MARTIN BREUTIGAM
HIMMLISCHE ZÜGE
Neue Rätsel und Geschichten
aus der Welt der Schachgenies
VERLAG DIE WERKSTATT
Vom selben Autor:
Martin Breutigam
Todesküsse am Brett
140 Rätsel und Geschichten
der Schachgenies von heute
160 S., Paperback, Fotos
ISBN 978-3-89533-743-7
€ 9,90
E-Book: € 6,99
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Coverabbildung: Joachim Lehrer, „Turmstark – den Wolken nah“, Öllasur auf Holz,
www.joachim-lehrer.de
Satz und Gestaltung: Verlag Die Werkstatt
ISBN 978-3-7307-0121-8
Fotos:
Christian Bossert: 9; Martin Breutigam: 97; Catharina Caprino: 159; Getty Images: 31, 32, 106, 135; Imago Sportfoto: 23, 47, 94; Zeljka
Malobabic: 89; Elena Panouli: 77
Der Autor
Martin Breutigam, geboren 1965 in Bremen, ist ein Internationaler Meister im Schach und langjähriger Bundesligaspieler. Er hat mehrere Bücher und DVDs zum Thema Schach veröffentlicht und schreibt als freier Journalist u. a. für die Süddeutsche Zeitung und den Tagesspiegel .
Vorwort
Geschichten und Rätsel 2010
Geschichten und Rätsel 2011
Geschichten und Rätsel 2012
Computer haben die Welt des Schachs ärmer und reicher zugleich gemacht. Ärmer, weil immer weniger Spieler zu persönlichen Begegnungen neigen. Millionen Schachliebhaber bleiben heute öfter zu Hause, um von dort aus übers Internet ihre Leidenschaft auszuleben, anstatt wie früher in Clubs oder Cafés beisammenzusitzen und zu grübeln. Mittlerweile warten ja überall Spielpartner und -partnerinnen, sei es in Moskau oder New York, in Peking oder Oldenburg. Das hat auch etwas Gutes.
Die digitalisierte Schachwelt ist aber vor allem reicher geworden, weil man das Spiel heute noch tiefgründiger analysieren und verstehen kann, außerdem ist dieses Wissen vielen Menschen leichter zugänglich als früher. Und ein Weltklassespieler sagt in diesem Buch, das heutige Spielniveau sei dank der Computer so hoch wie nie zuvor.
Es fällt allerdings nicht nur den Profis zunehmend schwer, mit ihrer sich rasant ändernden Welt Schritt zu halten, zumal etwas, von dem in der über 1.500 Jahre alten Schachgeschichte kaum die Rede war, plötzlich zu einem Problem geworden ist: Mit dem technischen Fortschritt ist auch die Zahl der Betrugsmöglichkeiten und -fälle gestiegen. Und offenbar müssen zu der Frage, wie man das Schachspiel wirksam vor den Skrupellosen schützen soll, etliche Beteiligte erst noch eine Haltung entwickeln, Amateure und Profis ebenso wie Funktionäre und Journalisten.
Und was vor zwei Jahrzehnten zuweilen noch als Horrorvorstellung galt, dass nämlich die besten Schachprogramme den spielstärksten Menschen eines Tages überlegen sein könnten, ist inzwischen Realität geworden, zumindest in taktischen Spielsituationen. Seit im Jahr 2006 das Programm Deep Fritz den damaligen Weltmeister Wladimir Kramnik einen sogenannten Kuss des Todes gab – ein Matt, das sich auch in Todesküsse am Brett , dem Vorgänger dieses Buches, wiederfindet –, seit jenem durchaus einschneidenden Ereignis scheint das allgemeine Interesse an Menschgegen-Maschine-Duellen endgültig verschwunden zu sein.
Tot ist Schach aber keineswegs! Im Gegenteil, noch nie hat es so viele bedeutende Turniere gegeben wie heute, oft jetten die Großmeister von einem Spielort zum nächsten. Von solchen Menschen und ihrer außergewöhnlichen Gabe handeln die Geschichten dieses Lese- und Trainingsbuches, zusammengestellt aus meinen Zeitungskolumnen, die zwischen Frühjahr 2010 und Herbst 2013 erschienen sind (größtenteils im Berliner Tagesspiegel und im Bremer Weser-Kurier) .
Was in diesem Zeitraum an Grandiosem und Kuriosem geschah, können Sie auf den folgenden Seiten chronologisch nachspüren. Wie zum Beispiel der junge Magnus Carlsen seine Dominanz in der Schachwelt ausgebaut hat und wie die Teenagerin Hou Yifan die Frauen-WM gewann, welche Musik einen Spitzengroßmeister in Stimmung bringt und welche Probleme einem Spitzenpolitiker allein das Aufbauen der Schachfiguren bereitet.
Dazu gibt es wieder eine Auswahl der brillantesten Kombinationen aus diesen Jahren. Aber keine Sorge, nicht in jedem der 140 Partiefragmente ist ein Geniestreich gefragt! Bestimmt werden auch Hobbyspieler das eine oder andere Rätsel leicht lösen können, manchmal führt schon ein kleiner, pfiffiger Zug zum Ziel. Im Alltag der Schachprofis gibt es ohnehin mehr Arbeits- als Glanzsiege, öfter Handwerk als Kunst. Und es kann ebenso reizvoll wie lehrreich sein, den Großmeistern bei ihrem alltäglichen Handwerk auf die Finger zu schauen.
Tatsächlich sind immer Tausende Zuschauer live dabei, wenn Carlsen, Anand und die anderen Cracks spielen. Manche verfolgen die Turniere vor Ort, viele im Netz. Wenn aber mal Partien zwischen den weltbesten Computerprogrammen übertragen werden, will diese, interessanterweise, kaum ein Mensch sehen. Offenbar ist nichts langweiliger als eine seelenlose Computerpartie. Anders ausgedrückt: Die Ideen der fehlbaren Menschen bleiben ein viel größeres Faszinosum als die vermeintliche Perfektion der Computer.
Martin Breutigam
Die Vulkanasche aus Island hat auch die Pläne des Schachweltmeisters durchkreuzt. Eigentlich wollte Viswanathan Anand bereits eine Woche vor seinem WM-Kampf gegen Wesselin Topalow in Sofia eintreffen, samt Ehefrau Aruna und Sekundanten. Wegen des internationalen Flugverbots mussten sie jedoch einige Tage in Frankfurt am Main ausharren, bevor sie einen Kleinbus mieteten und sich auf den 2.000 Kilometer langen Weg machten. Schließlich, nach ungezählten Schlaglöchern und 40 Stunden Fahrt quer durch Europa, erreichten der Inder und die Seinen die bulgarische Hauptstadt.
Einen relativ weiten Weg hatte auch Anands in der Bildstellung auf dem Feld g4 befindlicher Springer hinter sich: g1-f3-e5-g4-e3-g4. Alles Teil eines tiefgründigen Plans! Wie erzwang Anand als Weißer in dieser vierten WM-Partie den Sieg?
Lösung: 1.Sxh6+!(Weil viele Figuren Topalows abseits stehen, ist sein König dem Angriff ausgeliefert.) 1…gxh6 2.Dxh6(Anands Leitmotiv ist nun 3.e5 gefolgt vom Turmschwenk Tc4-g4/h4.) 2…f6 3.e5! Lxg2(Oder 3…Dg7 4.Dxg7+ Kxg7 5.Lxc6 und gewinnt.) 4.exf6! Txd6(Schwarz ist in jedem Fall verloren, z. B. 4…Lf3 5.Dg6+ Kh8 6.Tc4 bzw. 4…Dh7 5.Dg5+ Kh8 6.Tc4.) 4.Txd6 Le4(Oder 4…Ld5 5.Dg6+ Kh8 6.Tc4! Lxc4 7.Td4!, Idee: 8.Th4 bzw. 7…Dxd4 8.Dg7 matt.) 5.Txe6 Sd3 6.Tc2 Dh7 7.f7+! Dxf7(Falls 7…Kxf7, so 8.Tf6+; bzw. 8…Txf7 9.Te8+.) 8.Txe4 Df5 9.Te7 1:0.
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