ein anderer erzählt, es sei ein Wunder,
ein anderer hört, es sei ein Wunder,
doch was es ist, bei all dem Hören, niemand weiß es.“
Wir wissen, dass es eine Evolution gibt, aber was Evolution ist, wissen wir nicht; dies bleibt immer noch eines der Urgeheimnisse der Natur .
Denn die Evolution wirft mehr Fragen auf als sie beantwortet, wie es bei den Darstellungen und Lösungen üblich ist, die die menschliche Vernunft von der tiefen und unauslotbaren Weise des Geistes in den Dingen bietet; das Problem der Schöpfung wird nicht beseitigt, auch wenn sie den Anschein einer soliden, ordentlichen Tatsache erweckt, genauso wenig, wie die religiöse Behauptung eines sich außerhalb befindlichen allmächtigen Schöpfers dazu imstande war oder die mystische Maya des Illusionisten, aghatana-ghatana-patiyasi, (sehr geschickt, das Unmögliche zustande zu bringen), eine seltsame, existierend nichtexistente Macht mit einer Idee in Dem, das jenseits und ohne Ideen ist, selbst-ermächtigt, eine existierend nicht-existente Welt zu erschaffen, existierend, weil sie ganz offenkundig besteht, nicht-existent, weil sie von zusammengestoppelter Beschaffenheit einer traumhaft-unwirklichen Vergänglichkeit ist. Das Problem hat nur eine Ausdehnung erfahren, es wurde weiter zurückverlagert und nahm eine subtilere, geordnetere, durch ihre Weitschichtigkeit nur um so schwierigere äußere Gestalt an. Aber auch wenn sich unsere Befragung lediglich auf das einzige Ergebnis der Evolution beschränkt, erhebt sich doch die Schwierigkeit, welche Bedeutung den beobachteten nackten äußeren Tatsachen eigentlich zukommt, was mit Evolution gemeint ist, was sich „evolviert“, und woraus und mit welcher Kraft der Notwendigkeit. Der Wissenschaftler begnügt sich mit der Behauptung einer Ur-Materie oder Ur-Substanz atomarer, elektrischer oder ätherischer Art oder wie auch immer sie sich schließlich zeigen mag; diese produziert gerade durch die Natur ihrer eigenen, ihr innewohnenden Energie oder einer in ihr wirkenden und auf sie einwirkenden Energie – diese beiden Energien sind nicht dasselbe, und die Unterscheidung, obschon sie am Anfang des Prozesses belanglos zu sein scheint, hat letztlich eine erhebliche Auswirkung –, sie produziert also dank einem unerklärbaren Gesetz, einem ständigen System von Ergebnissen oder einem anderen unveränderlichen Prinzip eine Anzahl verschiedener Grundformen und Kräfte der Materie oder verschiedene spürbare und wirksame Strömungen der Energie: Diese entstehen, so scheint es, wenn die winzigen Urpartikel der Materie in mannigfaltig angeordneten Quantitäten, Verhältnissen und Kombinationen zusammentreffen und alles Übrige eine wechselnde, sich entwickelnde Aufstiegsbewegung organisierter Energie und ihrer evolutionären Auswirkungen, parinama, ist, die auf diese rohe, konstituierende Grundlage angewiesen sind. Dies alles ist oder wäre eine korrekte Aussage über Erscheinungstatsachen – doch dürfen wir nicht vergessen, dass die grundlegende Wissenschaftstheorie neuerdings durch eine umstürzende, rasche Neuordnung erheblich erschüttert wurde –, aber sie bringt uns keinen Schritt weiter voran zu der allerwichtigsten Hauptsache, die wir wissen wollen. Die Art, wie der Mensch die Welt sieht und erfährt, zwingt seiner Vernunft die Notwendigkeit einer einzigen ewigen Ursubstanz auf, deren Formen alle Dinge sind, und einer einzigen ewigen Urenergie, deren Variation der ganze Strom vom Handeln und seinen Folgen ist. Aber im ganzen ist die Frage die, was die Wirklichkeit dieser Substanz und die Wesensnatur dieser Energie ist.
Sodann fragt es sich, auch wenn wir annehmen, dass der am wenigsten erklärbare Teil des Wirkens eine evolutionäre Entwicklung des Immateriellen aus der Materie ist, ob diese Entwicklung dennoch eine Schöpfung oder eine Befreiung, eine Geburt von etwas zuvor nicht Existierendem oder ein langsames Ans-Licht-Bringen von etwas schon als unterdrückte Tatsache oder als ewige Möglichkeitsform Existierendem ist? Und das Interesse an der Frage wird akut, ihre Wichtigkeit nicht abzuschätzen, wenn wir zu dem noch unerklärten Phänomen von Leben und Mental kommen. Ist das Leben eine Schöpfung aus unbelebter Substanz oder die Erscheinung einer neuen, einer plötzlich oder langsam aus der rohen materiellen Energie heraus entstehenden Kraft, und ist das bewusste Mental eine Schöpfung aus dem nichtbewussten oder unterbewussten Leben oder erscheinen diese Kräfte und Gottheiten, weil sie immer da waren, obschon in einem verschleierten und von uns unerkennbaren Zustand ihrer verborgenen oder unterdrückten Idee und Tätigkeit, ihres Namens und Numens? Und wie steht es mit der Seele und mit dem Menschen? Ist die Seele ein neues Ergebnis oder eine neue Schöpfung unseres mentalisierten Lebens – auch so betrachten sie viele, denn als eine sich ihrer selbst bewusste, helle, unterscheidbare Kraft erscheint sie erst deutlich, wenn das denkende Leben einen hohen Intensitätsgrad erreicht hat – oder ist sie nicht eine dauernde Wesenheit, das ursprüngliche Mysterium, das jetzt seine verborgene Form enthüllt, die ewige Begleiterin der Energie, die wir Natur nennen, ihre geheime Bewohnerin oder ihr eigentlicher Geist und ihre wahre Wirklichkeit? Und ist der Mensch eine biologische Schöpfung einer rohen Energie, der es irgendwie, ganz unerwartet und unerklärlich, gelang, mit dem Fühlen und Denken anzufangen, oder ist er in seinem wahren Selbst jenes innere Wesen und jene innere Macht, die der ganze Sinn der Evolution und die Herrin der Natur ist? Ist die Natur nur die Kraft des Selbstausdrucks, der Selbst-Formation, der Selbst-Erschaffung eines geheimen Geistes, und der Mensch, so eingeengt er in seiner gegenwärtigen Fähigkeit auch immer sein mag, das erste Lebewesen in der Natur, in dem diese Kraft anfängt, bewusst selbsterschaffend ganz vorn in der Tätigkeit zu stehen, in dieser äußeren Kammer des physischen Wesens, um dort ans Werk zu gehen und durch eine immer mehr ihrer selbst bewusste Evolution deren ganzen menschlichen Sinngehalt beziehungsweise deren göttliche Möglichkeit, soweit er es vermag, ans Licht zu bringen? Das ist die klare Schlussfolgerung, zu der wir letztlich kommen müssen, wenn wir erst einmal eine spirituelle Evolution als den Schlüssel zu der ganzen Entwicklungsbewegung, als die Wirklichkeit dieser ganzen aufsteigenden Schöpfung gelten lassen.
In dem Wort Evolution im eigentlichen Sinn steckt als ursprünglicher Grundgedanke die Notwendigkeit einer vorausgegangenen Involution. Wenn ein verborgenes spirituelles Sein das Geheimnis aller Tätigkeiten der Natur ist, müssen wir diesen latenten Wert des Gedankens voll zur Wirkung kommen lassen. Wir müssen daher zwangsläufig annehmen, dass alles, was sich herausentwickelt, schon „eingewickelt“ vorhanden war, passiv oder anders aktiv, in jedem Fall jedoch vor uns verborgen in der Schale der materiellen Natur . Der Geist, der sich hier in einem Körper manifestiert, muss von Anfang an im Ganzen der Materie und in jedem Knoten, jeder Bildung und in jedem Partikel der Materie involviert sein; Leben, Mental und was immer über dem Mental ist, das müssen latente, inaktive oder verhüllt aktive Kräfte in allen materiellen Energieprozessen sein. Die einzige Alternative wäre, die beiden Seiten unseres Wesens durch die scharfe Sankhya-Spaltung auseinanderzutreiben; dies wäre jedoch eine zu starke Trennung von Geist und Natur. Die Natur wäre träge und mechanisch, aber sie würde sich an ihr Werk machen, in Tätigkeit versetzt durch einen auf sie ausgeübten Druck des Geistes. Geist wäre Sein, bewusst und in seiner eigenen Essenz frei von der Naturtätigkeit, würde aber in der Erscheinungsform sein Bewusstsein tatsächlich oder scheinbar verändern als Antwort auf eine Reaktion der Natur . Das eine würde die Bewegungen der aktiven Macht reflektieren, das andere würde ihre Tätigkeiten mit dem Bewusstsein des seines selbst bewussten unsterblichen Seins erleuchten. In diesem Fall hätte die evolutionäre wissenschaftliche Auffassung eine Berechtigung, nach der die Natur ein weitläufiger Energiemechanismus ist und Leben, Mental und natürliche Seelentätigkeit ihre Stufenleiter von Entwicklungsprozessen. Unser Bewusstsein wäre dann nur eine lichtvolle Übersetzung der selbstgetriebenen, rastlosen mechanischen Tätigkeit in für die Erfahrung zugängliche Zeichen des zustimmenden spirituellen Zeugen. Aber die lähmende Schwierigkeit bei dieser Vorstellung ist der ganz entgegengesetzte Charakter unserer eigenen höchsten Erkenntnis; denn schließlich, und da die Energie der universalen Kraft die Steigungen ihrer eigenen Möglichkeiten überwindet, wird die Natur immer offenkundiger eine Macht des Geistes und ihr ganzer Mechanismus nur zu Formen seiner erfinderischen Meisterschaft. Die Kraft der Flamme kann von der Flamme nicht getrennt werden; wo die Flamme ist, ist die Kraft, und wo die Kraft ist, ist das feurige Prinzip . Wir müssen zur Vorstellung eines Geistes zurückkehren, der im Universum gegenwärtig ist, und wenn der Prozess seiner Werke der Macht und seiner Erscheinungsformen in Evolutionsstufen verläuft, drängt sich die Notwendigkeit einer vorangegangenen Involution auf.
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