Ida Bindschedler - Die Turnachkinder im Sommer

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Die Turnachkinder im Sommer: краткое содержание, описание и аннотация

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Ein Klassiker der Schweizer Kinderliteratur und ein wunderschönes Sommerbuch: Das sorglose Aufwachsen der Turnachkinder und die Beschreibungen der unbeschwerten Sommertage am Zürichsee Mitte des 19. Jahrhunderts bezaubern noch heute junge Leser, auch wenn Pferdekutschen und eine Schar Bediensteter mittlerweile wohl kaum noch zum Familienalltag gehören. -

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Ida Bindschedler

Die Turnachkinder im Sommer

Saga

Die Turnachkinder im Sommer Coverbild/Illustration: Shutterstock Copyright © 1906, 2020 Ida Bindschedler und SAGA Egmont All rights reserved ISBN: 9788726583854

1. Ebook-Auflage, 2020

Format: EPUB 3.0

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit Zustimmung von SAGA Egmont gestattet.

SAGA Egmont www.saga-books.com und Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk

– a part of Egmont www.egmont.com

Aufs Land hinaus

Das frühe Morgenlicht schien in die kleine Stube, in der Hans schlief. Er träumte von einem Kampf im Schulhofe; aber wie es im Traume so geht, die Schulbuben verwandelten sich unversehens in wilde Krieger, die mit Schwertern aufeinander losgingen. Bum, bum –! wie das tönte, wenn sie auf die Schilder schlugen! . . . Hans fuhr in die Höhe und öffnete die Augen. Es dröhnte immer noch fort, ein ganz gewaltiges Hämmern und Klopfen. Nein, das waren gar nicht Schilde, auf die man schlug – das waren die Kisten, die man drunten zuhämmerte, und die Bettladen, die man auseinander klopfte! Heute war ja außer Weihnacht der allerschönste Tag des Jahres! Heut zog man aufs Land in die liebe Seeweid hinaus!

Hans sprang aus dem Bett zum Fenster.

«Hurra, Hurra!» schrie er in den Hof hinunter; der Hausknecht Ulrich mit dem Hammer in der Hand sah auf.

«Hurra, Hansel!» antwortete er. Und da ihm zu allem immer gleich ein Gesang einfiel, begann er mit seiner Baßstimme das Wanderlied zu singen:

«Kamerad, ich nehm’ den Stab zur Hand

Und sag’ dir heut ade . . .»

Nur hätte Ulrich eigentlich umgekehrt singen müssen; denn er blieb den Sommer über in der Stadt im Geschäft, wo er seine Arbeit hatte.

Als Hans angezogen war, sprang er die Treppe hinunter und auf eine Türe zu, an der er einen Augenblick horchte.

Die schlafen natürlich noch wie die Ratten, dachte er und legte die Hände als Trompete an den Mund:

«Tütütüh – tütütüh –!» blies er aus allen Kräften, und um sicher zu sein, daß sein Morgenruf gut gewirkt habe, machte er die Türe auf. Da lagen die beiden Schwestern, die fast neunjährige Marianne und das siebenjährige Lotti, unter ihren Decken am Boden. Die Bettstellen hatte Ulrich schon gestern abend herausgetragen, und die Kinder hatten bloß ihre Matratzen gehabt. Das war ein Vergnügen gewesen! Sie hatten lange mit dem kleinen Werner um die Bettstücke herumgetanzt und ihre Matratzen in diese und dann in jene Ecke gezogen, um zu sehen, wo es am schönsten zu schlafen sei, bis Sophie gekommen war und sie ein wenig gescholten hatte.

Jetzt sahen sie beide ganz verschlafen auf Hans.

«Ach du! Warum weckst du einen auf mit deinem dummen Tütütüh!» sagte Marianne und legte ihren Kopf mit den blonden, wirren Zöpfen wieder aufs Kissen.

«Das ist gar nicht dumm», erwiderte Hans. «Ihr solltet froh sein, daß ich euch wecke! Ihr denkt wohl gar nicht, was heute für ein Tag ist –?»

Aber Lotti hatte schon ihre Füße draußen und zog eilig die Strümpfe an.

«Marianne, Marianne! in der Nacht hab’ ich’s ganz vergessen! wir ziehen ja heut in die Seeweid hinaus –! Geschwind, Marianne! wir müssen unsere Puppen zur Reise richten!»

«Eure Puppen könnt ihr noch lange richten», sagte Hans. «Zuerst kommt etwas Wichtigeres: wir müssen den Abschiedsumzug halten; er wird sehr schön; ich hab’ mir’s gestern ausgedacht. In einer Viertelstunde solltet ihr im Hof sein.»

Die Schwestern klatschten in die Hände.

«Ja, ja, in einer Viertelstunde!»

«Den Werner laßt aber lieber noch schlafen», meinte Hans; «er hält uns nur auf.»

Doch kaum hatte Hans die Türe zugemacht, als der kleine Werner in seinem Bettchen, das man ihm gelassen, sich aufstellte und über das hohe Gitter hinausrief: «Auch aufstehen, auch aufstehen!»

«Ach, Werner, schlaf du noch ein wenig!» sagten Marianne und Lotti zugleich; denn sie waren so eilig.

Aber Werner wollte nicht mehr schlafen. Er versuchte, mit seinen dicken Beinchen über das Gitter weg zu klettern; da mußte Marianne doch hinzuspringen. Werner hätte fallen können. Und wie er sie nun um den Hals faßte, brachte sie ihn nicht mehr los; er war so ein herziger Bub und konnte so nett betteln. Weder Mama noch Sophie waren da, um zu helfen; so mußten denn Marianne und Lotti abwechselnd sich selbst anziehen und den kleinen Werner. Sie wuschen ihn auch, und er schrie gehörig, gerade wie alle Morgen bei Sophie; also hatten sie es recht gemacht.

Nun waren die drei fertig und suchten Hans im Hofe. Hans stand unter dem Vordach, wo in einer Ecke Moos und Tannenreiser lagen. Man hatte das vor acht Tagen gebraucht, um die Stubentüre zu bekränzen, als Papa von der Reise zurückgekommen war. Hans hatte ein paar lange Stäbe vor sich und war eifrig daran, sie mit dem Grün und mit roten Papierstreifen zu verzieren. – «Endlich!» sagte er, als die Mädchen unter der Hoftür erschienen. «Bei euch hat eine Viertelstunde scheint’s dreißig Minuten. Und den Werner bringt ihr auch mit –!»

Doch als der kleine Bub auf ihn zulief und bat: «Mir auch einen Stock geben – bitte, bitte!» da strich ihm der große Bruder über den Kopf und sagte freundlich: «Ja, ja, Werner bekommt einen Stock.» Und nun kam noch der Schnauzel, der Hund, auf Hans zu und wedelte stark mit dem Schwanz, als wollte er sagen: «Mir auch, mir auch!» – Da lachten die Kinder, und Marianne steckte dem Schnauzel einen grünen Zweig in das Halsband.

«Wenn der wüßte, daß er dableiben muß, wär’ er nicht so vergnügt», sagte sie.

Es war ein wenig ärgerlich, daß nun mitten in die Zurüstung hinein Sophie zum Frühstück rief. Aber in der Stube ging’s auch lustig zu, recht drunter und drüber. Fast alle Dinge waren schon eingepackt; Löffel fanden sich nur noch zwei, und Marianne und Lotti hatten zusammen ein Milchschüsselchen. Jedes trank immer einen Schluck; sie lachten und stießen sich, so daß die Milch fast verschüttet wurde. Hans machte dem Werner große Brocken, daß es aufspritzte, und erzählte, das seien Meerschiffe, die im Sturm versinken. Mama und das Kindermädchen Sophie gingen nur hie und da eilig durchs Zimmer und trugen Wäsche und Körbe hinaus. Solche Unordnung im Haus dünkte die Kinder wunderschön.

Aber nun ging es wieder in den Hof, wo der Abschiedsumzug geordnet wurde. Jedes der Kinder erhielt einen grünen Stab und steckte sich in den Gürtel, oder wo es anging, kleine Tannzweige. Hans stellte sich voran; hinter ihm kam Marianne, dann Lotti und Werner; der Schnauzel machte den Beschluß.

Erst schritt man dreimal im Hof herum; Hans sprach das Gedicht, das er gemacht hatte, und in das Marianne und Lotti bald auch einstimmten; nur der kleine Werner sagte alles verkehrt. Hansens Gedicht hieß:

Ade, ade, du altes Haus!

Nun geht es bald zum Tor hinaus.

Wir ziehn heut in die Seeweid ein;

Dort wird’s im Sommer herrlich sein.

Wir kommen wieder mit dem Schnee;

Du altes Haus, ade, ade!

Dann ging es die Treppe hinauf und vor Papas Büro. Sonst hatte es Papa nicht gern, wenn man so zu viert oder fünft kam; aber heute klopfte Hans frisch an und machte auf. Man mußte doch dem Büro Lebewohl sagen. Der Herr Oberauer und der Herr Frei saßen schon an ihrem Schreibpult und sahen erstaunt auf die grün geschmückte Schar. Papa kam aus der innern Stube:

«Was gibt’s denn jetzt?»

Da machten alle vier Kinder eine tiefe Verbeugung; nur der Schnauzel konnte das nicht. Papa lachte, und die Herren lachten mit.

«Papa, Papa», riefen Marianne und Lotti, «wir können ein Gedicht! Hans hat es selbst gemacht!»

Sie sagten alle miteinander das Abschiedslied auf, und da Werner immer mithelfen wollte und man ihn korrigieren mußte, entstand ein ganzer Tumult. Aber da nahm Papa die Türe in die Hand: «Schön, Hans, schön! doch jetzt macht, daß ihr weiterkommt!» Vom Büro ging’s hinauf in die Küche. Balbine, die Geschirr in einen Korb packte, fand Hansens Gedicht auch sehr hübsch; aber sie war froh, als die Kinder aus all den Tellern und Töpfen wieder draußen waren.

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