Aylin Duran - Wie zerplatzte Seifenblasen ...

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Durch Zufall treffen der unglückliche Musiker Ben, der drogenabhängige Cagney und die junge Lina, die im Gegensatz zu Ben und Cagney mit Luxusproblemen zu kämpfen hat, aufeinander. Obwohl sich Ben abgrenzen und nichts von seiner schmerzhaften Vergangenheit preisgeben möchte, kommt es, wie es kommen muss: Ben und Lina verlieben sich ineinander. Doch Cagney gefällt das ganz und gar nicht …

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Aylin Duran

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Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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© 2020 – Herszprung-Verlag

Mühlstraße 10, 88085 Langenargen

Alle Rechte vorbehalten.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.

Lektorat: Redaktions- und Literaturbüro MTM

ISBN: 978-3-96074-346-0 - Taschenbuch

ISBN: 978-3-96074-347-7 - E-Book

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Inhalt

Ben Ben Neun Monate zuvor Wie die Menschen über das Leben reden, ist lächerlich. Als könnten sie etwas entscheiden. Als könnten sie etwas ändern. Die Wahrheit aber ist: Das Leben ist unfair. Es macht uns kaputt, schubst uns herum. Es schlägt uns, schlägt uns so lange direkt ins Gesicht, bis wir die Kraft verlieren, uns wieder aufzurichten. So ist das Leben.

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Die Autorin

Buchtipp

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Ben

Neun Monate zuvor

Wie die Menschen über das Leben reden, ist lächerlich. Als könnten sie etwas entscheiden. Als könnten sie etwas ändern. Die Wahrheit aber ist: Das Leben ist unfair. Es macht uns kaputt, schubst uns herum. Es schlägt uns, schlägt uns so lange direkt ins Gesicht, bis wir die Kraft verlieren, uns wieder aufzurichten. So ist das Leben.

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Ben

Mai

Mein Kopf lehnte an der kühlen Scheibe, der Zug war in Bewegung und die Landschaft zog im Nebel an mir vorbei. Ich hörte die anderen Passagiere nicht, konzentrierte mich ausschließlich auf die Musik, die aus meinen Kopfhörern dröhnte. Der Sitz neben mir war frei, ich hatte meine Gitarre und meine Reisetaschen darauf platziert. Als Kind hatte ich Züge, Bahnhöfe und vor allem Flughäfen geliebt. Die Aufbruchsstimmung, die Unruhe – es hatte mir immer das Gefühl gegeben, nicht weit genug wegfahren zu können. Nicht genug Städte und Länder besichtigen zu können. Nicht genug Bekanntschaften machen und nicht genug fremde Orte entdecken zu können.

Dieses Gefühl ging verloren, als ich mein Zuhause verlor. Plötzlich war mein einziger Wunsch, wieder an einem Ort anzukommen, den ich ein Zuhause nennen konnte. Anzukommen.

Der Zug wurde allmählich langsamer und hielt schließlich an. Da ich nicht wusste, wo mein Ziel lag, blieb ich einfach sitzen. Wie immer würde ich auf die Endstation warten und schließlich in die Dunkelheit stolpern. Es war jeden Tag dasselbe. Aus den Augenwinkeln beobachtete ich, wie die Sitze sich leerten. Wenn ich Zug fuhr, überlegte ich mir immer, wie wohl das Leben und der Alltag der anderen Fahrgäste aussehen mochten. Zum Beispiel das Leben der jungen, gestresst wirkenden Mutter, die ihr Kind, ein kleines blondes Mädchen, hastig den Gang entlang zerrte. Sie hatte sich einige Unterlagen unter den Arm geklemmt, während der gesamten Zugfahrt hatte sie verzweifelt versucht, sie zu lesen. Doch das kleine Mädchen hatte sie mit ihrer Puppe abgelenkt. Nun sah ich den beiden beim Aussteigen zu.

Der Bahnsteig füllte sich. Ein einsam aussehender, älterer Mann mit Gehstock stieg ebenfalls aus dem Zug aus. Ich beobachtete aus dem Zugfenster, wie sich sein zittriger Griff um seine Einkaufstüte lockerte und die Tüte zu Boden fiel. Seine Einkäufe purzelten über den schmutzigen Gehsteig. Zahnpasta, eine Packung Tomaten, Dosenmais. Das Gewürzgurkenglas zerbrach auf dem Steig, der Mann bückte sich umständlich, um alles aufzuheben und die Scherben zu beseitigen. Obwohl weitere Fahrgäste ausstiegen, half ihm niemand. Nur das kleine Mädchen lief sofort auf ihn zu, wurde dann aber gleich mahnend von seiner Mutter angesehen. Alle waren in Eile, keiner hatte Zeit. Ich fragte mich, ob der alte Mann allein lebte. Ich fragte mich auch, wo der gestresste Gesichtsausdruck der jungen Mutter herrührte.

Der Geschäftsmann, der telefonierend an den Gewürzgurken auf der Straße vorbeibalancierte, hatte bereits lichtes Haar und hielt seine Aktentasche umklammert, als würde er jeden Moment in Gefahr laufen, Opfer eines Überfalls zu werden. Während er den Bahnsteig hastig verließ, warf er den rauchenden Jugendlichen unter der Überdachung misstrauische Blicke zu. Der Zug begann, wieder zu beschleunigen, und bevor ich das Geschehen weiter verfolgen konnte, waren die Mutter, ihre blonde Tochter mit der Puppe, der wichtigtuerische Geschäftsmann, der alte Mann mit Gehstock und die rauchenden Jugendlichen aus meinem Sichtfeld verschwunden.

Die Beleuchtung im Abteil ging an, draußen dämmerte es auch bereits. Ich mochte die Dämmerung und noch mehr mochte ich die Nacht. Sie beruhigte mich. Zur Nachtzeit hatte ich nie das Gefühl, den Blicken der anderen Menschen ausweichen zu müssen. Ich fühlte mich nicht beobachtet. Ich schloss die Augen und dachte an den alten Mann. Ich fragte mich, ob er traurig war. Schließlich waren die meisten einsamen Menschen auch unglücklich. Die Lautsprecher quietschten und ich zog hastig die Kopfhörer aus meinen Ohren, um die Durchsage verstehen zu können, obwohl es mir eigentlich vollkommen egal war, eben weil mir egal war, wo und wann ich ankommen würde. Der Zug hatte zehn Minuten Verspätung.

Gerade wollte ich die Augen wieder schließen und in meine Traumwelt abdriften, um über das Leben anderer Menschen nachdenken zu können und nicht mit meinem eigenen konfrontiert werden zu müssen, da sah ich, dass mich ein Mädchen, das an der letzten Haltestelle frisch zugestiegen war, verstohlen musterte. Ohne direkten Blickkontakt herzustellen, registrierte ich ihre halblangen schwarzen Haare, die klaren blauen Augen und den glänzenden, silbernen Stecker in ihrem linken Nasenflügel. Die Füße, die in dreckigen, grauen Converse steckten, hatte sie auf ihrem Koffer abgelegt. In ihrem Schoß lag ein Buch und ich hätte nur zu gerne den Titel gelesen und mich gefragt, was für ein Mensch sie war und wo ihr Ziel lag. Stattdessen schloss ich meine Augen wieder und stellte mir vor, wie sie den Blick senkte, nach dem Buch in ihrem Schoß griff, durch die Seiten blätterte und schließlich zu lesen begann. Ich konnte nicht einschlafen, war zu aufgewühlt.

Als ich die Augen einige Zeit später wieder öffnete, nahm sie gerade einen Schluck von ihrem Coffee-to-go. Sie hatte beide Hände um den Pappbecher gelegt und sah erneut in meine Richtung, aber ich ignorierte sie. Ich konnte nicht sagen, ob sie hübsch war, ich wollte mich auch nicht mit dieser Frage beschäftigen. Ich starrte auf meine Füße, die in abgelaufenen Turnschuhen steckten. Es waren Schuhe, die meine Mutter schon vor Jahren aussortiert hätte. Schließlich merkte ich, wie sie den Kopf drehte, den Kaffee vor sich auf den Boden stellte und ihr Buch aufschlug. Da begann ich meinerseits, sie unauffällig zu beobachten. Während sie las, bildete sich eine kleine, süße Falte zwischen ihren Augenbrauen. Sie befeuchtete ihre Fingerspitze mit der Zunge, bevor sie die Seiten umblätterte. Ihre Fingernägel waren schwarz lackiert, schwarz wie ihre ungleichmäßig gelockten Haare. Sie hatte nur einen Koffer bei sich und ein graues Sweatshirt um den Griff geknotet, ansonsten konnte ich auf dem Sitz neben ihr nur ihre Handtasche ausmachen. Nun legte sie das Buch weg und sah mir direkt in die Augen. Ihre waren so blau, dass mich die Farbe beinahe irritierte. Unnatürlich, außergewöhnlich. Und irgendwie schön. Ich rechnete damit, dass sie etwas sagen würde, doch sie blieb stumm und lächelte nur scheu.

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