„Das bedeutet, dass der einzige Planet, den mein Vater mir in Transportreichweite übriggelassen hat, die Kolonie ist.“
Ich erkannte die Wut in Nials Stimme. Ich verspürte sie selbst. Der Primus hatte es uns unmöglich gemacht, unsere Gefährtin nach Hause zu bringen. Sie in die Kolonie zu bringen, würde gefährlich sein. Der gesamte Planet war mit verseuchten Kriegern bevölkert, denjenigen, die vom Hive gefasst und modifiziert worden waren, so wie Nial es war. Die Männer dort waren allesamt Ausgestoßene. Gefangen, gefoltert und dann vom eigenen Volk verstoßen, ausgesetzt und gezwungen, ihre Tage alleine und ohne Gefährtinnen auf einer anderen Welt zu verleben.
Ich blickte auf unsere Gefährtin, auf ihr wunderschönes Gesicht und die sanften Kurven, und ich wusste, dass sie wahrscheinlich das einzige weibliche Wesen auf dem gesamten Planeten sein würde. Ich wusste, noch bevor Nial sprach, welche Wahl er treffen würde. Als Jessicas primärer Gefährte hatte er die völlige Autorität in dieser Situation.
„Wir haben keine Wahl, Ander. Der Hive jagt hinter ihr her. Wir können nicht auf der Erde verweilen. Es ist für unsere Gefährtin nicht sicher hier.“ Nial blickte zu mir, und ich nickte und rollte meine Schultern zurück, bereit zum Kampf. Für alle Fälle.
„Die Kolonie ist womöglich nicht besser als hier.“ Wir brachten unsere Gefährtin in unbekanntes Terrain, mit nichts als unseren Fäusten bewaffnet. Wenn die Krieger, die in die Kolonie verbannt worden waren, verärgert oder rachsüchtig waren, oder Fremden gegenüber feindselig, dann könnten wir unsere Entscheidung rasch bereuen, unsere Gefährtin ihnen auszusetzen.
„Wenn notwendig, können wir ein Transportschiff stehlen und von dort aus zum Schlachtschiff Deston reisen.“ Er blickte auf Jessica hinunter, die anscheinend in seinen Armen eingeschlafen war. „Wenn wir hierbleiben, ist die Gefahr für unsere Gefährtin zehn Mal so groß. Der Hive wird weitere Späher aussenden, um nach ihr zu jagen, sobald sie erst das Peilsignal auf dem Schiff verlieren, das du zerstört hast. Beim nächsten Mal werden sie mehr als drei Späher schicken.“
„Ich stimme zu.“ Ich würde die Sicherheit meiner Gefährtin eher einem Haufen Prillon-Kriegern anvertrauen, die ausgestoßen worden waren, als einem endlosen Strom von hirnlosen Hive-Sklaven. Da bestand kein Zweifel.
Nial nickte Aufseherin Egara zu. „Schicken Sie uns in die Kolonie.“
Wir betraten die Transportplattform, und ich blickte auf die dunkle, schöne Frau zurück, die uns geholfen hatte, unsere Gefährtin zu retten. Ich hatte Sorge, dass wir sie schutzlos zurückließen. „Seien Sie vorsichtig, wenn wir fort sind. Der Hive könnte unsere Gefährtin zu Ihnen zurückverfolgen.“
„Ich habe keine Angst vor diesen Mistkerlen.“ Sie sah furchterregend aus, erfüllt von einem Zorn, den ich in ihr zuvor nicht gesehen hatte. Ich betrachtete sie mit frischen Augen, während sie unseren Bestimmungsort in das Bedienungselement vor sich eingab.
„Sie sind tapfer und ehrenhaft. Sie würden eine ausgezeichnete Braut abgeben.“ Ich kannte mehrere Krieger, denen ihr exotisch dunkles Haar und ihre warmen Augen gut gefallen würden.
„Das habe ich schon probiert. Ich passe.“ Ihr trauriges Lächeln war das Letzte, was ich sah, bevor die Energie des Transporters uns holte.
Jessica
Ich hatte den unglaublichsten Traum. Mein Bett war warm und bequem, eine Mischung aus weich und fest. Ich vergrub mein Gesicht in meinem Kissen, und der Geruch, der daraus aufstieg, ein dunkler, holziger Duft, brachte mich zum Lächeln. Eine Hand streichelte über meinen nackten Bauch, in langsamen, lockeren Kreisen. Es fühlte sich so gut an, dass ich meinte, ich würde schmelzen, und ein zufriedenes Seufzen kam mir über die Lippen.
„Ich werde ihre Untersuchung nicht beginnen, bevor sie wach ist.“
Ich erstarrte. Ich kannte diese Stimme. Es war Nials. Aber ein Fremder antwortete.
„Ich verstehe, Prinz, aber eine Verzögerung ist gefährlich. Die anderen können sie riechen.“
„Sie riecht nach Ander und mir. Unser Samen ist auf ihr.“
„Das ist belanglos, es reicht nicht aus. Sie riecht wie ein unbegattetes Weibchen, und sie trägt keinen Kragen.“
Diese Unterhaltung war beunruhigend, aber ich wollte noch nicht aufwachen. Ich wollte meine Augen nicht öffnen oder aus meinem zufriedenen Plätzchen hervorkommen. Und ich wollte nichts mit einer Untersuchung oder schwierigen Problemen zu tun haben. Ich wollte nicht aufwachen und mich einem Zimmer voller Männer stellen, die versuchen, mich zu riechen . Wen kümmerte es, wonach ich roch? Soweit ich wusste, roch ich nach Grüntee-Shampoo und Deo mit Lavendelduft, wie immer.
Die fremde Stimme fuhr fort: „In der Kolonie ist eine Frau ohne Gefährten etwas nie Dagewesenes, und die Krieger fordern eine Chance, um sie kämpfen zu dürfen.“
„Sie gehört uns“, dröhnte Nials Stimme und erschreckte mich. Ich riss die Augen auf und sah, dass ich gar nicht in einem Bett war, sondern in seinem Schoß. Ich starrte auf seine massive Brust, auf der ein graues T-Shirt sich eng über stramme Muskeln spannte. Das Gefühl, dass mein Kissen weich war, musste Teil des Traumes gewesen sein, denn Nial—und ich wusste, dass es Nials Schoß war, ohne sein Gesicht zu sehen, denn ich würde diesen Geruch überall erkennen—war rundum ein harter Mann. Überall, einschließlich des Schwanzes, der gegen meine Hüfte stupste.
„Sie ist wach. Sobald sie untersucht und für die Besitznahme-Zeremonie freigegeben ist, werden wir sie aus der Kolonie entfernen. Ich versichere Ihnen, Doktor, wir werden nicht verweilen. Sie wird vom Hive gejagt.“
Ander. Ich erkannte seine Stimme nun ebenso selbstverständlich wie Nials. Er war laut und barsch und direkt, und sehr, sehr geschickt mit seiner Zunge. Ich fragte mich, ob er alles mit der gleichen Intensität machte, mit der er mich oral beglückt hatte.
Nials Hand kam auf meinem Bauch zur Ruhe. Meinem nackten Bauch. Ich blickte nach unten und stellte fest, dass ich in eine weitere Decke gewickelt war, diesmal dunkelrot und nicht langweilig grau wie die im Abfertigungszentrum. Seine Hand war unter den Stoff gerutscht, um mich direkt zu berühren. Aufseherin Egara war nirgendwo zu sehen, aber ein Mann in einer grauen Uniform stand in der Nähe und starrte mich an, als wäre ich ein Alien. Ich kannte das Zimmer nicht, in dem wir uns befanden. Ich blinzelte und blickte um Anders große Gestalt herum, die ebenfalls in dunkles Grau gekleidet war, und mir wurde bewusst, dass wir uns überhaupt nicht mehr im Abfertigungszentrum befanden.
„Wo sind wir?“, fragte ich. Meine Stimme war kratzig, und ich räusperte mich.
Nial drückte mich sanft. „Wir sind auf der Kolonie, vierzehn Lichtjahre von der Erde entfernt.“
„Die Kolonie?“, fragte ich.
„Es ist ein Planet nahe der Erde. Die Koalitionskräfte schicken alle verseuchten und nicht mehr einsatzfähigen Krieger hierher, um den Rest ihrer Tage hier zu verleben.“
„Was meinst du mit verseucht?“
Sein Körper hatte sich unter mir angespannt, als er dieses Wort verwendet hatte, und ich wusste, dass es ihm aus irgendeinem Grund weh tat. Ich traute meinen Instinkten, und die schrien mich an, dass seine Reaktion von Bedeutung war.
„Die Krieger, die verseucht worden sind. So wie ich.“
Verwirrt starrte ich ihn an. „Für mich siehst du völlig in Ordnung aus. Hast du eine Krankheit oder sowas? Womit bist du verseucht worden? Strahlung?“
„Hive-Technologie.“ Er hob seine Hand und deutete auf die linke Seite seines Gesichts, das Silber in seinem Auge. „Ich habe mehr, es überzieht meinen Rücken und mein Bein.“
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