1Gemkow, Aus dem Leben einer rheinischen Familie, S.511
2Gemkow, Aus dem Leben einer rheinischen Familie, S.511
3Gemkow, Edgar von Westphalen, S. 405
4Gemkow, Aus dem Leben einer rheinischen Familie, S.510
5Gemkow, Aus dem Leben einer rheinischen Familie, S.511
6Monz, Politische Anschauung und gesellschaftliche Stellung von Ludwig von Westphalen, S.25
7Gemkow, Edgar von Westphalen, S.407
8Schütrumpf, Jenny Marx, S.12
9Gemkow, Edgar von Westphalen, S.409
10Monz, Politische Anschauung und gesellschaftliche Stellung von Johann Ludwig von Westphalen, S.26/27
11Monz, Politische Anschauung und gesellschaftliche Stellung von Johann Ludwig von Westphalen, S.27
12Monz, Politische Anschauung und gesellschaftliche Stellung von Johann Ludwig von Westphalen, S.27
13Monz, Politische Anschauung und gesellschaftliche Stellung von Johann Ludwig von Westphalen, S.28
14Monz, Politische Anschauung und gesellschaftliche Stellung von Johann Ludwig von Westphalen, S.28
15Monz, Politische Anschauung und gesellschaftliche Stellung von Johann Ludwig von Westphalen, S.30
16Krosigk, Jenny Marx, S.28
17Monz, Politische Anschauung und gesellschaftliche Stellung von Johann Ludwig von Westphalen, S.30
18Monz, Politische Anschauung und gesellschaftliche Stellung von Johann Ludwig von Westphalen, S.31
19Monz, Politische Anschauung und gesellschaftliche Stellung von Johann Ludwig von Westphalen, S.32
20Monz, Politische Anschauung und gesellschaftliche Stellung von Johann Ludwig von Westphalen, S.32
21Monz, Politische Anschauung und gesellschaftliche Stellung von Johann Ludwig von Westphalen, S.33
22Monz, Politische Anschauung und gesellschaftliche Stellung von Johann Ludwig von Westphalen, S.33
23Monz, Politische Anschauung und gesellschaftliche Stellung von Johann Ludwig von Westphalen, S.34
24Monz, Politische Anschauung und gesellschaftliche Stellung von Johann Ludwig von Westphalen, S.34
25Gemkow, Aus dem Leben einer rheinischen Familie, S.512
26Monz, Politische Anschauung und gesellschaftliche Stellung von Johann Ludwig von Westphalen, S.35
Erste Erfahrungen mit dem Obrigkeitsstaat
Die Jahre 1832 bis 1835
Die 17-jährige Jenny hakte das Abenteuer Ver- und Entlobung ab, ärgerte sich höchstens über das Gerede der Verwandtschaft und der Leute in der Stadt. Aber auch das ging vorbei.
Zu ihrem 18. Geburtstag überraschte der Vater sie mit „100 Rtr [Reichstaler] zur Reise nach Paris oder in die Schweiz.“ 1Ein schönes Geschenk für die junge Dame. Allerdings gibt es keinen Hinweis, ob und wann die Reise stattfand.
Die junge Baronesse wurde auf die traditionelle Rolle der Hausherrin vorbereitet, wobei das Nähen ihre liebste praktische Tätigkeit wurde. Es blieb ihr nebenbei noch genügend Zeit sich weiterzubilden und mit dem Vater, Edgar und Karl über die sozialen und politischen Missstände zu debattieren, Reformen einzufordern und einen Funken Aufruhr auf deutschem Territorium zu ersehnen. Für einen kurzen Augenblick glomm Hoffnung auf Veränderung auf. Vom 27. bis zum 30. Mai 1832 trafen sich 30.000 Bürger/innen auf dem Hambacher Schloss in der Pfalz; Liberale und Demokraten, unter ihnen zahlreiche Vertreter der 1819 durch die Karlsbader Beschlüsse verbotenen Burschenschaften. Zum ersten Male erschallte in der deutschen Öffentlichkeit der Ruf nach Demokratie und Versammlungs-, Meinungs- und Pressefreiheit. Redner wie Johann Georg August Wirth, Philipp Jakob Siebenpfeiffer und Ludwig Börne plädierten für die Souveränität des Volkes und die nationale Einheit in bundesstaatlicher Form. Ob Monarchie oder Republik als Staatsform sollte das Volk entscheiden. Derartige Forderungen mussten von der Obrigkeit unterbunden werden. Die Wortführer wurden vehement verfolgt und im Bundestag ein Verbot politischer Vereine und öffentlicher Kundgebungen beschlossen. Das Hambacher Fest sollte eine Episode bleiben. Allerdings waren die Herrschenden vorgewarnt und wurden immer nervöser, auch in Trier. Johann Hugo Wyttenbach, Direktor des Gymnasiums zu Trier, wurde unter staatliche Aufsicht gestellt und systemkritische Lehrer wurden observiert. Das führte zu erregten Debatten und Unmut unter einigen der Eleven dieser Anstalt, zu denen Karl Marx und Edgar von Westphalen gehörten, und auch Jenny nahm regen Anteil.
1834 traf der Arm des Staates erstmals unmittelbar das häusliche Umfeld von Jenny und Karl, nunmehr 20 und 16 Jahre alt. Karls Vater war in den Verdacht geraten, kein staatstreuer Untertan zu sein. Am 12. Januar hatte der Justizrat anlässlich eines Festes zu Ehren der vier Abgeordneten der Stadt Trier und Umgebung nach ihrer Rückkehr vom vierten rheinischen Provinziallandtag in einer Rede verkündet: „Ein Gefühl vereinigt uns zu dieser Feierlichkeit. Ein Gefühl beseelet in diesem Augenblicke die ehrenwerthen Bürger dieser Stadt: das Gefühl der Dankbarkeit für ihre Stellvertreter, von denen sie die Ueberzeugung haben, dass sie mit Wort und Tat, und Eifer und Muth, für Wahrheit und Recht gekämpft. Doch bevor wir dem Ergusse dieses Gefühls uns ganz überlassen, erfüllen wir eine ebenso angenehme als heilige Bürgerpflicht, indem wir unseren innigsten Dank, unsere heißesten Wünsche unserem gütigen Monarchen bringen, dessen Hochherzigkeit wir die erste Institution einer Volksvertretung verdanken. In der Fülle der Allgewalt hat er aus freiem Willen Ständeversammlungen angeordnet, damit die Wahrheit zu den Stufen seines Thrones gelange. Und wohin möchte die Wahrheit gelangen, wenn nicht dort?“ 2Trotz gebührender Lobpreisung des obersten Herrn in Berlin missfielen diese in der „Kölnischen Zeitung“ am 23. Januar 1834 veröffentlichten Worte. Carl Albert Christoph Heinrich von Kamptz, als preußischer Justizminister auch mit der obersten Leitung der Justizangelegenheiten in der Rheinprovinz befasst, schaltete sich ein und forderte Strenge; denn dieser Herr, seit dem Wartburgfest 1817 und nach einer Auseinandersetzung mit „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn der „Liberalen-Fresser“ genannt, war mit der Justiz im Rheinland nicht uneingeschränkt zufrieden. Die Polizei und die Richter kamen nach seiner Ansicht ihrer Pflicht zwar überwiegend korrekt nach, aber man führe „die Bewachung und Untersuchung gegen die wegen politischer Umtriebe verdächtigen Personen mit größter Leichtigkeit durch. Vielen werde die Flucht ermöglicht.“ 3Untersuchungsgefangene, so der Justizminister, hätten größte Freiheiten; in der Stadt Trier lasse man sie sogar in der Öffentlichkeit promenieren und Steckbriefe würden nur im Amtsblatt und nicht in den Zeitungen im benachbarten Ausland bekanntgemacht. Den Beschuldigten werde geglaubt, ohne den Wahrheitsgehalt zu ermitteln. Kurz: man verkenne, dass politische Verbrechen für Staat und Gesellschaft gleich gefährlich seien wie „private“ Verbrechen und infolgedessen genauso rigoros zu ahnden seien. Jedes Verfahren und jeder Richter werde in Zukunft überprüft, um zu verhindern, dass Richter zu nachsichtig mit politischen Angeklagten, Holzdieben und anderen Rechtsbrechern verfuhren, weil sie bei der Urteilssprechung die Gründe für die Vergehen berücksichtigten – und diese fand mancher Richter in Unterdrückung und Elend. Und in der Tat wurden zu milde Urteile vom Revisions- und Kassationshof in Berlin kassiert 4
Der Herr Justizminister war nach dem Fest im Casino im Januar 1834 auch voller Empörung darüber, dass „die Stadt Trier … das erste Beispiel gegeben (hat), dass die durch Subskription zusammengebrachten Mittagsgesellschaften von Privatpersonen sich herausgenommen haben, Verhandlungen einer von des Königs Majestät und nur allerhöchst demselben verantwortlichen Versammlung, ja selbst die Grundsätze und Abstimmungen und das Benehmen einzelner Mitglieder in ebenso unkundiger als unbefugter Weise zu beleuchten und tadeln. Schon halten die große Mehrzahl von Landtagsdeputierten sich nicht für deutsche landständische Landtagsdeputierte, sondern für Repräsentanten des Volkes und werden von dem Publikum in diesem Wahn bestärkt, wenn sie, wie in England, in Tavernen über ihre Verdienste auf dem Landtag, über die Gefahren und Pläne, welche dem Landtag gedroht, und durch sie abgewandt wurden, Reden empfangen und halten und von Gästen die Bürgerkrone erhalten.“ 5Ein derartiges Verhalten konnte nicht geduldet werden. Advokat Heinrich Marx wurde zwar nicht namentlich genannt, da er nur einer von mehreren Rednern vor 160 Versammelten war. Aber sein Mut, mit dem er offen seine bürgerlichen Ansichten kundtat, wurde registriert und sein Name auf die Liste der Verdächtigen gesetzt. Die Lage spitzte sich zwölf Tage später zu. „Er. Hochgeboren halte ich mich für verpflichtet von einem höchst bedauerlichen Vorfalle Anzeige zu machen, welcher sich am Abend des 25 d. Mts. bei Gelegenheit einer zur Feier des Stiftungstages des hiesigen literarischen Casinos, in dem Lokale desselben gegebenen Abendtafel kurz(er) maßen zutrug. Eine Anzahl Mitglieder des Casinos, unter denen namentlich die Herren … Marx, Justizrath, … waren, sammelten sich an dem entgegengesetzten Ende des Tisches und stimmten unter Musikbegleitung zuerst Lieder unschuldiger Natur, als „Denkst du daran“ und dergleichen mehr an. Hierauf begannen einige von ihnen das bekannte „Was ist des Deutschen Vaterland?“ zu singen, welches jedoch bei den ersten Versen durch Zischen unterbrochen wurde, wogegen die Marseillaise, welche nun folgte, eine desto günstigere Aufnahme fand. Dieser Gesang steigerte sich unter wilden Schlägen auf den Tischen bis zur Exaltation, und ganz besonders nahm das Toben bei denjenigen Stellen überhand, aus welchen der revolutionäre Geist entflammt“ 6, denunzierte Freiherr von der Horst neben anderen Bürgern auch Heinrich Marx beim Grafen zu Dohna, dem interimistischen Kommandeur der 16ten Division. Der Gipfel der Unverfrorenheit war, dass, so von der Horst, „die Marseillaise und die Parisienne … wohl mehrmals gesungen (wurden) und ein trikolorenes Tuch, den Gefallenen der Julirevolution gewidmet, geküsst worden sei.“ 7Ein solch´ provokantes Verhalten musste Konsequenzen haben.
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