1 ...6 7 8 10 11 12 ...20
Studium als Voraussetzung für eine adäquate berufliche Karriere
Gerade in der heutigen Zeit gibt es allerdings auch viele Möglichkeiten, sich außerhalb von Universitäten und Hochschulen auf einen Beruf vorzubereiten. Fachschulen unterschiedlichster Ausrichtung bieten zum Teil exzellente Angebote. Diese stellen für junge Menschen, die einen schnellen Berufseinstieg und vor allem eine konsequent an einem engen praktischen Tätigkeitsfeld orientierte Vorbereitung suchen, eine wirkliche Alternative zum Studium dar.
Die Frage ist, ob durch diese Möglichkeiten ein Hochschulstudium weniger attraktiv, weniger notwendig oder gar überflüssig geworden ist. Die Antwort ist ein klares und eindeutiges Nein. Nein, ein Hochschulstudium hat nichts an seiner Notwendigkeit und nichts an seiner Attraktivität verloren. Zum – quantitativen – Beweis können sowohl die gestiegenen Bewerberzahlen an den deutschen Hochschulen als auch die gestiegenen Studierendenzahlen dienen. So wuchs die Zahl der Studierenden an den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften in Baden-Württemberg in den letzten fünf Jahren um rund 15 Prozent. Auch die übrigen zwei Hochschultypen in Baden-Württemberg, Universität und die Duale Hochschule, konnten Zuwächse verzeichnen (Aussage der Rektorenkonferenz der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften Baden-Württemberg). Die Anzahl der Bewerbungen hat sich im gleichen Zeitraum alleine an unserer Hochschule, der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU), mehr als verdoppelt.
Zum anderen können sehr wohl auch die zahlreichen Stellenanzeigen, in denen für anspruchsvollere Positionen oder Traineeprogramme ein Studienabschluss vorausgesetzt wird, als quantitativer Beweis für die Notwenigkeit eines Studiums herangezogen werden.
Zur Beweisführung in qualitativer Hinsicht bedarf es wohl keiner langen Erläuterungen. Der Hinweis auf die enorm gewachsenen Komplexitäten in technischer, ökonomischer, globaler, aber auch in sozialer und führungsmäßiger Hinsicht ist wohl ausreichend. Die Antwort auf diese enormen Anforderungen, deren Wachstum noch lange nicht erschöpft sein wird, kann doch nicht lauten: weniger akademisch fundierte Ausbildung. Im Gegenteil: Ein Mehr ist nötig. Die weitere deutliche Erhöhung der Studierendenquote muss deshalb eines der vorrangigen bildungspolitischen Ziele einer jeden Landes- und Bundesregierung sein. Dabei ist es wichtig – weil es sowohl aus humaner als auch aus ökonomischer Sicht notwendig ist –, dass bildungsfernere Schichten weit mehr als bisher die Chance erhalten, am gesamten Bildungssystem teilzunehmen – von den Vorschuleinrichtungen über die Grundschulen, die weiterführenden Schulen bis hin zu den unterschiedlichen Hochschultypen. Hier liegen Potenziale brach. Und es bedarf großer Aufklärungsarbeit und eines konsequenten Vorgehens, um dies zu ändern.
Zusammenfassend lässt sich festhalten: Ein erfolgreiches Studium ist zwar kein Garant für eine berufliche Karriere. Ohne ein Studium ist eine solche allerdings häufig von vornherein ausgeschlossen, weil es die formale Einstiegsvoraussetzung bildet. Darüber hinaus stellen wachsende Anforderungen in der Praxis auch wachsende Anforderungen an die Berufseinsteiger.
Studium als inhaltlicher Vorbereiter der Karriere
Eigentlich wichtiger als die im vorhergehenden Abschnitt angesprochenen formalen Voraussetzungen sollte ein Studium die inhaltlichen Voraussetzungen für ein erfolgreiches Berufsleben bilden. Dabei ist nicht gemeint, dass das Studium die praktischen Tätigkeiten vorwegnimmt. Es ist auch nicht gemeint, dass die Besonderheiten des jeweiligen Unternehmens zum Studieninhalt werden. Es ist auch nicht gemeint, dass Detailwissen (womöglich bis in die feinsten Verästelungen) wesentliche Lehrinhalte bilden.
Gemeint ist, dass ein Studium das Rüstzeug für die berufliche Tätigkeit vermittelt. Dies bedeutet nicht ein Hintanstellen, eine Kappung oder gar ein Verzicht auf theoretische Grundlagen. Ganz im Gegenteil: Theoretische Grundlagen sind eine unabdingbare Voraussetzung. Allerdings unter folgender Voraussetzung: Theorie darf (zumindest an einer Hochschule für Angewandte Wissenschaften, HAW) nicht Selbstzweck sein. Theorie muss Grundlagen und Zusammenhänge offenbaren. Theorie muss Horizonte weiten und Theorie muss in einem Zusammenhang mit praktischen Umsetzungen und Anwendungsmöglichkeiten stehen. Hier sind beide gefordert, der Lehrende und der Studierende. Je mehr dies bereits in den Lehrveranstaltungen gelingt, desto größer ist der Anreiz für die Studierenden, sich selbst (weitere) Anwendungs- und Einsatzmöglichkeiten für ganz konkrete praktische Vorgänge zu überlegen. Auf diese Weise kommen wir dem Grundsatz »Wir wollen Handlungskompetenzen erzeugen« einen großen Schritt näher.
Handlungskompetenz heißt dabei mitnichten, nur die ausführende Arbeit, also die sogenannte Sachkompetenz, im Auge zu haben. Handlungskompetenz bezieht ausdrücklich (und vielleicht sogar vorrangig) die Sozial- und Führungskompetenz mit ein. Wenn das Studium wirklich zur Basis einer beruflichen Karriere werden soll, müssen neben den funktionalen vor allem (und noch mehr als bisher) die extrafunktionalen Qualifikationen gefördert werden. Diese Forderung ist nicht neu und fast alle Bildungseinrichtungen – gerade auch die Hochschulen – beschwören dies. Die Umsetzung ist dagegen weniger flächendeckend und nachhaltig ausgeprägt.
Selbstverständlich müssen zum Beispiel die BWL-Absolventen einer HAW wissen, wie Volkswirtschaften und Unternehmen grundsätzlich funktionieren. Sie müssen wissen, welche Aufgaben die unterschiedlichen Bereiche haben, und sie müssen wissen, welche Instrumente und Methoden es gibt und wann sie wie einzusetzen sind. BWL-Absolventen müssen aber auch wissen, wie komplexe Systeme funktionieren und welche Steuerungsinstrumente es gibt. Sie müssen wissen, was »ganzheitlich« und »vernetzt« bedeutet und welch enormer Stellenwert Menschenkenntnis und Menschenführung zukommt. Sie müssen wissen, wie Mitarbeiter motiviert werden und wie man sie demotiviert.
Dabei müssen vor allem auch die nicht monetären Motivationsfaktoren Berücksichtigung finden. Es muss verinnerlicht werden, welche Macht die Information darstellt und wie sie nutzbringend eingesetzt und die Informationsflut bewältigt werden kann. Drastisch ist den Studierenden vor Augen zu führen, wohin eine schlechte, eine lückenhafte oder gar eine fehlende Information führen kann. (An praktischen Beispielen mangelt es hier nicht!)
Gerade auf dem Gebiete der extrafunktionalen Qualifikation hilft Auswendiglernen noch weniger weiter als auf anderen Gebieten. Verstärkt ist hier eigenes Interesse und Eigeninitiative gefragt.
Möglichkeiten, diese so wichtigen Qualifikationen, die man wohl auch als Schlüsselqualifikationen bezeichnen kann, zu erwerben und zu üben, gibt es zahlreiche. Für Studierende bietet sich in idealer Weise natürlich die Hochschule selbst an. In zahlreichen Curricula sind Fächer wie Rhetorik, Motivationstechniken, Kreativitätstechniken oder Konfliktmanagement bereits als verpflichtende Teile fest verankert. Gerade aber auch Zusatzveranstaltungen ergänzen hier das Angebot auf vielfältige und sinnvolle Weise. Zu nennen wären etwa das Studium generale und die Angebote der unterschiedlichen studentischen Vereinigungen.
Gerade an unserer Hochschule, der HfWU, gibt es zwei Einrichtungen, die sich der Vermittlung dieser so bedeutenden Schlüsselfunktionen in ganz besonderer Weise widmen. Zum einen ist dies die Deutsche Management-Gesellschaft (DMG), und hier insbesondere ihr studentischer Arbeitskreis. Dieser Arbeitskreis erfüllt zwei wichtige Aufgaben gleichzeitig. Er bietet auf der einen Seite interessante Veranstaltungen zum stets aktuellen und sich wohl nie erschöpfenden Thema »Management«. Insbesondere ist hier die Weiterbildung zum »DMG Junior Manager« zu erwähnen. Dort werden all die Inhalte fächerübergreifend vermittelt, die gerade in einem Bachelorstudium schon wegen der bestehenden Restriktionen (zeitliche, prüfungstechnische usw.) gar nicht oder nicht in der notwendigen Tiefe angeboten werden können. Zum anderen bietet der studentische Arbeitskreis der DMG die kaum zu überschätzende Möglichkeit, praktische Erfahrungen zu sammeln, Erfahrungen in der Entwicklung, in der Umsetzung und im Controlling. Dazu werden Seminarprogramme oder Einzelveranstaltungen angeboten. »Praktisches Tun auf relativ gesichertem Boden, mit überschaubaren Risiken, mit Hilfestellungen von Experten und mit vertretbarem Zeitaufwand«, könnte hier das Motto sein. Unter einem solchen zeitlichen Einsatz leidet das Studium nicht. Ganz im Gegenteil, es erfährt eine sinnvolle und wertvolle Ergänzung in beruflicher, aber auch in persönlicher Hinsicht.
Читать дальше