Wenn Unternehmenskultur und Bildungskonzeption nicht miteinander in Resonanz sind, dann verschwenden Sie womöglich wertvolle Ressourcen, und das ist schade und unnötig. Die Bildungskonzepte, die Sie für sich und Ihre Mitarbeitenden stricken, gestalten den lebendigen Körper Ihrer Unternehmenskultur – sie wird zum Treibstoff. Wissen, Können, Möglichkeiten-Wachstum füllen den Tank und wirken wie ein Perpetuum mobile der gemeinsamen Weiterentwicklung. Ein stimmiges Blended-Learning-Konzept – die bewusste Verschränkung von Präsenz- und E-Learning-Elementen – beschleunigt die Lernprozesse in den Unternehmen. Eine Information gelangt rasend schnell in die Köpfe und Herzen der Menschen.
Blicken Sie also beim Thema interne Weiterbildung über den Tellerrand der Personalabteilung hinaus. Die Verantwortlichen für die Entwicklung des Unternehmens sollten auch die Verantwortung für die Trainings bzw. die Weiterbildung übernehmen. Das wertvollste und wichtigste Gut des Unternehmens sind seine Mitarbeitenden und Führungskräfte. Sie gilt es mit Wissen, neuen Ideen und Impulsen voranzubringen. Dafür brauchen Unternehmen gestandene Persönlichkeiten, die das entsprechende Wissen, die gewünschten Impulse, Kenntnisse und Fähigkeiten mitbringen und in der Lage sind, verschiedene Aufgaben zu erfüllen: Sie müssen ermöglichen, aufzeigen und lehren.
Es geht dabei auch immer um die großen Fragen und Antworten, die von den Verantwortlichen gesucht, erkannt, erfasst und besprochen werden. Das setzt eine tiefe Kenntnis der Inhalte voraus, die in der Personalabteilung nicht immer vorhanden ist. Das Team in dieser Abteilung wird vermutlich innerhalb des eigenen Kompetenzlevels nach Trainern und Formaten suchen, am liebsten nach etwas, was es bereits kennt. Das könnte der gewünschten Weiterentwicklung zuwiderlaufen. Eine kreative Gestaltung des Anliegens selbst bleibt aus – das kann die Personalabteilung auch nicht leisten, denn hier geht es nicht um Events, sondern um Trainingskunst. Hier braucht es den Blick nach außen, und so wie bei New-Work-Konzepten komplett anders gedacht wird, sollte es auch bei New Training sein.
Mit einer gehörigen Portion Mut im Gepäck können Sie neue Wege gehen und für Ihre Mitarbeitenden und Führungskräfte in puncto Weiterbildung neue Horizonte erschließen.
Wir brauchen Persönlichkeiten als Trainer
Der klassische Trainer hat ausgedient. Punkt. Früher ging es in den Trainings vor allem um Wissensvermittlung, doch heute ist so gut wie jede Information auch im weltweiten Netz auffindbar. Das bedeutet: Nicht nur die Menschen in den Unternehmen brauchen neue Fähigkeiten, neue Verhaltensmuster und neue Einstellungen, auch die eingekauften Trainer und Speaker müssen sich weiterentwickeln oder gar neu erfinden.
Als Kernkompetenzen der Zukunft gelten die vier Ks: Kreativität, kritisches Denken, Kommunikationsfähigkeit und Kooperationsbereitschaft. Dazu treten Charaktereigenschaften wie Achtsamkeit, Mut, Belastbarkeit, ethisches Bewusstsein und Führungsstärke. Am wichtigsten wird laut Yuval Noah Harari die Fähigkeit werden, mit Veränderung umzugehen, neue Dinge zu lernen und in unvertrauten Situationen das seelische Gleichgewicht zu wahren. »Wollen wir mit der Welt des Jahres 2050 Schritt halten, müssen wir nicht nur neue Ideen und Produkte erfinden – wir müssen vor allem uns selbst immer wieder neu erfinden.« 7
Das Wissen wird interdisziplinär und wir können uns, unter anderem durch entsprechende Trainings- und Coachingkonzepte, auch in puncto Selbstreflexion und persönlicher Weiterentwicklung verbessern. Damit rückt die Lernende wieder mehr in den Mittelpunkt. Der Trainer ist dadurch nicht überflüssig, ganz im Gegenteil. Er wird gebraucht, um Lernsettings zu ermöglichen, in denen Menschen Neues erfahren, damit sie sich und andere und das Thema (des Trainings) neu betrachten können. Für all das brauchen wir keine Standardtrainings mehr und – natürlich – auch keine Standardtrainer. Wir brauchen Persönlichkeiten, die in den Präsenztrainings faszinieren und die einen gewissen Aufruhr ins Leben, ins Thema und in die Arbeitswelt der Lernenden bringen. Trainerinnen und Trainer werden zu Lernbegleitern, Impulsgebern, Bildungsmanagerinnen, Inhaltsaufbereitern, Lernzieldefinierern und Inhaltsdosierern, die uns mit den digitalen Tools weiterbringen. Wir brauchen Raumhalter, Vorleberinnen, Rollenmodelle, Weise, Heilerinnen, Revolutionäre, Leuchttürme …
Für vieles, was wir zukünftig lernen sollen / wollen / müssen, brauchen wir wahre Expertinnen, Menschen, die das verkörpern, was wir erreichen wollen, und uns genau das lehren können. Und: Eine echte Trainerpersönlichkeit bringt das Thema – und nur das – zum Leuchten. Sie verfügt über die innere Größe, sich selbst zurückzunehmen, um das Thema zu inszenieren und ihm einen entsprechend großen Raum und Rahmen zu geben.
Wir brauchen Befruchtungsmomente
Kennen Sie den »Ruf«? Auch »the Call«genannt? Da ruft uns etwas, da mahnt etwas, da kommt eine Stimme von innen oder außen, die uns klar macht: Jetzt wird es anders, ich will / muss etwas tun. Solche Weckrufe können auch Trainings sein – Trainings, in denen etwas passiert, in denen wir mit uns, einem Thema, einem Anliegen konfrontiert werden, das uns tief bewegt.
Jedes Training – fast jedes – sollte mit einem beeindruckenden, berührenden und eindrucksvollen Moment starten. Dann wissen alle: Hier wird es anders. Die Erwartungen an ein langweiliges Standardseminar werden also von Anfang an bewusst nicht erfüllt.
Wenn ich Trainings designe, dann steht immer die Frage nach dem geistigen Befruchtungsmoment im Vordergrund: Wo macht es »klick« im Kopf der Teilnehmenden? Wie erreiche ich die Ebene der Einstellung, wie berühre ich Menschen in ihrem inneren Wertesystem oder Erleben so, dass sie innehalten und das, was sie kennen, neu betrachten? Das ist mein Fokus. Denn wenn die »Einsicht« erst da ist, ist der Rest ein leichtes Tun. Die weiteren Schritte im Seminardesign reihen sich automatisch aneinander wie die Perlen einer Kette.
Trainings – sofern dieser Begriff noch ansatzweise für das passt, worüber wie hier nachdenken – sind Momente, in denen Menschen zusammenkommen, um gemeinsam etwas zu erleben und zu erfahren. Die Mahnung ohne den erhobenen Zeigefinger: Das ist ein Gedanke, der zu dieser neuen Art von Veranstaltungen unbedingt gehört.
Diese Mahnung – oder leichte Erschütterung – hat eine starke Wirkung, denn sie fragt nach dem WARUM:
WARUMwir besser miteinander kommunizieren sollen
WARUMwir bessere Führungskräfte werden sollen
WARUMwir uns im Team besser arrangieren sollen
Es gibt viele WARUMsfür Themen, sie sind im Grunde doch das oberste Ziel von Trainings- und Bildungsmaßnahmen.
Aber kommen wir noch einmal zurück zum eingangs erwähnten »Ruf.« Dieser Begriff gehört zum Konzept der Heldenreise, das Joseph Campbell, ein amerikanischer Mythologieforscher, entwickelt hat. Ein Ruf, ob er nun von außen oder von innen kommt, geht oft einher mit Schwierigkeiten, einer Krise, einem Aufbegehren, einer Vision oder dem Wunsch, dass etwas ganz anders wird. Unfreiheit, Not und ähnliche Erlebnisse und Situationen befördern diesen Ruf noch mehr.
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