibt es nicht zwangsläufig ein Essen. Für einen „Apéro riche“ wird ordentlich aufgefahren und ein „Apéro Dînatoire“ meint eine gesellige Runde mit selbst gemachte Häppchen.
Wie auch immer – ein Aperitif ist ein meist alkoholisches Getränk, das vor dem Essen konsumiert, den Appetit anregt. Seine soziale Funktion: man lernt sich kennen, wartet auf eventuelle Nachzügler, den Gästen verkürzt es die Wartezeit bis zum Servieren der Speisen. Wird im Restaurant ein Aperitif zunächst an der Bar genommen, bis der Tisch bereit ist, lässt man das Glas mit dem Aperitif-Rest an den Tisch bringen. Das macht der Gast nie selbst.
Beim Mittagessen ist ein Aperitif aus Vernunftgründen entbehrlich, zum Abendessen gehört er dazu. Geeignete Aperitifs sind: Champagne, Sekt, Frizzante und Spumante, Cava (der Spanier) und Crémant, Kir, trockene, leichte Weißweine, Port, Lillet (sehr in Mode: Wein mit 15 % Fruchtlikör), Campari Soda oder mit Orangensaft, Sherry oder Martini, Aperol Spritz, auch ausgesuchte Obstessige mit Honig verfeinert, Verjus, Cynar, der klassische Martini mit einer grünen Olive. Am Mittelmeer beliebt: Pastis, Ouzo, Raki – Anisgetränke, die mit Wasser verdünnt werden, allerdings betäuben sie die Geschmackssinne für längere Zeit. Ein Bier ist ein guter Durstlöscher, jedoch kein Aperitif. Es wird auch feinster Trinkessig in homöopathischen Dosen angeboten, der einen möglichst hohen Restsüßegehalt aufweist (aus Beerenauslesen oder Trockenbeerenauslesen). Zum Menü bzw. den dazu gereichten Weinen sollte der Aperitif auch passen, z. B. kein süßer Aperitif vor einem herben Wein, kein Mix, der Milch oder Ei enthält = Sättigungsempfinden! Kein Aperitif auf Eis vor einer heißen Suppe.
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