»Halt’s Maul, Paddy, natürlich ist die noch da.«
»Zeig sie deinem Freund.«
»Uch, wieso das denn?«
»Sieh es einfach als Purple Heart .«
Grew hob sein Hemd hoch und tat angenervt.
»Wo ist das denn her?«, fragte Quinn.
»Hat er mir mit ‘nem beschissenen Spielzeuggewehr verpasst.«
»Du Weichei.«
»Was? Ich war sechs und er fünf. Hat tierisch wehgetan.«
»Nicht so sehr wie die seelische Narbe, was, Marty?«, stichelte Fox.
Die drei Männer kicherten kurz und verfielen wieder in Schweigen.
»Wo sind die anderen Jungs?«
»Das weißt du nicht, Paddy?«, fragte Quinn misstrauisch.
»Dolan meinte, ich bräuchte das nicht wissen.«
»Dann wird’s wohl so sein«, gab Quinn zurück.
»Was kann’s schon schaden?« Grew tippte an seine Nase. »Zwei Jungs warten in Keady mit ‘ner kleinen Überraschung für Taylor. Wir jagen das Großmaul in die Luft, wenn er morgen Früh zur Arbeit fährt.«
»Und die anderen?« Fox blieb beharrlich.
»Machen einen drauf«, fügte Quinn verärgert hinzu. »Ich wär’ auch gern einen trinken gegangen.«
»Wär’ das auch recht?« McCracken kam in den Raum und hielt eine Whiskey-Flasche in der Hand.
Quinn griff nach der Flasche. Fox vermutete, dass McCracken zwar das Sagen hatte, aber auch eine gewisse Hochachtung für den Mann.
»Also, was passiert als Nächstes?« Fox spürte sein Herz schneller schlagen.
»Ich konnte Dolan nicht erreichen, hab keine Telefonzelle gefunden und dieses Ding benutz’ ich bestimmt nicht!« McCracken hielt sein Handy an der Antenne hoch wie eine Maus am Schwanz. Er ließ es sanft schaukeln, bevor er es auf die Arbeitsplatte legte. »Das lässt mir immerhin Zeit zum Trinken und du hast nun reichlich Zeit, mich zu überzeugen, dass du mich nicht verarschst. Und wenn du das nicht schaffst, dann …«
»Dolan würde nur ungern auf mich verzichten, musst du wissen.« Fox bemerkte eine Reflexion auf der Glasflasche und ließ sein Auge folgen.
»Das Risiko muss ich eingehen. Ich bin nicht sein Prügelknabe.«
»Nur sein Strichjunge?«
McCracken trat einen Schritt nach vorn und fuchtelte wütend mit seinem Zeigefinger umher. »Noch mehr Klugscheißereien und ich verpass’ dir eine, egal, wer du bist.«
»Jimmy!« Grew fuhr aus seinem Stuhl und richtete seine Waffe auf das Fenster.
Fox sprang auf und trat Grew zwischen die Beine. Er taumelte. Fox schnappte sich die AK-47 und in der gleichen Sekunde explodierte das Küchenfenster hinter ihnen. Quinns FN Browning kam zum Vorschein, als zwei Kugeln durch seinen Schädel sausten. Fox richtete die Kalaschnikow auf McCracken, aber der war bereits auf dem Sprung und die 7,62mm-Geschosse verpufften in der Wand. Der IRA-Soldat huschte durch den Flur davon.
Snow trat durch die Hintertür ein, die Makarow fest mit beiden Händen umschlossen. Seine Zielpeilung wanderte von Fox zu Grew.
»McCracken«, sagte Fox. »Ist geflitzt.«
Snow hielt eine Millisekunde inne, bevor er zustimmend nickte. Er hielt Grew in Schach, der auf dem Boden lag und seine Leiste umklammerte, woraufhin Fox sich auf die Suche nach McCracken machte.
Fox stürmte den Flur entlang, ungeachtet seiner persönlichen Sicherheit. Die Vordertür schlug zu und Fox prallte dagegen, bevor er sie öffnete. Mehrere Schüsse waren zu hören, aber Fox wich nicht zurück, als der Türrahmen neben ihm zersplitterte. Im dunklen Grau des frühen Morgens erstrahlten die Bremsleuchten von McCrackens Wagen, als er um eine Kurve schlitterte und von der Bildfläche verschwand. Fox nahm die Verfolgung auf und erreichte die Straße rechtzeitig, um McCracken davonrasen zu sehen.
Fox ging auf ein Knie, zielte sorgfältig und betätigte der Abzug der Kalaschnikow. Eine letzte Salve traf die Heckscheibe, bevor die AK-47 nur noch klickte.
»Shit! Shit! Shit!«, rief Fox verärgert.
Snow sah sich in der Küche um. Quinns Blut, Schädelteile und Gehirnmasse hatten eine Wand rotgefärbt, aber seine Hand umklammerte noch immer seine FN Browning 9mm. Eine Flasche Jameson’s lag neben dem Toten und auf der anderen Seite des Raums saß Grew mit angewinkelten Knien und dem Rücken zur Wand auf dem Boden.
»Ich wusste, dass der nicht koscher war. Ich hab’s gewusst!«, schäumte Grew.
»Klappe.« Snow bückte sich, um die Flasche aufzuheben, aber durch den plötzlichen Schmerz überlegte er es sich anders, also rollte er den Whiskey mit seinem Fuß auf Grew zu. »Mach auf.«
Grew drehte langsam den Verschluss auf. Er hielt ihm die Flasche hin und Snow nahm sie.
»Dem Sieger die Beute?« Fox klang wieder schottisch.
»Nein, ich will damit meine verdammten Kopfschmerzen bekämpfen.« Snow nahm einen großen Schluck.
Grew fing an zu kichern. »Das war nett anzusehen.«
»Links oder rechts? Welches Bein hast du lieber?«
»Leck mich, du Scheiß-Tommy. Einsatzregeln und so, ich bin unbewaffnet. Ihr habt mich erwischt, aber ihr steckt schon jetzt tief in der Scheiße. Glaubst du, der Waffenstillstand hält, wenn rauskommt, dass ihr ein Mitglied der South-Armagh-Brigade ermordet habt?«
Snow hielt seine Makarow auf Grew gerichtet. Stille machte sich im Raum breit.
Fox schulterte die Kalaschnikow. »Aidan, tut mir so leid, aber es musste echt aussehen – es war der einzige Weg. Wir hätten nicht entkommen können.«
»Ist mir irgendwann auch aufgefallen.« Snow nahm noch einen Schluck. »Ich hätte dich erschießen können, habe ich auch fast.«
Fox grinste und ging ans Fenster. »Was ist mit dem Typen in der Scheune?«
»Hab ich ausgeschaltet.«
»Gut.«
»Hab ihm das Genick gebrochen.«
»Er hat Fannon umgelegt.«
»Der? Wirklich?«
»Jup. Marty hat’s mir erzählt. Der Junge war wohl ein ziemlicher Psycho – warum hat McCracken ihn wohl rekrutiert?« Fox drehte sich um und lehnte sich gegen die Spüle.
Snow zeigte auf McCrackens Handy, das immer noch auf der Arbeitsplatte lag. »Wir müssen uns melden und das mit McCracken beichten.«
»Und wegen der Bombe mit Taylors Namen drauf Bescheid sagen. Aber erst wird uns dieser Armleuchter hier sagen, wie der RUC-Verräter heißt, der den Van durchgewunken hat.«
»Träum’ weiter, Paddy. Ich kenne meine Rechte.«
»Links.«
»Was?«
»Schieß ihm ins linke Bein, Aidan.«
Snow betätigte den Abzug und feuerte eine einzelne Kugel in Grews Oberschenkel.
»Du bist irre, Mann!« Grew rollte sich auf die Seite und hielt sein Bein. »Dafür wirst du zahlen, verdammte Scheiße.«
»Sorry, ich meinte das Rechte.« Fox zuckte mit den Schultern.
Snow zielte erneut.
»O’Briain! Brendan O’Briain heißt der Kerl!«
»Siehst du? So schwer war das doch gar nicht. Wo will McCracken hin, Marty?«
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