© Hubert Schirneck
Hubert Schirneckwurde 1962 in Gera geboren und schreibt Gedichte, Drehbücher und Erzählungen für Erwachsene und Kinder. Seine Werke wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Seit 2012 ist Hubert Schirneck Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland. Er lebt in Weimar.
Schirneck ist eine Mischung aus Loriot, Erich Kästner und Douglas Adams.
Mitteldeutscher Rundfunk
© Simon Povazan
Franziska Harveystudierte Grafik-Design mit den Schwerpunkten Illustration und Kalligrafie an der Fachhochschule Wiesbaden. Heute arbeitet sie als freie Illustratorin und hat bereits weit über 100 Bücher bebildert. Für den JUMBO Verlag hat sie u. a. die Reihe „Die Nordseedetektive“ illustriert. Franziska Harvey lebt in Frankfurt am Main.
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Alle Rechte vorbehalten
Text: Hubert Schirneck
Illustrationen: Franziska Harvey
Lektorat: Anna Katharina Feige
Grafische Bearbeitung: Hanna Wienberg
eISBN: 978-3-8337-4325-2
Das gleichnamige Buch (ISBN 978-3-8337-4304-7), sowie das Hörbuch (ISBN 978-3-8337-4294-1), gelesen von Rufus Beck, sind im JUMBO Verlag erschienen.
Hubert Schirneck
Illustriert von Franziska Harvey
1. Wer geht ins Tor?
2. Was ist ein Ulf?
3. Rollrasen im Wohnzimmer
4. Training, Training, Training
5. Das große Turnier
6. Das Endspiel
Mein Name ist Ulf, und ich möchte etwas erzählen, das mir vor einigen Jahren passiert ist. Damals war ich noch in der Grundschule.
In der 4b, um genau zu sein, und zwar in der Prima-Klima-Gesamtschule in Plappersdorf. Ulf, wie gesagt, und das ist auch schon das Problem: Ich hasse meinen Namen! Wahrscheinlich ist es eine Abkürzung: U-L-F. Das heißt „Ungeheuer Lustiger Forname“. Ja, ich weiß, dass Vorname mit ‚V‘ geschrieben wird. Das weiß ja jedes Kind und wahrscheinlich auch jeder Vogel. Es gibt nur eine Sache, die für mich noch schlimmer ist als mein Vorname, und das ist Fußball.
Unsere Klasse musste damals am städtischen Fußballturnier teilnehmen, ob wir wollten oder nicht. Alle vierten Klassen von ganz Plappersdorf mussten daran teilnehmen. Plappersdorf ist kein Dorf, auch wenn es so heißt. Es ist eine richtige Stadt mit einem Schwimmbad und einem großen Kino und es gibt dort mehrere Schulen. Als die Mannschaft unserer Klasse zusammengestellt wurde, war ich leider dabei.
Hätte ich das vorher gewusst, wäre ich an diesem Tag im Bett geblieben. Ich hätte eine furchtbare Krankheit erfunden, zum Beispiel einen unheilbaren Schnupfen oder Knieschmerzen. Ich kann auch auf Befehl so heftig husten, dass jeder mich ins Krankenhaus bringen würde.
Aber ich wusste das mit der Fußballmannschaft nicht. Es traf mich vollkommen unvorbereitet. Herr Schäfer, unser Klassenlehrer, überfiel uns damit, wie ein Bankräuber eine Bank überfällt. Damit rechnet auch niemand. Nur, dass wir keine Bank waren, sondern harmlose kleine Kinder.
„Aus jeder Schule darf eine vierte Klasse an dem Turnier teilnehmen. Und wer das Turnier gewinnt, der kriegt irgendwas“, sagte Herr Schäfer.
Ich meldete mich: „Na, dann ist das Problem ja schon gelöst. Die 4a kann doch an dem Turnier teilnehmen. Die haben sowieso viel bessere Fußballer als wir.“ Einige meiner Mitschüler protestierten halblaut, andere nickten zustimmend.
Herr Schäfer sagte: „Es muss aber ein Ausscheidungsspiel stattfinden: 4a gegen 4b. Das sind die Regeln. Wer das Spiel gewinnt, darf beim Turnier gegen die anderen Schulen spielen.“
‚Na gut‘, dachte ich. ‚Das ist nicht meine Baustelle. Sollen die anderen Fußball spielen.‘
Aber es stellte sich heraus, dass es doch meine Baustelle war. Denn meine Zwillingsschwester Kathi wurde sofort hyperaktiv. Sie sprang begeistert auf und fing augenblicklich an, die Mannschaft zusammenzustellen. Zwei oder drei meldeten sich freiwillig, die meisten anderen hatten auch keine Lust.
„Ich darf nicht. Wegen meinem Asthma“, sagte einer.
„Wegen meineS AsthmaS“, verbesserte unser Lehrer.
„Nein, nein, es ist mein Asthma, nicht Ihres“, sagte mein Mitschüler eifrig.
„Ich weiß, ich weiß, ich meinte doch nur, dass es grammatikalisch falsch war“, erklärte Herr Schäfer, aber dann winkte er ab.
Ein anderer behauptete: „Ich hab ein Attest. Mein linkes Bein ist kürzer als das rechte. Ich darf nicht Fußball spielen.“ Ich wollte auch so ein Attest. Wo bekam man das her?
Irgendwie schaffte es meine Schwester, genügend Spieler zusammenzukriegen. Es fehlte nur noch ein Torwart, aber natürlich wollte keiner ins Tor. Nie will einer ins Tor! Kathi blieb vor mir stehen, sah mich streng an und sagte: „Das machst du!“
Ich lachte unsicher und sah mich um. „Äh, du meinst mich?“
„Exakt, lieber Bruder!“
Meine Schwester redet oft so komisch, nebenbei bemerkt.
„Das geht nicht, Kathi“, sagte ich. „Ich hasse Fußball. Außerdem ist mein eines Bein auch kürzer als das andere. Hier, schau mal.“
„Ich kenne dich von Geburt an“, sagte meine Schwester. „Sogar schon länger, und ich weiß, dass deine Beine gleich lang sind.“ Mist. Gegen meine Schwester kam man einfach nicht an. Ich musste wohl bei diesem blöden Spiel mitmachen.
„Aber warum ausgerechnet ins Tor?“, protestierte ich schwach. Kathi sagte: „Du kannst nicht dribbeln, du kannst nicht köpfen und du kannst nicht richtig schießen. Deshalb bleibt für dich nur das Tor übrig. Keine Widerrede!“
„Ich kann auch keinen Ball halten. Das ist ja genau das, was ein Torwart können muss.
Hab ich mal gehört“, murmelte ich.
Meine Schwester war fünf Minuten älter als ich. Vielleicht war sie deshalb so. Sie musste immer über mich bestimmen. Sollte sie doch selber ins Tor gehen!
Herr Schäfer klatschte in die Hände und strahlte übers ganze Gesicht. Er schien richtig glücklich zu sein. „Ganz hervorragend!“, rief er. „Außerordentlich prima! Die Mannschaft steht. Jetzt brauchen wir nur noch einen schönen Namen dafür. Hat jemand einen Vorschlag?“
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