Amorbach ist seit 1803 Stammsitz des Fürstenhauses zu Leiningen. Schauen Sie sich im ehemaligen Abteigebäude die Ahnentafel an – Nachkommen waren in zahlreichen europäischen Königshäusern vertreten. Oberhaupt des Hauses Leiningen ist seit 1991 Andreas zu Leiningen, der seit 1981 mit Alexandra von Hannover verheiratet ist.
Amorbach glänzt mit hübschen Fachwerkhäusern.
Die ehemalige Benediktinerabtei Amorbach wurde im 8. Jahrhundert gegründet und 1803 im Rahmen der Säkularisation aufgehoben. Der Klosterbesitz ging an die Fürsten von Leiningen als Entschädigung für die im Zuge der Französischen Revolution in den 1790er-Jahren verlorengegangenen Besitztümer in der Rheinpfalz.
Wahrzeichen des Städtchens sind die alles überragenden Türme der ehemaligen Abteikirche. Im Inneren der Kirche, die ihr heutiges Aussehen im 18. Jahrhunderts erhielt, wartet ein prachtvolles Gesamtkunstwerk aus Architektur, Freskenmalerei, Stuck, Skulptur und Schmiedekunst. Ein Hingucker ist die Orgel aus dem Jahr 1782, eine der größten erhaltenen Barock-Orgeln Europas. Mit 65 Registern, 5116 Pfeifen und einem Glockenspiel verfügt sie über einen einzigartigen und unerschöpflichen Klangreichtum. Die himmlischen Klänge der Orgel erleben Sie bei einer Kirchenführung mit Orgelvorspiel.
Das langgestreckte Abteigebäude aus dem 17. Jahrhundert, heute Schlossgebäude, schließt sich durch Verlängerung im 18. Jahrhundert unmittelbar an die Kirche an. Der Schlossplatz führt in den Seegarten. Einst zur Fischzucht angelegt, wurde der Klostergarten 1803 vom damals führenden deutschen Gartengestalter Friedrich Ludwig Sckell als englischer Landschaftsgarten neu angelegt. Der weitläufige Park mit See, Wiesen und Wäldchen ist ein Idyll ohnegleichen – ganz besonders an kühlen Herbsttagen, wenn man den Park fast für sich allein hat.
Das Fischerhaus im Seegarten gehört zu Emich's Hotel.
Ältestes Gebäude der Stadt ist das Templerhaus am Bädersweg aus dem 12./13. Jahrhundert, das als das älteste Fachwerkhaus in Bayern gilt. Ob je ein Ritter des Templerordens darin gewohnt hat, ist nicht bekannt. Der Name des Hauses geht auf eine nicht mehr existierende Wandmalerei am Außenbau zurück, in der jemand einen Templerritter zu erkennen glaubte. Weitere sehenswerte historische Bauten sind die ehemalige Mainzer Amtskellerei (1487), die Zehntscheuer (1488) mit hübschen Treppengiebeln und das Alte Stadthaus (1475), das mit 25 Metern Dachhöhe das höchste Wohnhaus der Altstadt ist.
Theodor W. Adorno (1903 bis 1969) nannte Amorbach einmal den „einzigen Ort auf diesem fragwürdigen Planeten, in dem ich mich im Grunde zu Hause fühle“. Der in Frankfurt geborene Philosoph verbrachte als Kind seine Sommerferien in Amorbach – die Familie war Stammgast im Hotel Post, heute Emich’s Hotel. Das idyllische Städtchen war ihm so sehr zur Heimat geworden, dass er auch als Erwachsener immer wieder dorthin zurückkehrte. Nicht zuletzt war er es, der zum Bekanntheitsgrad Amorbachs beitrug. „Adornobach“ nannte der Schauspieler Alfred Edel den Ort.
Info
Lage:63916 Amorbach. Der Ort liegt im unterfränkischen Landkreis Miltenberg im Dreiländereck von Baden-Württemberg, Hessen und Bayern.
Anfahrt:ab Darmstadt über B26 und B45 (ca. 62 Kilometer); ab Heidelberg über B37 (65,5 Kilometer)
Anreise mit dem ÖPNV:ab Darmstadt Hbf mit Umsteigen in Aschaffenburg und Miltenberg (schnellste Verbindung: 1 Std. 45 Min.); ab Heidelberg Hbf mit Umsteigen in Seckach und Walldürn (2 Std. 45 Min.)
Weitere Aktivitäten:Machen Sie einen Abstecher zum „Smart Pfad“ zwischen Amorbach und Mudau. Auf Deutschlands längstem MINT-Outdoor-Pfad für Groß und Klein (MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und technische Phänomene) können Sie auf 15 Kilometern an sechs Themenwelten rund 45 Exponate erkunden und erforschen sowie technische Phänomene unter die Lupe nehmen. Der Pfad ist kostenlos und ganzjährig frei zugänglich.
Unterkunft:
•Emich’s Hotel: Das Boutique-Hotel im Herzen der Altstadt war einmal das Hotel Post, in dem Adorno so gerne logierte. Nachdem es lange leer stand, wurde es nach Umbau und Renovierung durch die Fürstenfamilie als „Emich’s“ im Mai vom Fürstenpaar 2019 feierlich eröffnet. Die 50 stilvoll und gemütlich eingerichteten Zimmer verteilen sich auf den historischen Altbau und das dahinter liegende Gartenhaus. Gönnen Sie sich eine Nacht im Adorno-Zimmer! DZ ab 108 EUR; Schmiedsgasse 2, 63916 Amorbach, Tel. 09373 2058028, emichs.com
Website: amorbach.de
KULTURHISTORISCHES KLEINOD
Um die kleine Kapelle ranken sich jede Menge Legenden und Überlieferungen. Irische Wandermönche sollen hier im 8. Jahrhundert den Odenwald christianisiert haben, und der Quelle unter dem Kirchlein wurden jahrhundertelang Wunderheilungen nachgesagt.
Der heilige Amor
Am Ort der Kapelle soll sich einst eine römische oder germanische Quellenkultstätte befunden haben. In der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts holte Gaugraf Ruthard irische Wandermönche ins Land, um die Christianisierung des Odenwaldes voranzutreiben. Der Legende nach sollen die Mönche die Kultstätte christianisiert und dort ersten Christen getauft haben. Belegt ist dies allerdings nicht. Da man der Quelle heilende Kräfte nachsagte, wurde im 12. Jahrhundert eine romanische Kapelle über dem Gewässer errichtet. Angeblich heilte das Wasser von allerlei kleineren und größeren Zipperlein – von Augenkrankheiten und Zahnschmerzen bis hin zur Gicht. Das Quellwasser wurde sogar zum Heilmittel gegen Kinderlosigkeit. Die Kunde über Wunderheilungen durch das Wasser verbreitete sich. Die Kapelle war dem Zustrom von Heilsuchenden und Wallfahrern bald nicht mehr gewachsen und wurde erweitert. Der heutige Bau, in dem noch Reste der alten Kapelle stecken, stammt aus dem Jahr 1521. Vor der Kapelle wurde 1576 eine freistehende Kanzel errichtet, von der seinerzeit bei großem Wallfahrerzustrom gepredigt wurde.
Der Ruf um die Kraft der wundersamen Quelle erreichte im 18. Jahrhundert sogar den Kaiserhof in Wien. Kaiserin Elisabeth (nein, nicht Sisi) stiftete Amorsbrunn im Jahr 1726 die Summe von 1500 Gulden – damit sollten Gottesdienste im Sinne der Kaiserin abgehalten werden. Ihre Tochter, Kaiserin Maria Theresia, vermehrte die Schenkung 1769 um 400 Gulden. Ob beiden je Wasser aus der Quelle nach Wien geschickt wurde, ist nicht bekannt. Ist der Kinderreichtum Maria Theresias (sie gebar 16 Kinder) tatsächlich auf die Wirksamkeit Amorsbrunns zurückzuführen, wie manch einer behauptet? Wohl kaum, denn als sie die Schenkung veranlasste, war sie bereits 52 Jahre alt und längst aus dem gebärfähigen Alter heraus.
Die Kapelle Amorsbrunn ist ein Juwel des Odenwaldes.
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