Ernst Bromeis
JEDER TROPFEN ZÄHLT
Schwimmen für das Recht auf Wasser
Für die nach Leben Dürstenden
Der Autor und der Verlag bedanken sich für
die großzügige Unterstützung bei
Elisabeth Jenny-Stiftung
Erste Auflage Herbst 2016
Alle Rechte vorbehalten
Copyright ©2016 by rüffer & rub Sachbuchverlag GmbH, Zürich
info@ruefferundrub.ch | www.ruefferundrub.ch
Schrift: Filo Pro
E-Book: Clara Cendrós
ISBN 978-3-906304-06-9
ISBN e-book: 978-3-906304-13-7
Vorwort [von Anne Rüffer]
Prolog
»Sie sind naiv!« – Der Beginn einer Passion
Kein blaues Blut, aber ein »Blaues Wunder«
»Wäre ich Beckenschwimmer gewesen, gäbe es mich als Expeditionsschwimmer nicht«
Weshalb braucht Wasser unseren Schutz?
»Niemand hat auf deine Projekte gewartet, Ernst«
Vom Süßwasser ins Meer – Die Expeditionen
Il miracul blau – Grischun 2008
Le miracle bleu – Suisse 2010
Das blaue Wunder – Rhein 2012
Het blauwe wonder – Rijn 2014
Il miracolo blu – Milano 2015
Des Botschafters Doppelmoral
Der Traum vom Weltwasserzentrum
Verändern wir die Welt
Epilog
Anhang
Anmerkungen
Bildnachweis
Dank
Biografie Autor
Vorwort
2. Dezember 2015, Genf. Im voll besetzten »Auditorium Ivan Pictet« hat sich ein hochrangiges Publikum versammelt, um die aktuellen Preisträger des Alternativen Nobelpreises zu ehren. Selten stimmt die Adresse eines Ortes so unmissverständlich mit den Inhalten der Veranstaltung überein wie an diesem Abend: »Maison de la Paix«. Deutschlands Umweltministerin Barbara Hendriks und UN-Generaldirektor Michael Møller eröffnen den Anlass, der unter dem Titel steht: »On the Frontlines and in the Courtrooms: Forging Human Security.«
In der darauf folgenden Diskussion der vier Preisträger von 2015 fällt auf einmal die Aussage, die mich elektrisiert: »Die UN wurde nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet, um nachfolgende Generationen vor der Geisel des Kriegs zu bewahren. Seither hat es über 170 Konflikte gegeben – und ihr habt die Möglichkeit einer Abschaffung von Kriegen nie diskutiert? Come on, guys, das ist doch unglaublich!« Verlegenes Gelächter und ungläubiges Staunen im Publikum, doch Dr. Gino Strada, Gründer der internationalen Hilfsorganisation »Emergency« weiß nur zu gut, wovon er spricht: Seit den frühen 1990er-Jahren baut er Kliniken in Kriegsregionen und kümmert sich um die zivilen Opfer – 10 % sind Kämpfer der verschiedenen Kriegsparteien, 90 % Zivilisten. Er beendete sein Statement mit der Feststellung: »Nennt mich ruhig einen Utopisten, denn alles ist eine Utopie, bis jemand seine Idee in die Tat umsetzt.«
Einer der wohl meistzitierten Sätze der letzten Jahrzehnte lautet: »I have a dream.« Nicht nur Martin Luther King hatte einen Traum – viele Menschen träumen von einer gerechteren Welt für alle. Und es sind einige darunter – mehr als wir wissen und noch lange nicht genug –, die ihren Traum mit Engagement, Herz und Verstand realisieren. Es sind Pioniere in ihren Bereichen, man mag sie – wie Gino Strada, Martin Luther King, Mutter Teresa oder Jody Williams – durchaus Utopisten nennen. Doch: Jede große Errungenschaft begann mit einer Idee, einer Hoffnung, einer Vision.
Den Funken einer Idee, einer Hoffnung, einer Vision weiterzutragen und damit ein Feuer des persönlichen Engagements zu entzünden, das ist die Absicht, die wir mit unserer neuen Reihe – wir nennen sie »rüffer&rub visionär« – verfolgen. Im Mittelpunkt steht die persönliche Auseinandersetzung der Autoren mit ihrem jeweiligen Thema. In packenden Worten berichten sie, wie sie auf die wissenschaftliche, kulturelle oder gesellschaftliche Frage aufmerksam geworden sind und was sie dazu veranlasste, sich der Suche nach fundierten Antworten und nachhaltigen Lösungen zu verpflichten. Es sind engagierte Texte, die darlegen, was es heißt, eine persönliche Verpflichtung zu entwickeln und zu leben. Ob es sich um politische, gesellschaftliche, wissenschaftliche oder spirituelle Visionen handelt – allen Autoren gemeinsam ist die Sehnsucht nach einer besseren Welt und die Bereitschaft, sich mit aller Kraft dafür zu engagieren.
So vielfältig ihre Themen und Aktivitäten auch sein mögen – ihr Handeln geschieht aus der tiefen Überzeugung, dass eine bessere Zukunft auf einem gesunden Planeten für alle möglich ist. Und: Wir sind davon überzeugt, dass jeder von uns durch eigenes Handeln ein Teil der Lösung werden kann.
Anne Rüffer, Verlegerin
Prolog
Es ist regnerisch draußen. – Die Glocken läuten. – Trauerglocken. – Jemand ist gestorben und wird heute Nachmittag beerdigt. Die Trauergemeinde kommt nochmals zusammen, um seinem Leben zu gedenken. – Die Glocken verstummen.
Es wird für kurze Zeit ganz still, und dann ertönt auf der Orgel das Eingangsspiel. Man hat Raum, in der nächsten Stunde sich an die gemeinsame Zeit mit dem Verstorbenen zu erinnern und das eigene Leben zu reflektieren. Ab einem gewissen Alter wissen wir alle von unserer Endlichkeit, von dieser begrenzten Zeit auf Erden, die uns alle verbindet. In den Kirchenbänken sitzend, lässt sich darüber nachdenken, ob das eigene Leben wie ein Fluss an einem vorbeizieht oder ob man selbst auf dem Lebensfluss ist und seinen Weg prägt.
Während der Abdankung wird der Lebenslauf verlesen, es werden die wichtigsten Stationen des Verstorbenen erwähnt. Erinnerungen und Bilder füllen den Raum: die Geburt, die Kindheit und Jugend, Beziehungen, eventuell war der Verstorbene verheiratet, hatte Kinder und Enkelkinder. Die Pfarrerin fasst die berufliche Laufbahn zusammen, erzählt von Hobbys und womöglich auch die eine oder andere Anekdote aus dem Leben des Verstorbenen.
Vielleicht kommen im Lebenslauf auch seine Träume vor – wahrscheinlich aber eher nicht. Denn wer erzählt schon öffentlich von seinen Bedürfnissen und seinen Lebensträumen. Unsere tiefsten Sehnsüchte können wir oft schon vor uns selbst nicht aussprechen, geschweige denn anderen davon erzählen.
Womöglich kennen nicht einmal unsere Partner und engsten Freunde die Orte, die wir in unserem Leben besuchen, und die Taten, die wir realisieren wollten. Unsere westliche, nüchterne Gesellschaft bekundet oft Mühe mit Träumen und Sehnsüchten. Beide sind irrational und diffus, haben mit Gefühlen zu tun. Sie gehören nicht in die Erwachsenenwelt, in eine kalkulierende Gesellschaft. Künstlerinnen und Künstler haben das Privileg, ihre Träume zu leben. Der Rest muss funktionieren und das Tagträumen lassen. Es wäre einigen in den Sitzbänken peinlich, wenn an der Abdankung die Wünsche des Verstorbenen nach Freiheit, Selbstbestimmung oder Abenteuer zur Sprache kämen. Trauergefühle ja, Träume und Sehnsüchte nein.
Ich schreibe diese Zeilen einen Steinwurf entfernt von der St. Johann Kirche in Davos Platz. Das Büro meiner Firma »Das blaue Wunder« liegt auf Ohrenhöhe der Kirchenglocken, deren Klang mich regelmäßig erreicht: Trauerklänge, Hochzeitsklänge, Taufklänge, Weihnachtsklänge, Silvesterklänge und Neujahrsklänge. Die Klänge erinnern mich von Zeit zu Zeit daran, wie die Zeit, meine Lebenszeit, verfließt.
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