»Hier ist Wasser«, verkündete der große Affe in der Sprache der Tiere. »Ich habe es in großen Blättern gesammelt.«.
»Genau darauf haben wir gewartet, mein Freund«, lobte Tibor den Gorilla. »Ohne dich wären wir aufgeschmissen.«
Kerak war genau im richtigen Moment gekommen. Der Medizinmann ließ von dem Verwundeten ab und erhob sich.
»Wir zünden ein Feuer an. Ich brauche heißes Wasser, um meine Kräuter zu kochen.«
Sofort machte er sich an die Arbeit. Er klaubte dürres Reisig zusammen und schichtete es zu einem kleinen Haufen auf. Es war nicht schwierig, den trockenen Zunder zu entfachen. Tibor platzierte Steine rings um die Brandstelle. Zwei Minuten später züngelten Flammen aus dem Reisig, die sich unter Zuhilfenahme von Gehölz rasch zu einem prasselnden Feuer ausweiteten. Tibor stellte den Kessel des Heilers auf die Steine und schüttete das Wasser hinein.
»Reicht das? Sonst holen Kerak und ich noch mehr Wasser.«
»Danke«, winkte der Medizinmann ab. Er warf seine Kräuter in den Topf und verrührte sie mit einem Ast. »Es genügt.«
»Wird mein Freund leben?«, fragte Tibor.
»Das wissen die Götter allein. Wir müssen vertrauen.« Während sich das Wasser zu erwärmen begann, ging der Medizinmann wieder in die Hocke, um seine Untersuchung des Verwundeten fortzusetzen. »Lasst mich jetzt allein mit ihm.«
Tibor gab Kerak, Pip und Pop einen Wink. Zusammen mit Gemal und Urak verließen die Freunde die Höhle. Draußen ließen sie sich auf dem Boden nieder. Die Äffchen turnten über Keraks Rücken und nahmen auf seinen Schultern Platz.
»Während du fort warst, sind Abals Krieger durch die Schlucht gezogen«, sagte Urak.
Gemal kniff die Augen zusammen. »Beinahe hätten sie uns entdeckt.«
»Aber sie sind weitergeritten, ohne sich um die Höhlen zu kümmern«, vermutete Tibor.
Urak schüttelte den Kopf. »Im Gegenteil. Sie waren schon aus den Sätteln gestiegen und wollten heraufkommen. Ich nehme an, sie beabsichtigten, in den Höhlen zu übernachten.«
»Doch zum Glück kam ein Untier in die Schlucht gestampft«, fügte der Junge hinzu. »Es hat Abals Krieger vertrieben.«
Tibor hatte eine Vermutung und sprach Kerak darauf an. Der Gorilla bestätigte seinen Verdacht.
»Ich habe die Bösewichte näher kommen sehen, als ich Wasser holte. Zuerst wusste ich nicht, was ich tun soll, doch dann fiel mir der Gork ein.«
Tibor lächelte. Keraks Hilfe und seine Umsicht waren unbezahlbar. »Das hast du gut gemacht. Ich hoffe nur, die Krieger sind nicht in der Nähe geblieben und sehen den aus der Höhle dringenden Rauch.«
»Sie sind weit weg«, sagte der Gorilla. »Ich bin ihnen ein Stück gefolgt. Der Schreck ist ihnen so sehr in die Glieder gefahren, dass sie bestimmt erst wieder anhalten, wenn ihre Reittiere erschöpft sind.«
»Hast du die Gefährtin des verwundeten Zweibeiners gesehen?«
»Sie war auf ein Pferd gefesselt. Die Bösewichte haben sie mitgenommen.«
In dem ganzen Durcheinander hatte Tibor noch keine Zeit gefunden, sich um die entführte Forscherin zu kümmern. Zumindest schienen die Krieger ihr bislang kein Haar gekrümmt zu haben.
»Die arme Miss Hudson! Sicher steht sie tausend Ängste aus. Sobald ich weiß, wie es um den Professor steht, nehme ich mit Urak die Verfolgung auf.«
*
Wenig später trat der Medizinmann ins Freie. »Die Götter haben uns erhört, Tibor. Wir sind noch rechtzeitig eingetroffen. Der weiße Mann wird leben.«
»Gott sei Dank.« Der Sohn des Dschungels atmete auf. »Wann können wir ihn in euer Dorf bringen?«
»Das wird lange dauern. Er lebt, doch er muss geschont werden. Sein Körper verträgt die Erschütterungen eines Transportes von einem Ort an einen anderen nicht. Mindestens einen Monat, würde ich sagen.«
»Vier Wochen?« Die Aussicht versetzte Tibors Tatendrang einen herben Dämpfer. Sollte er etwa so lange untätig herumsitzen? »Ich muss Miss Hudson helfen, bevor ihr ein schlimmes Schicksal zustößt.«
»Es ist vielleicht nicht nötig, dass du bis zur Genesung des weißen Mannes hier wartest«, entgegnete der Medizinmann. »Der Häuptling hat bestimmt nichts dagegen, wenn zehn unserer Krieger hierherziehen. Sie versorgen deinen Freund mit allem, was er benötigt, bis er kräftig genug ist, dass wir ihn ins Dorf bringen können. Ich komme jeden zweiten Tag mit meinem Rak her und sehe nach ihm. Mehr können wir auch nicht für ihn tun, wenn du hierbleibst.«
»Das wäre wunderbar, großer Medizinmann«, dankte Tibor dem Heiler. »Du nimmst mir eine große Last von der Seele.«
»Ich mache mich nun auf den Weg.« Der Medizinmann stieg auf den Rücken der Flugechse. »Der Häuptling wird schon darauf warten, dass ich ihm berichte.«
»Bitte ihn in meinem Namen darum, euren Kriegern zwei überzählige Raks mitzugeben. Mit ihnen kann ich die Feinde besser verfolgen.«
»Ich werde dafür sorgen«, versprach der Medizinmann. »Morgen früh treffen die Krieger mit den Raks bei dir ein.«
Er verabschiedete sich und ergriff die Zügel. Mit schwerem Flügelschlag erhob sich die Flugechse von dem Pfahl und flog davon. Kurz sah Tibor ihr hinterher, dann wandte er sich an Urak.
»Ich kann auf deine Hilfe nicht verzichten. Durch das Unglück mit Professor Dobbs ist viel Zeit verloren gegangen. Ich fürchte, Abals Krieger werde ich selbst mithilfe der Raks nicht mehr einholen, bevor sie das Land verlassen. Außerdem weigert sich der Häuptling der Ogks, dich aufzunehmen. Ich habe mit ihm gesprochen.«
»Das dachte ich mir.« Urak sah zu dem Jungen hinüber. »Aber was soll aus Gemal werden, wenn ich mich mit dir auf die Suche begebe? Willst du, dass er uns begleitet?«
»Nein. Ich möchte ihn nicht in Gefahr bringen. Ihm wird der Herr über alle Raks die Gastfreundschaft nicht verwehren. Ich bin sicher, dass ich ihn dazu überreden kann. Bist du einverstanden?«
»Das bin ich, wenn ich Gemal in Sicherheit weiß.«
Mehr konnte Tibor nicht erwarten. Da sich mittlerweile Dunkelheit über das Land zu legen begann, zogen sich die Gefährten zur Nachtruhe in die Höhle zurück.
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