Aus dem Englischen von Alan Tepper
www.hannibal-verlag.de
Impressum
Deutsche Erstausgabe 2020
© 2020 by Hannibal
Hannibal Verlag, ein Imprint der KOCH International GmbH, A-6604 Höfen
www.hannibal-verlag.de
ISBN 978-3-85445-698-8
Auch als Paperback erhältlich mit der ISBN 978-3-85445-697-1
Titel der Originalausgabe:
She’s a Rainbow – The Extraordinary Life of Anita Pallenberg
Autor: Simon Wells
© 2020 by Omnibus Press (A division of Music Sales Limited)
ISBN: 9781785588457
Cover Design © Amazing15
Bildrecherche von Susannah Jayes
Grafischer Satz in deutscher Sprache: Thomas Auer, www.buchsatz.com
Übersetzung: Alan Tepper
Deutsches Lektorat und Korrektorat: Dr. Rainer Schöttle
Hinweis für den Leser:
Kein Teil dieses Buchs darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, digitale Kopie oder einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet werden.
Der Autor hat sich mit größter Sorgfalt darum bemüht, nur zutreffende Informationen in dieses Buch aufzunehmen. Alle durch dieses Buch berührten Urheberrechte, sonstigen Schutzrechte und in diesem Buch erwähnten oder in Bezug genommenen Rechte hinsichtlich Eigennamen oder der Bezeichnung von Produkten und handelnden Personen stehen deren jeweiligen Inhabern zu.
Widmung
Für Betty, meine Mutter
Inhalt
„Anita Pallenberg, 1942–2017“ von Gerard Malanga Liebste Anita, Wie ich es jeden Morgen mache, doch nicht an diesem Morgen, werde ich nicht über die Todesanzeigen in der NYTimes hinwegsehen. Ich werde nicht all unsere gemeinsamen Momente dem gedruckten Wort überlassen. Aber ich werde auch nicht die Seite umblättern, denn da ist nichts, was mein Interesse fesselt, abgesehen von dem, was ich über deinen erwarteten, aber dennoch unerwarteten Tod 3000 Meilen entfernt lese. Ich habe gegrübelt, an was ich mich erinnern kann, aber das ist etwas, über das wir im Café Flore sprechen können. Es gibt da noch so viel mehr, das wir für ein anderes Date übrig lassen, dann vergessen und einfach wieder von vorne anfangen. Wir gehen auf dem Weg, auf dem wir schon immer gingen. Und noch viel mehr. Es ist die Liebe, die überwältigt. Es ist die Liebe, die spricht, über die Stille und die Weite hinweg. @ Gerard Malanga
Einleitung
Kapitel 1: „Born To Run“
Kapitel 2: „You Got The Silver“
Kapitel 3: Frauen kleiden Männer ein – damit sie ihnen gefallen
Kapitel 4: Blut und Donner
Bilderstrecke 1
Kapitel 5: Die schwarze Königin
Kapitel 6: Laster, Lust oder auch nicht
Kapitel 7: Lucifer und das ganze Zeug
Bilderstrecke 2
Kapitel 8: Im Exil
Kapitel 9: Tiefer als tief
Kapitel 10: Die Renaissance einer Frau
Auswahlbibliografie/Quellenverzeichnis
Danksagung
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Liebste Anita,
Wie ich es jeden Morgen mache, doch nicht an diesem Morgen,
werde ich nicht über die Todesanzeigen in der NYTimes hinwegsehen.
Ich werde nicht all unsere gemeinsamen Momente dem gedruckten Wort überlassen.
Aber ich werde auch nicht die Seite umblättern,
denn da ist nichts,
was mein Interesse fesselt,
abgesehen von dem, was ich über deinen erwarteten,
aber dennoch unerwarteten Tod 3000 Meilen entfernt lese.
Ich habe gegrübelt, an was ich mich erinnern kann,
aber das ist etwas, über das wir im Café Flore sprechen können.
Es gibt da noch so viel mehr,
das wir für ein anderes Date übrig lassen, dann vergessen
und einfach wieder von vorne anfangen.
Wir gehen auf dem Weg, auf dem wir schon immer gingen.
Und noch viel mehr.
Es ist die Liebe, die überwältigt.
Es ist die Liebe, die spricht, über die Stille und die Weite hinweg.
@ Gerard Malanga
Mein Schicksal kann nicht gemeistert werden, ich kann nur mit ihm arbeiten und demzufolge wird es – bis zu einem gewissen Grad – gelenkt. Ich bin auch nicht der Steuermann meiner Seele, sondern nur der lauteste Passagier.
Adonis and the Alphabet, Aldous Huxley
Ich respektiere das Schicksal – sehr sogar. Aber ich bereue nichts.
Anita Pallenberg
Laut Google Maps benötigt man 20 Minuten, um mit dem Auto von Chelsea nach Chiswick im Westen Londons zu gelangen. Bei dem heutigen Verkehr allerdings ist das Fahrrad die bessere Option. Chiswick ist allgemein recht naturbelassen, doch den Menschen, denen kein eigenes Fleckchen Land zur Verfügung steht, bietet sich hier die Chance auf eine Schrebergarten-Kolonie. Eine Warteliste von mehreren Tausend potenziellen „Grünfingern“ belegt, dass es sich hier um heiß begehrte Parzellen handelt.
Noch bis vor wenigen Jahren stach ein Grundstück aus dem eher konservativen Mix aus Bohnen und winterharten Gewächsen und Anzuchtbeeten hervor. Dort ließ sich eine große Bandbreite exotischen Obsts und Gemüses entdecken, die selbst den erfahrensten Kleingärtner aus Notting Hill zum Staunen brachte. Die Dame, die sich um die 25 Quadratmeter kümmerte, war so unkonventionell und ungewöhnlich wie ihre Pflanzen. Meist tauchte sie auf ihrem schwarz-silbernen Renault-Rennrad mit Zehngangschaltung auf, einen geflochtenen Korb am Lenker befestigt. Die beherzte und lebensfrohe Frau in ihren frühen Siebzigern stellte einen starken Gegensatz zur eher steifen Gemeinschaft in Chiswick dar. Meist war sie in Begleitung eines Freundes, die beiden entspannten sich in ihrem Mini-Arboretum, wobei nur ein vereinzeltes Lachen, Kichern oder eine Wolke Rauch ihre Anwesenheit verriet. Während der Sommermonate sprangen Anita und ein anderer Kleingärtner manchmal über das kleine Mäuerchen, das den Komplex von der Themse trennte, und genossen ein Sonnenbad am Ufer au naturel, was andere mit höchst erstaunten Blicken honorierten.
Heute finden sich keine Spuren mehr, die darauf hindeuten, dass dieses einst bunt kultivierte Fleckchen Erde früher im Besitz von Anita Pallenberg war, und auch wenn es sie gäbe, würde wohl niemand aus der Schrebergartenkolonie die Tragweite ihres verblüffenden Lebens ermessen können. Hier lediglich von „Karriere“ zu sprechen, würde ihr nicht gerecht werden. Ähnlich unmöglich wäre es, das Spektrum all ihrer Errungenschaften auf einen einzigen Begriff zu bringen. Schauspielerin, Model, Designerin, Mutter, Muse, Inspiration für andere, Pionierin der offenen Sexualität, der Drogen und des Feminismus – die Liste ihrer Leistungen ist ebenso lang, wie es schwierig ist, das Ausmaß ihres Einflusses auf die Populärkultur exakt einzuschätzen.
Es ist ein interessantes Paradoxon, dass eine Frau, die daran beteiligt war, die kulturellen Entwicklungsstränge in so vielen Bereichen zu formen, sich in ihren letzten Tagen in einem Londoner Vorort um junge Pflänzchen kümmerte. Aber genau hier findet sich ein weiteres Charakteristikum von Anita Pallenberg: Vielen, die ihr begegneten, war sie ein Rätsel. Sie entstammte einer noch von starkem Nachkriegs-Chauvinismus geprägten Ära und stürzte sich mit einer Hingabe in die Sechziger, wie man sie in der damaligen Zeit so gut wie noch nie erlebt hatte.
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