Lise Gast
Gesellschaftsspiele im Zimmer für Jung und Alt
für jung und alt von
Saga
Gesellschaftsspiele im Zimmer für Jung und Alt Copyright © 1960, 2019 Lise Gast und SAGA Egmont All rights reserved ISBN: 9788711509432
1. Ebook-Auflage, 2019
Format: EPUB 2.0
Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach
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Jeder jungen Mutter gelingt es leicht, mit ihrem Kind wieder klein zu werden, auf seine Wünsche einzugehen, mit ihm zu spielen. Nichts ist schöner als eine lustige Geburtstagseinladung mit ganz Kleinen! Noch mit den Schulanfängern und den Halbgroßen pflegt die Mutter zu spielen, wenn eine Einladung erfolgt. Aber die Großen!
„Nein, mit denen kann ich nicht mehr mit“, sagen die Mütter fast immer, decken einen hübschen Kaffee- oder Teetisch und überlassen die Sechzehn- bis Zwanzigjährigen sich selbst, das heißt oft der Langeweile. Freilich, nach Tisch unterhält man sich oder raucht sogar schon, dabei wird über Fußballtoto oder Filmlieblinge gesprochen. Das hält eine Weile vor. Dann aber?
Wagt nur einmal den Sprung hinein, Ihr Mütter oder Väter! Auch die albernsten Mädel und die blasiertesten jungen Herren sind oft überraschend dankbar, wenn man fröhlich, vernünftig und frisch mit ihnen umgeht und sie zum Spiel heranholt. Übrigens sind viele dieser Spiele auch für Erwachsene geeignet, gerade für Erwachsene, wie ich oft beobachtete. Ich habe ältere Damen und würdige Herren Tränen des Lachens vergießen sehen, wenn wir spielten. Freilich, man muß viele Spiele kennen und richtig auswählen. Deshalb bringe ich Ihnen heute Gesellschaftsspiele aller Art. Versuchen Sie einige von ihnen, fassen Sie Ihre Gesellschaft in fröhlichem Spiel zusammen und spielen Sie selbst mit, ohne Vorbehalt, ohne Scheu vor diesem oder jenem Reinfall. Reinfälle gehören dazu, auch die von Ihnen selbst. Und nun — viel Vergnügen!
Eins noch: Ich könnte die Spiele auch in Stichworten angeben, kurz wie Rezepte in einem Kochbuch: „Man nehme“. Vergnüglicher aber ist es, ich plaudere Ihnen darüber etwas vor, was ich selbst damit für Erfahrungen gemacht habe, wann das eine paßt und wann das andere. Vielleicht greifen Sie dann gern und von selbst nach diesem Büchlein, ehe eine lustige Gesellschaft anrückt, statt seufzend zu sagen: „Und was werden wir spielen?“
Nach dem Kaffee wird zunächst der Tisch weggerückt. Es gibt zwar Spiele, die man am Tisch spielt, aber die heben wir uns lieber für später auf, wenn wir schon etwas erschöpft sind. Zunächst wird durch den Aufbruch, das Tisch- und Stühlerücken eine muntere Stimmung geschaffen, die auch die Faulsten zwangsläufig hochtreibt. Dann setzen wir alle Spieler in einen Kreis, die Stühle möglichst eng aneinander gerückt. Wer zuletzt soweit ist, darf sich nicht erst setzen, sondern muß sich in die Mitte des Kreises stellen. Von dort aus darf er versuchen, sich auf den leeren Stuhl zu setzen. Aber ehe er dazu kommt, rückt sein linker Nachbar bereits nach. Nun versucht der Stehende, dessen Platz zu erwischen, aber schon wieder rückt der nächste nach. Erwischt der Stehende schließlich einen leeren Stuhl, so muß der nächste, der hätte nachrücken müssen und das verpaßte, aufstehen und nach Platz jagen. Dieses Spiel ist sehr geeignet, eine langweilige und etwas steife Gesellschaft auch von Erwachsenen, gerade von Erwachsenen, tüchtig durcheinander zu bringen. Von Zeit zu Zeit kann man, damit nicht die ganze Gesellschaft schwindlig wird, durch den Zuruf „Andersrum!“ von rechts nach links statt umgekehrt rücken lassen.
Nach diesem Spiel herrscht meist fröhliche Stimmung, falls nicht ein Stuhlbein abgebrochen oder ein Gesellschaftskleid zerrissen ist. Das aber wird meist auch mit Humor getragen! Wir spielen es meist, bis es soweit ist. Besondere Finessen bzw. Gemeinheiten kann man noch hineinbringen, indem man neben einen tiefen weichen Stuhl einen hohen Holzhocker stellt. Der Übergang muntert auch den langweiligsten Gast auf.
Etwas zum Verpusten. Es ist nach dem Nachrücken meist notwendig. Einer der Mitspielenden wird hinausgeschickt, er darf nicht horchen. Die. Spielgemeinschaft beratschlagt nun, welche Person, welchen Gegenstand, welchen Ort oder auch — sehr schwer! — welchen Begriff man sich merken will. Glauben Sie nicht, daß es etwas gäbe, was „zu schwer zu raten“ sei. Selbst Abstrakta wie der erste Kuß der Madame Pompadour oder Adams Appetit auf den Apfel sind von einer lustigen Gesellschaft schon ausgedacht und von einem klugen Ratenden erraten worden. Der Ratende wird hereingerufen und muß den Gegenstand mit zwanzig Fragen erraten. Geantwortet wird im Chor und nur mit „Ja“, „Nein“ oder „Stellenweise“, bei manchen Spielern gibt es für „Stellenweise“ auch den Ausdruck „Leberwurst“.
Der Ratende soll, wenn er klug ist, nicht planlos, sondern systematisch raten, was er bald lernt. Die ersten Fragen beispielsweise lauten zweckmäßig: „Abstrakt oder konkret?“ „Ein Lebewesen?“ „Ein Gegenstand?“ „Eine Person?“ „In diesem Zimmer?“ „Noch existierend?“ und ähnlich. Direkte Fragen, wie: „Ist es der und der?“ oder „Ist es dieses Bild?“ sind unzulässig bis auf den allerletzten Schluß, wo der Ratende ganz sicher ist. Er darf in dieser Weise nur ein einziges Mal fragen. Es ist erstaunlich, welche schwierigen Dinge sich mit zwanzig Fragen erraten lassen, wenn man es richtig anfängt. Nett ist, irgendeinen beziehungsvollen Gegenstand zu nehmen, etwa den Verlobungsring des frischgebackenen Bräutigams oder den verlorenen Hausschlüssel, der kürzlich solchen Ärger brachte!
Nachdem man das vorige Spiel eine Weile gespielt hat, kann man es variieren, wenn man einen einzelnen Spieler ein wenig necken will.
Die Spielgemeinschaft einigt sich, während sich der Ratende außerhalb des Zimmers aufhält, dahin: Es wird laufend nur mit „Ja“, „Ja“ und „Nein“ geantwortet, ganz gleichgültig, welche Fragen der Ratende stellt. Auf diese Weise kommt schließlich einmal auf „Ja“ etwas ganz Merkwürdiges heraus, was keiner vorher ahnte. Dieses Spiel ist furchtbar lustig, läßt sich aber in derselben Gesellschaft natürlich nur ein einziges Mal spielen, außer es kommt irgendein verspäteter Gast dazu.
Bitte denken Sie nicht, dieses sei ein Spiel lediglich für Kinder erdacht, auch wenn Sie es das letztemal als Kind spielten. Es eignet sich ausgezeichnet für Erwachsene und Halbwüchsige.
Wir stellen Stühle in eine Reihe, mit den Seitenkanten aneinander, immer eine Lehne nach vorn, eine nach hinten, und zwar nimmt man einen Stuhl weniger als Mitspieler da sind. Nun fassen sich die Spieler an den Händen und marschieren, die Gesichter in den Kreis gerichtet, um die Stühle herum. Steht ein Klavier und ein Spieler zur Verfügung, so bittet man diesen, irgendeinen Marsch zu spielen und mitten im Spiel abzubrechen, aber nicht zu bald. Wenn das Spiel aussetzt, muß jeder schnellstens einen Platz suchen und sich setzen. Wer keinen mehr findet, scheidet aus. Ein Stuhl wird weggenommen, und das Spiel beginnt von vorn. Die beiden letzten Spieler müssen nach Beendigung des Spieles einen Solowalzer tanzen.
Steht kein Klavier zur Verfügung, so wird ein Marschlied gesungen, und der Spielleiter läutet mit einer Schelle, wenn sich alles setzen soll. Als Marschlieder sind zu empfehlen: „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“ oder etwas Ähnliches, Bekanntes.
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