Praktische Theologie im reformierten Kontext
herausgegeben von Albrecht Grözinger, Gerrit Immink, Ralph Kunz,Andreas Marti, Christoph Morgenthaler, Félix Moser, Isabelle Noth, David Plüss und Thomas Schlag.
Band 5 – 2013
Die Reihe »Praktische Theologie im reformierten Kontext« versammelt Arbeiten aus der praktisch-theologischen Forschung, die in der konfessionellen Kultur der Reformierten verankert sind. er reformierte Kontext ist einerseits Gegenstand empirischer Wahrnehmung und kritischer Reflexion und andererseits das orientierende Erbe, aus dem Impulse für die zukünftige Gestaltung der religiösen Lebenspraxis gewonnen werden. Er bildet den Hintergrund der kirchlichen Handlungsfelder, prägt aber auch gesellschaftliche Dimensionen und individuelle Ausprägungen der Religionspraxis.
Luca Baschera
Die reformierte Liturgik August Ebrards (1818–1888)
Entstehung, Gestalt und heutige Relevanz
Theologischer Verlag Zürich
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.d-nb.deabrufbar.
Umschlaggestaltung: Simone Ackermann, Zürich, unter Verwendung einer Fotografie von Andreas Hoffmann (Ausschnitt) aus der Serie »Krethi & Plethi. Christliches und Nachchristliches in Zürich«, 1999 © Evangelisch-reformierte Landeskirche des Kantons Zürich und Katholische Kirche im Kanton Zürich
ISBN 978-3-290-17675-4 (Buch)
ISBN 978-3-290-17732-4 (E-Book)
|XX| Seitenzahlen des E-Books verweisen auf die gedruckte Ausgabe.
© 2013 Theologischer Verlag Zürich
www.tvz-verlag.ch
Alle Rechte vorbehalten
Anya sine qua non
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Titelei
Inhaltsverzeichnis |7|
Vorwort |9|
Einleitung |11|
1 Ebrards Leben und Werk |15|
1. Biographische Skizze
2. Theologisches Profil
2 Ebrards liturgisches und liturgiewissenschaftliches Werk
1. »Versuch einer Liturgik vom Standpunkte der reformierten Kirche« (1843)
2. »Reformirtes Kirchenbuch« (1847)
3. »Vorlesungen über Praktische Theologie« (1854)
3 Ebrards Liturgik
1. Das Wesen des Gottesdienstes
2. Akteure und Elemente des Gottesdienstes
2.1 Die Akteure
2.2 Die Elemente
3. Kunst und Gottesdienst
4. Typologie des Gottesdienstes
4.1 Die verschiedenen Gottesdienstformen
4.2 Die Feier des Gottesdienstes: Allgemeine Regeln
4.3 Die »organische Weiterentwicklung« der reformierten Liturgie
4.4 Das Kirchenjahr und die Frage nach der Perikopenordnung
4.5 Predigtgottesdienst I: Der Sonntagsgottesdienst
4.6 Predigtgottesdienst II: Die Festgottesdienste
4.7 Der Abendmahlsgottesdienst
4.8 Die Gebetsgottesdienste
4.9 Einzelne liturgische Handlungen
4 Profil der Liturgik Ebrards
1. Reformierte Prägung
2. Der Gottesdienst als »metamorphotisches Handeln«
|8| 5 Die bleibende Bedeutung der Liturgik Ebrards
1. Die Relevanz eines formativen Liturgieverständnisses
2. Die Aktualität des Ideals einer »organischen Weiterentwicklung«
Anhang: Ebrards Abendmahlsformular
Ein neues Formular
I. Gebet
Chor (oder Gemeinde)
II. Der Pfarrer
Chor
Der Pfarrer
Chor
Gebet
Gemeinde
III. Der Pfarrer
IV. Gebet
Der Pfarrer
V. Austheilung (während eines Communionsliedes der Gemeinde)
VI. Gebet 672
Chor
Gebet
Gemeindegesang
Der Pfarrer
Bibliographie
1. Abgekürzt zitierte Quellen und Literatur
2. Quellen
3. Literatur
Fussnoten
Seitenverzeichnis
|9|
Die Behauptung, dass die Reformierten eigentlich keine Liturgie hätten und entsprechend wenig zur Liturgik beitragen könnten, ist zwar nicht neu, aber definitiv falsch. Natürlich sind »wir« im Vergleich mit der großen lutherischen Schwester- und der noch größeren römisch-katholischen »Mutter«-Kirche schon numerisch betrachtet eine Minderheit. Es erstaunt auch nicht, dass der Reflexionsbedarf der reformierten Liturgietradition mit ihrem starken Akzent auf dem schlanken Predigtgottesdienst weniger ausgeprägt ist als in Traditionen, die sich nach der Messe richten. Wo keine Perikopen sind, gibt es auch keinen Bedarf, Perikopenordnungen zu diskutieren oder zu revidieren, und wo man keine Agenden (mehr) kennt, ist es schwierig, eine gemeinsame Referenz zu erkennen.
Gleichwohl gibt es reformierte Liturgien und eine methodische Reflexion darüber, wie die Reformierten feiern, also eine reformierte Liturgik. Ersteres mag als eine Selbstverständlichkeit gelten. Wenn sich eine Gemeinde zum Gottesdienst versammelt, wird sie sich auch eine Ordnung geben oder wie Huldrych Zwingli dies programmatisch in seinem Entwurf einer Abendmahlsliturgie formulierte, ihre Aktion nach einem Brauch oder Ritus richten. Ich habe mich vor einigen Jahren eingehend mit der Liturgie und der Liturgik Zwinglis beschäftigt und den Begriff »Liturgik« etwas unvorsichtig verwendet. Denn die Reflexion der Riten, die man mit dem gräzisierenden Terminus belegt, ist noch nicht so alt. Die akademische Liturgik erwacht erst mit der Aufklärung zum Leben.
Dass auch die Reformierten von Anfang an diese akademische Liturgik pflegten, sollte eigentlich nicht erstaunen, aber man kennt die Exponenten nicht mehr. Das mag auch damit zu tun haben, dass dem Protestantismus mit Daniel Friedrich Ernst Schleiermacher gleichsam ein Gigant erstanden ist, der alle anderen (reformierten) Theologen des 19. Jahrhunderts in den Schatten stellte. Mit dem vorliegenden Band wird das Werk eines Pioniers gewürdigt, der zur zweiten Generation der Liturgiker im 19. Jahrhundert gehörte und den großen Lehrer kritisch rezipierte. August Ebrard verdient es, dass man ihn auch aus dem Schatten des Vergessens holt. Denn er hat, wie diese Studie zeigen wird, einen eigenständigen Zugang zur Materie des Gottesdienstes. Vor allem gelingt es ihm, seine Reflexion der Riten auf gottesdiensttheologisch zu begründen. Darum lohnt es sich, die Impulse, die sich in seiner Liturgik finden lassen, wieder aufzunehmen und weiterzudenken. Es dürfte – in einer anderen Studie – auch reizvoll sein, die Fortsetzung dieser gedanklichen Linien zu verfolgen und aufzuzeigen, wo sie sich verloren haben und wo sie wieder auftauchen.
Die vorliegende Untersuchung möchte ich auch deshalb gerne in einem größeren Zusammenhang sehen. Ich bin der Meinung, dass die Diskussion über die |10| angemessene Feiergestalt des Glaubens nicht nur als Disziplin zur akademischen Theologie gehört, sondern entscheidend zu ihrer Vitalität und Aktualität beiträgt. Dass wir eine eigenständige liturgische und liturgiewissenschaftliche Reflexion pflegen, ist darum mehr als notwendig. Der Gottesdienst der Kirche ist keine quantité négligeable, sondern Quelle und Grund ihres Lebens. Eine Theologie, die sich (noch) als »Funktion der Kirche« versteht, kann es deshalb nicht gleichgültig sein, ob und wie über aber auch vom Gottesdienst her theologisch gedacht wird. Wenn man in diesem großen Bogen denkt, ist es nun doch auffällig, dass die Reformierten im europäischen Kontext zur Gottesdiensttheologie in den letzten Jahren wenig Neues zu sagen wussten, während vor allem die amerikanische Diskussion seit einiger Zeit sehr lebhaft verlief. Auf solche »neuen« Entwürfe, die viel Anregungspotential haben, kommt auch Dr. Baschera in dieser Untersuchung zu sprechen. Es gelingt ihm damit, eine Brücke zwischen der alten und der neuen reformierten Liturgik zu schlagen. Man kann nun hoffen, dass der Funke springt!
Denn was könnten wir unserer Kirche Besseres wünschen, als eine Erneuerung ihrer Liturgie?
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