Keine Zeit, kein Raum
Nichts bestimmt die „Welt“, die wir tagtäglich erfahren, so sehr wie Raum und Zeit. Unser Leben wird, während wir den Alterungsprozess (Computerzyklus) durchlaufen, durch die verstrichene Zeit definiert. Was, so spät ist es schon? Die Zeit ist gekommen. Ich habe keine Zeit. Jeder „Tag“ im Leben eines Menschen wird von der Zeit beherrscht, definiert und begrenzt. Da kommt es einer Offenbarung gleich zu erkennen, dass es Zeit gar nicht gibt: Als Produkt des Decodierungsprozesses existiert sie nur im menschlichen Verstand. Die Illusion der Zeit entsteht, weil die vom Gehirn decodierten Bilder in einer Weise erzeugt werden, dass jedes Bild auf das vorangegangene zu folgen scheint. Der Prozess ähnelt dem vom Film bekannten Vorgang, bei dem unbewegte Einzelbilder in schneller Folge den Projektor passieren, sodass der Eindruck einer Bewegung entsteht. In jeder Sekunde wählt unser Gehirn aus etwa elf Millionen Sinneseindrücken bzw. Momentaufnahmen 40 aus, um daraus die von uns erlebte Wirklichkeit zu konstruieren. Ginge es stattdessen darum, die Informationen einfach zu einer Sequenz anzuordnen, wäre das ein Kinderspiel.
Auch beim Zustandekommen der Zeitillusion heißt der entscheidende Faktor einmal mehr „Wahrnehmung“. Wie wir „Zeit“ erleben, hängt zudem von unserer geistigen und emotionalen Verfassung ab. „Zeit“ ist relativ – der Beobachter bzw. Decodierer sowie dessen Wahrnehmungen beeinflussen, wie sie erlebt wird. Als Albert Einstein einmal seine Relativitätstheorie erklärte, sagte er: „Verbringt man eine Stunde mit einem hübschen Mädchen, dann meint man, es sei eine Sekunde vergangen. Sitzt man jedoch eine Sekunde auf einem heißen Ofen, erscheint es einem wie eine Stunde. Das ist Relativität.“ Der angesehene theoretische Physiker Werner Karl Heisenberg (1901–1976), der der Quantenmechanik den Weg ebnete, hat erklärt: „Die Bahn [eines Elektrons] entsteht erst in dem Moment, in dem wir es beobachten.“ (In dem wir es decodieren.) Es gibt Hirnschädigungen, die bewirken, dass die betroffenen Personen nur Standbilder sehen. Statt des Tees, der sich aus der Kanne in die Tasse ergießt, sehen sie nur eine Abfolge unbewegter Bilder. Das zeigt, dass selbst Bewegung ein Konstrukt ist, das im Gehirn aus wellenförmigen bzw. elektrischen Informationen generiert wird. Andere sehen in großer Entfernung ein Auto, doch im nächsten Augenblick befindet es sich schon unmittelbar vor ihnen – übergangslos.
Zeit gibt es nicht, nur das JETZT: einen unendlich ausgedehnten „Moment“, in dem alle Existenz inbegriffen ist. Vorstellungen von Vergangenheit und Zukunft sind in der Tat nur das: Vorstellungen. Wo befinden Sie sich, wenn Sie an die Vergangenheit denken? Im JETZT. Und wenn Sie über die Zukunft nachsinnen? Ebenfalls im JETZT. Nur das JETZT existiert; sowohl die Vergangenheit als auch die Zukunft erleben wir im JETZT. Das kann auch gar nicht anders sein, gibt es doch einzig und allein das JETZT. Was wir als Zeitfluss aus der Vergangenheit über die Gegenwart in die Zukunft erleben, ist eine Folge sich verändernder Wahrnehmungen und Konstrukte innerhalb desselben JETZT. Folglich gibt es auch keine Zeitreisen, sondern lediglich scheinbare „Reisen“ der Wahrnehmung, die sich alle im selben JETZT abspielen. Auf einer DVD ist der gesamte Film im selben JETZT codiert; doch wenn wir ihn anschauen, erleben wir die Abfolge der verschiedenen Szenen als ein Voranschreiten in der Zeit. Der Teil, den wir bereits gesehen haben, entspricht der Vergangenheit, der verbleibende Teil der Zukunft. Doch sämtliche Szenen sind auf demselben Medium gespeichert – im selben JETZT. Jemand, der eine frühere Szene nach Ihnen schaut, befindet sich gewissermaßen in Ihrer Vergangenheit; doch er tut das in demselben JETZT, in dem Sie eine spätere Szene ansehen (Abb. 59).
Abb. 59: Der gesamte Film – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – im selben JETZT.
Die Analogie mit der DVD stimmt auch insofern, als die auf dem Datenträger gespeicherten Informationen nur vermittels einer bestimmten Technik ausgelesen und in Bilder und Klänge umgewandelt (decodiert) werden können. Nichts anderes geschieht, wenn das quantencomputerartige, wellenförmige Universum vom Gehirn / Verstand decodiert wird. Wissenschaftliche, die Quantenebene betreffende Experimente haben ergeben, dass sich die „Vergangenheit“ von der Gegenwart aus beeinflussen und verändern lässt. Das klingt unglaublich – jedoch nur so lange, bis man versteht, dass die von uns wahrgenommenen Bereiche Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft allesamt im selben JETZT angesiedelt sind. Bei der Gegenwart, die die Vergangenheit zu beeinflussen scheint, handelt es sich demnach in Wirklichkeit um das JETZT, das auf das JETZT einwirkt.
Tag und Nacht sind Wandlungen im JETZT, die in decodierter Form eine Abfolge von Ereignissen zu bilden scheinen, die wir als Tag bzw. Nacht bezeichnen. Hier haben wir es mit einer weiteren kollektiven Illusion zu tun, die in der Struktur des kosmischen Internet codiert ist. Der die „Zeit“ vermessende Kalender ist eine manipulative Schöpfung der römischen Kirche; Uhren sind von Menschen erschaffen worden, nicht von der nichtexistenten Zeit. Die Illusion der Uhr-Zeit funktioniert wie folgt:
Zeit existiert nicht, Uhren existieren. Zeit ist nur ein Konstrukt, auf das wir uns geeinigt haben. Wir haben Entfernungen genommen (eine Umdrehung der Sonne), in Abschnitte unterteilt und den Abschnitten Namen gegeben. Zwar hat das auch seinen Nutzen, doch sind wir darauf programmiert worden, unser Leben an diesem Konstrukt auszurichten, als wäre es real. Wir haben unser gemeinsames Konstrukt mit etwas Realem verwechselt und sind dadurch zu dessen Sklaven geworden.
Wie wir noch sehen werden, folgt das alles einem Plan. Der Irrsinn der künstlichen „Zeit“ hat bewirkt, dass Heute und Gestern durch eine unsichtbare Linie voneinander abgegrenzt werden, die wir die „internationale Datumsgrenze“ nennen (Abb. 60).
Abb. 60: Eine unsichtbare Linie im Ozean führt dich ins Gestern oder ins Morgen.
Streckenweise verläuft sie noch nicht einmal geradlinig. Forschungen am Londoner University College haben ergeben, dass sich bei Profisportlern beiderlei Geschlechts – etwa im Tennis oder beim Baseball – die Wahrnehmung von Geschwindigkeit (Zeit) verändert, wenn sie hochkonzentriert auf den nächsten Aufschlag bzw. Wurf warten. In diesem Zustand verarbeiten sie visuelle Informationen schneller, sodass die Zeit für sie langsamer zu vergehen scheint als für das Publikum auf der Tribüne. Wie hat er diesen Ball bloß abfangen können? Wie konnte sie so eine Angabe parieren? Die Antwort lautet: Indem die Spieler die „Zeit“ unbewusst verlangsamten und die Realität anders wahrnahmen. Große Fußballer scheinen mehr „Zeit“ als andere zu haben, sagt man – den Grund dafür haben wir eben kennengelernt. Für Außenstehende vergeht die „Zeit“ gemäß ihrem eigenen Decodierungsvorgang; doch in der Wahrnehmung des Spielers verlaufen die Ereignisse langsamer. Im Film „Matrix“ ist dieser Effekt in der Szene dargestellt, in der Neo den Kugeln ausweicht, die auf ihn abgefeuert werden (Abb. 61).
Abb. 61: Illusionäre Zeit im Film „Matrix“: Neo weicht den Kugeln aus.
Als Torwart habe ich während eines Spiels einmal erlebt, wie sich die Zeit so weit verlangsamte, dass sie fast stehen blieb. Damals hatte ich keinen blassen Schimmer, was geschehen war. Das verstand ich erst Jahre später, als mir die wahre Natur der Realität aufzugehen begann. Ein Spieler trat den Ball mit solcher Wucht, dass ich ihn eigentlich unmöglich hätte aufhalten können – und er nahm direkt Kurs aufs obere linke Eck. Doch von dem Augenblick an, als er den Ball schoss, verlief für mich alles wie in maximaler Zeitlupe. Noch immer kann ich den Ball vor mir sehen, wie er ganz langsam zu meiner Linken in die Höhe steigt, während ich mich ihm entgegenstrecke. Schließlich werfe ich mich – immer noch in Zeitlupe – dem Ball entgegen und kann ihn im letzten Moment ablenken, kurz bevor er den Schnittpunkt von Torpfosten und Querlatte erreicht. Während der gesamten verlangsamten Sequenz herrschte völlige Stille, die erst endete, als meine Hand den Ball berührte. Augenblicklich stellten sich sowohl die normale Geschwindigkeit als auch die Geräusche wieder ein. Es war die beste Parade meines Lebens. Doch ich lag am Boden und dachte nur: Was ist gerade passiert? Hatte ich einen dieser unerklärlichen, mysteriösen Vorfälle erlebt, von denen man immer wieder hört? Keineswegs! Mein Verstand hatte die Realität lediglich vorübergehend anders decodiert. Das war alles.
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