THE SECRETFOOTBALLER
Ein Premier- League-Profipackt aus
VERLAG DIE WERKSTATT
Die Originalausgabe erschien unter dem Titel „I Am The Secret Footballer:
Lifing The Lid On The Beautiful Game” bei Guardian Books.
Aus dem Englischen von Olaf Bentkämper.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation
in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische
Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.deabrufbar.
1. Auflage 2013
Copyright © The Secret Footballer 2012
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe:
2013 Verlag Die Werkstatt GmbH
Lotzestraße 22a, D-37083 Göttingen
www.werkstatt-verlag.de
Alle Rechte vorbehalten
Coverabbildung: iStockphoto.com/nullplus
Satz und Gestaltung: Verlag Die Werkstatt
ISBN 978-3-7307-0022-8
INHALT
RAPHAEL HONIGSTEIN
VORWORT ZUR DEUTSCHEN AUSGABE
PAUL JOHNSON
EINLEITUNG
KAPITEL 1
ERSTE SCHRITTE
KAPITEL 2
TRAINER
KAPITEL 3
FANS
KAPITEL 4
DIE MEDIEN
KAPITEL 5
TAKTIK
KAPITEL 6
DIE PREMIER LEAGUE
KAPITEL 7
SPIELERBERATER
KAPITEL 8
GELD
KAPITEL 9
SCHLECHTES BENEHMEN
KAPITEL 10
DAS ENDE NAHT
Vorwort
ZUR DEUTSCHEN AUSGABE
Von Raphael Honigstein
2012war ein sehr gutes Jahr für den englischen Fußball. Die Liga erlebte das spannendste Meisterschaftsfinale aller Zeiten mit einem Last-Minute-Triumph von Scheich-Klub Manchester City über die Lokalrivalen von Manchester United, zwei Wochen später gewann der FC Chelsea nach unglaublicher Dramatik die Champions League in München.
2012 war aber auch ein ganz schlechtes Jahr für den englischen Fußball. Das hatte wenig mit dem Viertelfinal-Aus der Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft gegen Italien – im Elfmeterschießen – zu tun; nichts anderes hatten die seit Jahrzehnten leidgeprüften Fans der „Three Lions” erwartet. Nein, der Lieblingssport der Briten geriet wegen ganz anderer Dinge in die Defensive, und zwar so stark wie nie zuvor seit dem Beginn des Premier-League-Booms Anfang der neunziger Jahre.
England-Kapitän John Terry musste sich vor einem Strafgericht und der Disziplinarkommission des englischen Verbands für die rassistische Beleidigung eines Gegenspielers (Anton Ferdinand, Queens Park Rangers) verantworten. Der Richter sprach ihn frei, die Football Association sperrte ihn für vier Spiele. Im Zuge der höchst unappetitlichen Affäre – Terry und Ferdinand beschimpften sich gegenseitig als „Fotzen” auf dem Rasen – bekam Ferdinand Morddrohungen. Schwarze Profis dachten über einen Rückzug aus der Spielergewerkschaft nach, Nationaltrainer Fabio Capello trat zurück, weil der Verband Terry gegen seinen Willen die Kapitänsbinde weggenommen hatte. Und wie schon beim Skandal um Liverpool-Stürmer Luis Suárez, der wegen der rassistischen Beleidigung von Manchester Uniteds Patrice Evra im Vorjahr für acht Partien gesperrt worden war, richtete sich die öffentliche Meinung nicht nach der Beweislage, sondern streng nach Vereinszugehörigkeit. Für Fans des FC Chelsea und des FC Liverpool waren Terry beziehungsweise Suárez Opfer von Verschwörungen.
Mit wie viel deprimierender, kindischer Humorlosigkeit und sogar Hass diese leidigen Stammesfehden auf der Insel geführt wurden, fiel erst richtig auf, als sich im Sommer das ganze Land an den Olympischen Spielen in der Hauptstadt berauschte. London 2012 produzierte unheimlich sympathische, bescheidene Helden wie Mo Farah (Gold über 5.000 und 10.000 Meter) und Jessica Ennis (Gold im Siebenkampf), und im Stadion in Stratford beklatschte das Publikum auch die ausländischen Athleten begeistert. Fußballverbandschef David Bernstein ahnte, wie unvorteilhaft die ungleich reicheren, unsympathischeren Kicker im Vergleich zu den Olympioniken dastanden, und veröffentlichte noch während der poppigen Abschlussfeier in Stratford eine Pressemitteilung. Der Fußball müsse sich vom olympischen Geist inspirieren lassen, forderte Bernstein: „Die Spieler müssen sich ein Beispiel an diesen Spielen nehmen, mit den Privilegien kommt auch die Verantwortung, sich vorbildlich zu verhalten.”
Doch es nützte nichts. „Leere Sitze, Schmähgesänge und eine Rote Karte”, rümpfte nach dem Saisonauftakt zwischen Man City und Chelsea (3:2) im August ausgerechnet die Sun die Nase, „der ekelhafte Fußball ist wieder da. Unser Nationalsport hat unser nationales Glücksgefühl schneller kaputt gemacht, als Usain Bolt Gold gewann.”
Das Letzte, was das Land zu diesem Zeitpunkt brauchte, war: eine neue Fußballerbiografie. Das Genre leidet ja schon seit Jahren am fürchterlichen Missverhältnis zwischen Quantität und Qualität. Wayne Rooney hat mit 28 schon zwei Bücher veröffentlicht, drei weitere sollen noch folgen. Drei Viertel des Nationalkaders von Sven-Göran Eriksson hatten vor der Weltmeisterschaft 2006 Buchverträge unterzeichnet, die Verlage waren fest überzeugt, dass David Beckham und Co. mit dem Pokal im Gepäck aus Deutschland zurückkehren würden. In der Folge des mal wieder total verkorksten Turniers – Aus im Viertelfinale gegen Portugal, im Elfmeterschießen – kam dann ein halbes Dutzend Bücher auf den Markt, die niemand lesen wollte. Das Schlusslicht im Klassement der Ladenhüter gab das Œuvre von Ashley Cole ( My defence ), das mit seinem fast schon rührenden Realitätsverlust völlig neue Maßstäbe setzte. „Als ich hörte, dass mir Arsenal nur 55.000 Pfund in der Woche (für meinen neuen Vertrag) bot, hätte ich fast einen Unfall gebaut”, schrieb der Linksverteidiger in der Schlüsselstelle, „ich war so außer mir, ich zitterte vor Wut.” Von diesem bösen Car Crash haben sich Fußballerbücher in Großbritannien nie mehr richtig erholt.
Mit Sympathieträgern ist der Sport nicht übermäßig gesegnet. Selbst die intelligenteren – oder interessanteren – Typen schaffen es nur in Ausnahmefällen, packende Worte aufs Papier zu bringen. Daran ist zum einen das sehr scharfe britische Presserecht schuld: Die Angst vor kostspieligen Verleumdungsklagen lässt die Verlage die vermeintlich kontroversen Stellen im Zweifel lieber glattbügeln. Noch mehr aber bestimmt Selbstzensur das Schreiben. Fußball ist in England ein geschlossenes System: Wer erst mal als Spieler, Trainer oder TV-Experte drinnen ist, will es sich auf keinen Fall mit den Kollegen verscherzen.
Englische Fußballer haben gelernt, ihre wahren Gedanken hinter höflichen Floskeln und unsäglichen Plattitüden zu verstecken. Es wird viel geredet, aber nichts gesagt. Männer, die gegen diese Kabinen-Omertà verstoßen, goutiert der Sport nicht. Die wohltemperierte, handzahme Schwammigkeit, die aus ihren Worten spricht, vergrößert unweigerlich die Distanz zwischen Publikum und Star. Auch die Trainingsgelände der Premier-League-Klubs sind weiträumig abgeschirmt, der einstige Arbeitersport hat sich nicht nur finanziell, sondern auch emotional von seinen Wurzeln entfremdet.
Warum also sollte man sich im Vereinigten Königreich im Sommer 2012 für die Lebensgeschichte eines namenlosen, „geheimen” Fußballers interessieren, wenn selbst die Bücher der prominentesten Koryphäen in den Regalen verstaubten? Die Antwort liegt im erfüllten Versprechen des englischen Untertitels „Lifting The Lid On The Beautiful Game”: Der Secret Footballer (SF) macht den Deckel ganz weit auf – und lässt den Leser tief ins dunkle Innere des ach so „schönen Spiels” blicken.
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