Hans-Christian Kirsch
Route 66
Auf der Straße der Träume von Chicago nach L.A.
FUEGO
– Über dieses Buch –
Hans-Christian Kirsch erzählt hier Geschichten von dem legendären Highway, wie sie in klassischen Reiseführern nicht vor kommen – mit jeder Menge Details und Infos über diese legendäre Straße. Dabei geht der Autor auf das Land, die Leute, ihre Sitten und Bräuche ein. Er schildert kuriose und spannende Dinge welche sich immer auf die Route 66 beziehen. Er berichtet über die Städte, die an der Route 66 liegen. Er schildert historische Begebenheiten - von der Zeit Al Capones in Chicago, über die indianische Vergangenheit in Oklahoma, über das Leben des Folk-Sängers Woodie Guthrie. Das Buch beinhaltet viele Zitate und Auszüge aus anderen Werken und bietet eine gute Grundlage für weitere Recherchen. Eine etwas andere Art Reisebericht, das, was in den neuesten Reiseführern nicht steht, lesenswert und spannend.
Eine unterhaltsame Anregung für eine gedankliche Traumreise, aber natürlich auch unentbehrlich zur Vorbereitung auf die große Tour.
»Wir suchen im Schriftsteller den Freund, mit dem wir Intimes austauschen. Wir wünschen ihn, mehr als in ausgerundeten Romanen und gestellten Kulissen, in Tagebüchern und Briefen über seinem mystischen Eigentum anzutreffen und dort Signale mit ihm zu tauschen, in denen er sich, wir uns, endgültig und vorbehaltlos zu erkennen geben. Das ist hilfreich. Das führt uns in brüderlicher Vereinigung durch die Gewalten der Gegenwart...«
Werner Helwig
»Alle reden von ›community‹. In einer Zeit, in der das Wehgeschrei über den Verfall der Werte und traditionellen Bindungen groß ist, hat die Gemeinde Konjunktur. (...) Es war der Barbershop , der Kleiderladen, das Schmuckgeschäft, das Kino, wo das wahre Amerika wohnte. Der Ort, wo sich alle noch mit dem Namen grüßten, war die Mainstreet. Der Dichter Sinclair Lewis hat ihr in seinem gleichnamigen, 1920 erschienenen Roman ein literarisches Denkmal gesetzt. Die US 66 nannte man auch deshalb die ›Mainstreet of America‹, weil sie durch das Herz des Landes führte und dabei Hunderte kleiner Ortschaften und deren Hauptstraßen berührte.«
Bernd Polster und Phil Patton,
Highway — Amerikas endloser Traum
Hallo Petra, Carol, Gaby, Barbara und noch einmal Barbara; hallo Rita, Maria, Antje, Beatrix, Dagmar, Ingrid, Marietta, Regina, Sandra, Irmi, Martina, abermals Petra und Regine. Hallo Rolf, Rainer, Franz, Martin, Hanspeter, Jürgen, Bernd, Frank, Alexander, Joachim, Arne (wie geht’s dem Armreif, der dich heilen sollte?). He, Volker (was macht die Wetterfahne aus Santa Fe?). Ein Hallo auch dir, Bernd-Friedrich, Sheriff mit dem einen PS. Wo steckt ihr alle in the best of all possible worlds? Wie Heinrich Heine sagte:
»Eine große Landstraß’ ist unsere Erd’,
Wir Menschen sind Passagiere;
Man rennet und jaget, zu Fuß und zu Pferd,
Wie Läufer oder Kuriere.
Man fährt vorüber, man nicket, man grüßt
Mit dem Taschentuch aus der Karosse;
Man hätte sich gerne geherzt und geküßt,
Doch jagen von hinnen die Rosse.«
Ab und zu bekommt man eine Karte aus San Francisco, Bombay, Berkeley oder Hongkong. Dies ist eine Welt der Reisenden! Keine Angst, nachdem ich euch (hoffentlich alle) begrüßt habe, werde ich euch nie mehr erwähnen. Nicht all die Happy Hours mit Whiskey, Gin Tonic und kalifornischem Wein, nicht die durchtanzten Nächte – wo war das noch gleich ...? In Amarillo oder in Santa Fe? Nicht die im Grand Canyon beinahe nötig gewordene Rettungsaktion mit der amerikanischen Bergwacht! Guess for whom? Nicht die gewonnenen und verspielten Dollarsummen in Las Vegas. Nicht die Einkaufsorgien in Santa Fe und L.A. Also, es war und ist so: Ich bin mit 31 Frauen und Männern von Chicago über St. Louis, Tulsa, Santa Fe, Las Vegas auf der Route 66 nach Los Angeles gefahren. Eine wunderbare Reise! Für jeden von uns. Aber viel zu kurz. Hin und wieder habe ich auf dieser Reise Geschichten erzählt. Von jener Straße, auf der wir fuhren, wie sie entstand, unterging und als Legende wieder auferstand; von Städten und Landschaften, von weißen Rednecks, Schwarzen, eigentlich Afroamericans (»Neger« zu sagen verbietet die Political Correctness ), Mejicanos und Indianern (nicht doch: American Natives heißt das!), von der Musik auf und an dieser Straße, Jazz und Country, von ihren Reisenden, von den Büchern, die unter dem Himmel über ihr und an ihrem Straßenrand geschrieben worden sind, von den Menschen, die hier und dort neben ihr Wurzeln schlugen, von all den verrückten Bars, Hotels, Tipis, Restaurants, Spelunken, in denen man einkehren kann. Von den Getränken und Speisen, die einem vorgesetzt werden. »Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei!« Das gilt diesmal nicht für mich. Denn jetzt trete ich diese Reise noch einmal an, in der Phantasie. Ich hole noch einmal Atem, ich beginne noch einmal zu erzählen. Denn es gibt noch viel mehr Geschichten, und es könnte ja sein, es verlangte euch danach, noch einmal diesem unwiderstehlichen amerikanischen Verlangen zu folgen, nach Westen zu reisen, immer weiter nach Westen, bis es nicht mehr weiter geht, weil da das Meer ist, die wilde Brandung des Pazifik und die Nebel, mit denen sie L.A. einhüllt ...
American Memories
»Und ich warte auf eine Wiedergeburt des Wunders.
Und ich warte darauf, dass jemand wirklich Amerika entdeckt und klagt.
Und ich warte auf die Entdeckung einer neuen Western Frontier.
Und ich warte, dass der amerikanische Adler seine Flügel ausbreitet und wirklich fliegt ...«
Lawrence Ferlinghetti, I am waiting
Etwas nüchterner lässt sich das, was den Leser in diesem Buch erwartet, etwa so umschreiben: eine Sammlung von Geschichte(n) zum kulturellen Hintergrund der Route 66 - zum Teil in literarischer Form. Das, was in den neuesten Reiseführern nicht steht, was Touristen oft entgeht. Ich werde von dem berichten, was mir an diesem Stück Land gefällt, durch das die Route 66 führt, welche Gedanken ich mir dazu machte, während wir reisten; was ich hier und dort erlebt, entdeckt, gehört, gesehen, geträumt, gelesen und gekritzelt habe.
Zu solchen Entdeckungen lade ich ein.
Das Touristenbüro teilt mir mit, in Chicago seien erfunden worden: die Rollerskates (1884), die Stahlskelett-Bauweise für Hochhäuser – also Wolkenkratzer (1885), das erste Gebäude dieser Art war neun Stockwerke hoch! –, der Fensterbriefumschlag (1902), die Farbsprühdose (späte 40er Jahre), das erste McDonalds-Restaurant (1955). Auch so etwas charakterisiert eine Stadt. Aber nun etwas ernsthafter:
Man hat Chicago eine Stadt genannt, die sein musste. Das bezieht sich auf ihre günstige Lage zwischen der Prärie, den Großen Seen und dem Chicago River. Hier sammelte sich am Ende der Eiszeit genügend Gletscherschutt, um eine Wasserscheide zwischen dem System der Großen Seen, dem St. Lorenz-Strom und dem Mississippi zu schaffen. Chicago entstand an einer Route vom Lake Erie in Kanada zum Mississippi, die schon die Indianer benutzten, noch ehe die Weißen kamen. Der Frankokanadier Louis Joliet und Pater Jacques Marquette, die 1673 den sogenannten Chicago- Portage überquerten, erkannten die Möglichkeit, an diesem zentralen Punkt Transportwege kreuzen zu lassen. Und dann kam der Trapper Jean Baptiste Point DuSable, ein Mann afro-kanadisch-französischer Abstammung, und gründete hier den ersten Handelsposten. 1833 zählte die kleine Siedlung am Chicago River gerade 300 Einwohner, und von diesem Jahr an hieß sie dann Chicago. Sie wurde rasch zum Verbindungspunkt zwischen den landwirtschaftlich erschlossenen Gebieten des »Wilden Westens« und dem zivilisierten, bereits weiter entwickelten Osten. Durch einen Kanal, der 1848 entstand, gab es nun einen inländischen Wasserweg zwischen dem Nordatlantik und dem Golf von Mexiko. Nach den Kanalbauern kamen in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts Streckenbauarbeiter in das kleine Dorf an der Grenze, das damals nur ein paar Hundert Einwohner zählte. Der alte Kanal, der nicht viel mehr war als ein breiter Graben, wurde 1900 durch einen breiteren und tieferen ersetzt.
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