Michael Göring - Vor der Wand

Здесь есть возможность читать онлайн «Michael Göring - Vor der Wand» — ознакомительный отрывок электронной книги совершенно бесплатно, а после прочтения отрывка купить полную версию. В некоторых случаях можно слушать аудио, скачать через торрент в формате fb2 и присутствует краткое содержание. Жанр: unrecognised, на немецком языке. Описание произведения, (предисловие) а так же отзывы посетителей доступны на портале библиотеки ЛибКат.

Vor der Wand: краткое содержание, описание и аннотация

Предлагаем к чтению аннотацию, описание, краткое содержание или предисловие (зависит от того, что написал сам автор книги «Vor der Wand»). Если вы не нашли необходимую информацию о книге — напишите в комментариях, мы постараемся отыскать её.

Eine Jugend in den 1960er und 70er Jahren in einer typischen Mittelstandsfamilie, dem Rückgrat der Bundesrepublik, dem Hort der Tabus. In der Vätergeneration glimmt noch die Operetten-Idylle, bei den Jugendlichen geht es um laute Rockmusik, lange Haare, sexuelles Erwachen und viele linke Thesen. Georgs Vater gehört zur sprachlosen Generation, doch Georg bohrt und gibt keine Ruhe. Erst als sein Vater nichts mehr zu verlieren hat, öffnet er sich seinem längst erwachsenen Sohn. AUTORENPORTRÄT Michael Göring, Jahrgang 1956, ist in Westfalen aufgewachsen. Seit seinem Literaturstudium sammelt er Geschichten, hält Berichte und Szenen in Tagebüchern fest. 2011 erschien sein erster Roman Der Seiltänzer. Der Autor leitet die gemeinnützige ZEITStiftung und unterrichtet im Fach Kultur und Medienmanagement an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg.

Vor der Wand — читать онлайн ознакомительный отрывок

Ниже представлен текст книги, разбитый по страницам. Система сохранения места последней прочитанной страницы, позволяет с удобством читать онлайн бесплатно книгу «Vor der Wand», без необходимости каждый раз заново искать на чём Вы остановились. Поставьте закладку, и сможете в любой момент перейти на страницу, на которой закончили чтение.

Тёмная тема
Сбросить

Интервал:

Закладка:

Сделать

Straßburg, St Thomas, Juni 1968

Miserere mei

Der Palestrina war sehr gut gelaufen. Die vollbesetzte Kirche hatte eine sehr feine Akustik für Chormusik, gerade auch in kleiner Besetzung. Auch der Gabrieli hatte schön geklungen, den Monteverdi hingegen hatten sie vor zwei Monaten in Paris besser gebracht. Die Anspannung stieg. Die Generalprobe unter dem Prof war am Vormittag völlig problemlos abgelaufen, fast zu harmonisch, fand Georg. Da war er wie nahezu alle Sänger abergläubisch. In einer Generalprobe musste es mindestens einmal krachen, erst dann konnte die Aufführung tatsächlich gut werden. Aber der Prof war zufrieden gewesen, nickte viel, gab hier und da ein deutlicheres Ritardando vor, machte aus so manchem Piano ein Pianissimo, aber das war es auch schon.

Der Gesualdo klang aus. In der kleinen Pause, die nun folgte, gingen Georg und Wommi, der den zweiten Cantus sang, ein paar Schritte nach vorn, es formten sich leise die Fünfer- und die Vierer-Gruppe, die nun vor den restlichen Chormitgliedern stehen und singen würden. Wie immer in diesem Moment schaute das Publikum gebannt auf die Neupositionierung im Altarraum.

Der Prof hob den Dirigierstab. Vor vier Jahren, kurz vor seinem neunten Geburtstag hatte Georg bei ihm in Regensburg vorgesungen. Es war Vaters Idee gewesen. Er hatte ein halbes Jahr lang mit ihm geübt, Volkslieder, Kirchenlieder, Tonleitern, Intervalle, freies Ton-Ansingen. »Sing mir ein G, Georg, und jetzt darauf ein D, höher Georg, höher, und jetzt eine Terz abwärts.« Als der Prof ihn aufgenommen hatte, hatte Vater gestrahlt und Mutter geweint. »Nach Regensburg, so weit weg!«

Der Prof gab den Einsatz. Die ersten Takte verströmten die ruhige, nachdenkliche Stimmung des Stückes. Sie ließen noch nicht vermuten, was da kommen würde. Wommi, der jetzt links neben ihm stand, und er waren ein eingespieltes Team. Wommi wusste genau, wann er als zweiter Cantus etwas stärker werden oder wo er ganz zurücktreten musste. Sie trauten sich längst zu, dieses Stück auch ohne den Prof aufführen zu können, so präzise war alles einstudiert. Takt 20: Georg sang ein klares glockenhelles C, der Prof nickte. Auch nach den vielen Silben »Incerta et occulta sapientiae tuae manifestasti« kam der Sprung in Takt 44 völlig glatt. Er hatte den Mund geöffnet, weit geöffnet und spürte, wie alle Konzertbesucher in der Kirche auf ihn starrten. Er kannte das. Dreimal musste er den Wahnsinnssprung auf das dreigestrichene C noch wiederholen, das erste Mal nur 20 Takte weiter, als der Viererchor zunächst allein sang und bei seinem langen G alle in der Kirche ahnten, dass der Sprung, dieser gewaltige Sprung wieder anstand. Georg schloss die Augen.

»Du schlüpfst hier in die Rolle all der Menschen, die Schuld auf sich geladen haben, und bittest den Herrn um Vergebung, miserere mei«, hatte ihm der Prof in einer der ersten Proben erklärt. »Solch ein Bittsteller muss einfach wunderschön singen!«

Jetzt kam der letzte Schlag auf dem G, und da war das C, glockenrein, ein Ton direkt aus dem Himmel, wie der Prof in den Proben gern sagte, ein Ton direkt aus der Hölle, wie Wommi immer wieder flüsternd verbesserte. »Et exsultabit lingua mea justitiam«, die vierte und vorletzte Stelle stand an, der Prof nahm Blickkontakt auf, war etwas nicht in Ordnung, nein, alles war prima, öffnen, ganz öffnen, der Ton sitzt oben im Himmel und du bist der Engel, der Todesengel, der für alle bittet, öffnen, den Mund öffnen – aber was war das? Es wurde kein C, es wurde gar kein Ton, es wurde eine Art Schrei, da war plötzlich ein Schrei im Kopf, kein Ton aus dem Himmel, sondern ein krächzender Schrei. Georg fing sich erst beim G, der Prof machte große Augen, starrte ihn an, dirigierte mechanisch weiter, dann kam die Koloratur ganz automatisch und danach das auf zwei Takte gedehnte G. Wommi hatte die ganze Zeit sein zweigestrichenes C gehalten und sang jetzt den Abschluss des Verses zum B hin, während Georg brav sein G hielt. Was würde aus dem fünften und letzten Sprung werden? Das Publikum hatte nach dem verunglückten Ton, dem Schrei, Oh und Ah und Stöhnen hören lassen, war aber jetzt wieder ganz still, vollkommen still. Alle Augen waren auf ihn gerichtet, den ersten Sopran.

Die Fünfergruppe sang den siebzehnten Vers, »Domine, labia mea aperies«, ein paar Sekunden für Georg, um nachzudenken. Wommi war ganz nah an ihn herangerückt, sein rechter Arm berührte Georg, als wolle er ihn beruhigen. Was sollte er jetzt tun? Ansetzen und durch, das war die Regel, wenn etwas schiefgelaufen, aber nicht abgewunken worden war: kurz sammeln, atmen, den nächsten sicheren Ton sehen, andenken, ansingen, alles in wenigen Sekunden, in Teilen von Sekunden. Jetzt hatte er sogar reichlich Zeit, während die Fünfergruppe ihren Part zum Abschluss brachte. Er hatte nicht falsch gesungen, keinen Ton zu hoch, zu niedrig oder zu kurz angesetzt, er hatte – geschrien, statt zu singen, hatte ungeformt irgendeinen Laut von sich gegeben, unkontrolliert, dabei war Singen doch immer Kontrolle, Kontrolle über sich, vom Atmen bis zur Mimik, Kontrolle.

Georg setzte wieder ein: »Benigne, fac, Domine«. Der Prof sah ihn eindringlich an. Jetzt stand der letzte Sprung an, bei »Jerusalem« musste er zum letzten Mal aufs dreigestrichene C, »Je« und öffnen, der nächste Ton kommt von ganz oben, vom Himmel, aber Georg biegt ab, statt der Quart nach oben singt er die Quint nach unten, singt Wommis schlichtes zweigestrichenes C und springt erst beim F wieder in seine Stimme. Er wagt nicht, den Prof anzusehen, schaut auf den Boden. Erst als bei Takt 126 der Schlussvers erklingt, schaut er kurz zum Domkapellmeister auf, dessen Anblick hinter den ersten Tränen verschwimmt.

Das Publikum klatscht wie verrückt. Er weiß, das Klatschen soll ihn trösten, aber es kann ihn nicht trösten. Er verneigt sich gemeinsam mit Wommi, dreimal, viermal. Dann schießen noch mehr Tränen hoch. Der Prof kommt zu ihm. Wommi tritt zur Seite, nun verneigen sich der Prof und er gemeinsam vor dem Publikum, die Tränen rinnen, er schüttelt sich, er kann nicht anders, der Prof fährt ihm mit der Hand durch den Lockenkopf, noch einmal schwillt das Klatschen an.

»Bravo, bravo«, rufen jetzt einige, was ganz ungewöhnlich für ein Kirchenpublikum ist. Der Prof und er gehen zur Seite Richtung Sakristei. »Was war denn, mein Junge?«, flüstert der Prof und gibt ihm sein weißes Taschentuch. Noch mehr Leute rufen laut bravo, bravo und erheben sich von den Kirchenbänken. Georg schnäuzt sich, sie machen kehrt, gehen noch einmal zurück vor den Altar und verbeugen sich erneut.

Dienstag, 28. September 1982

Der Kollaps

Das Café war nur schwach besetzt. Aus einem Nebenraum klangen Geräusche vom Billardtisch. Zwei Jungen waren konzentriert bei der Sache. Georg hörte beständig das Klickklick der Kugeln, ab und zu ein lang gestrecktes mit Schimpfwörtern versetztes Stöhnen oder ein kurzes triumphierendes »Wunderbar«. An einem Tisch am Fenster saßen vier Mädchen, sechzehn- oder siebzehnjährig, vor ihren Colagläsern im Gespräch vertieft. Georg drückte die Zigarette im Aschenbecher aus, bestellte ein Bier und Hühnersuppe.

Hier hatte er sich zu Oberstufenzeiten nachmittags oft mit Roland getroffen. Hier wurde auch die Idee mit Lisa geboren. Georg lächelte. Lisa, was für eine verrückte Idee damals! Aber sie waren ja erst 17 und schmerzlich unerfahren. Roland war nach Georgs Rückkehr aus Regensburg sein bester Freund geworden. Mit ihm war er gemeinsam in den philharmonischen Chor eingetreten, gleich nachdem sich die Stimme nach dem Stimmbruch wieder gefestigt hatte.

Auch jetzt im Café Haase dachte Georg immer wieder an Vater, wie er bleich in diesem Krankenhausbett lag, nicht einmal wissend, welche Krankheit ihn da tatsächlich befallen hatte. Oder tat Vater nur so? Wusste er vielleicht sehr genau, wie schwer seine Krankheit war, und spielte vor Mutter das gleiche Spiel wie sie vor ihm? Er würde mit Vater reden. Ja, er würde ihn aufklären. Er war schließlich sein Sohn. Aber wie redet man mit seinem Vater über den Tod?

Читать дальше
Тёмная тема
Сбросить

Интервал:

Закладка:

Сделать

Похожие книги на «Vor der Wand»

Представляем Вашему вниманию похожие книги на «Vor der Wand» списком для выбора. Мы отобрали схожую по названию и смыслу литературу в надежде предоставить читателям больше вариантов отыскать новые, интересные, ещё непрочитанные произведения.


Отзывы о книге «Vor der Wand»

Обсуждение, отзывы о книге «Vor der Wand» и просто собственные мнения читателей. Оставьте ваши комментарии, напишите, что Вы думаете о произведении, его смысле или главных героях. Укажите что конкретно понравилось, а что нет, и почему Вы так считаете.

x