Michael K. Iwoleit & Michael Haitel (Hrsg.)
Michael K. Iwoleit & Michael Haitel (Hrsg.)
NOVA Science-Fiction
Ausgabe 30
NOVA ist ein Projekt des World Culture Hub:
www.worldculturehub.org
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© dieser Ausgabe: März 2021
p. machinery Michael Haitel
Titelbild & Innentitel: Helmut Wenske
Illustrationen: Gerd Frey, Christian Günther, Nummer 85, Victoria Sack, Christine Schlicht, Michael Wittmann
Layout & Umschlaggestaltung: global:epropaganda
Redaktion Storys: Michael K. Iwoleit, mkiwoleit@nova-sf.de
Redaktion Sekundär: Thomas A. Sieber, thomas.a.sieber@gmail.com
Lektorat: Michael K. Iwoleit, mkiwoleit@nova-sf.de
Korrektorat: Dirk Alt, Michael Haitel
Herstellung: Schaltungsdienst Lange oHG, Berlin
Verlag: p. machinery Michael Haitel
Norderweg 31, 25887 Winnert
www. p machinery.de
www.nova-sf.de
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www.twitter.com/novamagazin
ISSN: 1864 2829
ISBN der Printausgabe: 978 3 95765 233 1
ISBN dieses E-Books: 978 3 95765 862 3
Michael K. Iwoleit: Editorial
Als Ronald M. Hahn, Helmuth W. Mommers und ich im Sommer 2002 die erste Ausgabe von Nova vorbereiteten, besorgte Helmuth Titelbilder und fertigte mal so eben Coverentwürfe für die ersten sechs Ausgaben an. Ich erinnere mich noch an Ronalds Kommentar: »So lang halten wir das doch nie durch.« Die Skepsis war berechtigt. Jahrzehntelang war vergeblich versucht worden, in der deutschen SF-Szene eine regelmäßige Veröffentlichungsplattform für einheimische Kurzgeschichtenautoren zu etablieren, und niemanden hätte es gewundert, wenn Nova ebenso zügig Schiffbruch erlitten hätte wie zahlreiche vergleichbare Projekte zuvor. Dass es, trotz diverser Krisen, Verlags- und Redaktionswechsel, anders gekommen ist, hat wiederum niemanden so sehr gewundert wie uns selber und ist wohl nur der Hartnäckigkeit einer Kernmannschaft zu verdanken, die lange Jahre aus Ronald, Olaf G. Hilscher und meiner Wenigkeit bestand. Horst Pukallus war so freundlich, uns dafür, in seinem Statement in der vorliegenden Ausgabe, ein Lob der Sturheit auszusprechen. Die belebende Wirkung von Nova (und natürlich auch Exodus , von René Moreau nicht lang nach dem Erscheinen der ersten Nova -Ausgaben nach fast zwanzig Jahren Pause wiederbelebt) auf die deutsche SF-Szene und auf die Weiterentwicklung unserer besten Story-Autoren hat uns in unserer Hartnäckigkeit und unseren Glauben an den literarischen Wert der Kurzgeschichte nur bestärkt. Im aktuellen Redaktionsteam, das sich mit seiner reibungslosen, zügigen Zusammenarbeit bereits glänzend bewährt hat, bin ich der letzte verbliebene Mitbegründer, und obwohl es auch für mich Zeit wird, allmählich über eine Ablösung nachzudenken, werde ich dem Magazin sicher noch lang genug verbunden bleiben, um auf ein Drittel meines Lebens als Nova -Mitherausgeber zurückblicken zu können.
Traditionell betrachten wir jede zehnte Ausgabe als ein kleines Jubiläum, das wir mit der einen oder anderen Besonderheit feiern wollen, und so soll es auch diesmal sein. Neben Statements der drei Mitbegründer und treuer Weggefährten und Leser haben wir einige unsere Stammautoren gebeten, nicht nur Storys zu Themen beizusteuern, die ihnen im Moment besonders auf den Nägeln brennen, sondern unseren Lesern in kurzen Werkstattberichten einen Blick hinter die Kulissen zu ermöglichen und zu erklären, was sie zu ihren Geschichten motiviert hat. Durch Vermittlung von Andreas Irle und dank großzügiger Unterstützung der Familie von Jack Vance und dem Team der Vance-Publikationsplattform Spatterlight Press sind wir außerdem in der Lage, in unserer Gaststory-Rubrik in deutscher Neuübersetzung eine klassische Kurzgeschichte von Jack Vance zu präsentieren, einem der großen Kultautoren der Science-Fiction.
Michael K. Iwoleit
Dezember 2020
Autonome Roboter, seit Ewigkeiten ein Lieblingsthema der Science-Fiction, sind auch in unserem Alltag kein ganz unvertrauter Anblick mehr. Die kleinen Staubsaugerknechte, die bereits in vielen Haushalten herumwuseln und die Stubentiger irritieren, dürften erst der Anfang sein. Wissenschaftler und Futuristen versprechen sich viel von einem Sprung auf eine höhere Ebene durch Schwarmbildung. Aus dem mehr oder weniger dumpf agierenden Individuum wird, durch Vernetzung und Interaktion, eine Kollektivintelligenz. Wie die folgende kleine Geschichte zeigt, können dabei, insbesondere wenn sich ein unerschrockener Exzentriker der Möglichkeiten annimmt, auch ganz neue Querverbindungen zwischen Kunst und Wissenschaft entstehen. – Karsten Kruschel, sicher einer der führenden zeitgenössischen deutschsprachigen SF-Autoren, ist unseren Lesern vermutlich noch durch seine brillante Steampunk-Story »Teufels Obliegenheiten« in Nova 20 in bester Erinnerung. Wir freuen uns, dass er auch in dieser Jubiläumsausgabe wieder mit von der Partie ist.
Karsten Kruschel: Dreckdrohnen und die Mathematik Mozarts
»Das sieht ja furchtbar aus«, sagte Frau Dorfmüller und zog rasch den Kopf weg, als der nächste Klumpen einer undefinierbaren Substanz an die Wand klatschte. Er rutschte langsam nach unten weg und sah dabei aus, als müsse er intensiv stinken.
Tat er aber nicht. Es handelte sich um schlichten Lehm.
»Glück gehabt«, sagte Göran Lundberg, der seiner fast einen Meter kleineren Chefin die Tür einen Spaltbreit offen hielt, damit sie das Desaster besser sehen konnte.
»Ich will ihn nicht stören«, meinte sie. »Er wird immer so wütend, wenn man ihn stört. Vor allem, wenn er einen seiner kreativen Schübe hat wie diesen hier.«
Beide – der groß gewachsene schwedische Gastassistent und die zierliche Chefin der musiktheoretischen Abteilung – schauten dem massigen Mann zu, der in der Mitte eines großen Klassenzimmers um ein merkwürdiges Objekt herumhüpfte. Bei dem Mann, dessen Ohren von großen Kopfhörermuscheln verdeckt waren, handelte es sich um Artigas Fessenheim, seines Zeichens Professor für Objektkunst hier im Hause und mehr oder weniger unantastbar, weil er eben diesem Haus mit seiner Kunst eine Menge Geld einbrachte.
»Dreck!«, rief er und schleuderte irgendetwas Längliches hinter sich. Es flog in hohem Bogen durch die Luft und schlidderte an die gegenüberliegende Wand. Auf seinem Weg dorthin begegnete es beschriebenen Notizzetteln, leeren Getränkedosen und spiralig aufgerollten Metallspänen.
»Wiederverwertung!«, rief Fessenheim nun und warf ein Stück Gartenschlauch in eine andere Ecke. Dann drang er mit einem Meißel auf das vor ihm aufragende Ding ein, das aussah wie ein Zwitter aus einem mittelschweren Verkehrsunfall und einem dramatisch aus dem Ruder gelaufenen Versuch, den hässlichsten Riesenkaktus der Welt zu erschaffen. Ein weiteres Kunstwerk des Professors, work-in-progress .
Ségolène Dorfmüller stieß einen tiefen Seufzer aus. Sie hielt die monumentalen Objekte, die ihr Kollege während seiner schöpferischen Anfälle hervorbrachte, persönlich und insgeheim für völlig wertlos, einfach wirre Haufen aus Müll, die nichts weiter bedeuteten als eben Müll. Aber auf dem internationalen Kunstmarkt, der ihr völlig fremd war, brachte jeder einzelne Artigas Fessenheim größere siebenstellige Beträge. Von dem Anteil, den das Haus von diesen Beträgen abbekam, wurde weit mehr refinanziert als Fessenheims Professur.
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