Nachdem ich in einer Gemeinde in Dallas/Texas gepredigt hatte, kam ein junger Mann mit einer Bibel in der Hand auf mich zugestürmt und erzählte mir seine Geschichte:
Meine Familie ist nicht christlich, aber neulich hab ich diese Bibel aufgeschlagen, die ich auf dem Couchtisch gefunden hatte. Nachdem ich darin gelesen hatte, erkannte ich, dass ich Jesus brauchte. Ich gab ihm mein Leben, und dann fuhr ich mit meiner Bibel in der Hand durch die Gegend und suchte nach einer Gemeindefamilie. Ich stieß ganz in der Nähe von zu Hause auf ein Kirchengebäude und ging hinein.
Die erste Person, der ich begegnete, war eine junge Dame. Nachdem ich ihr meine Geschichte erzählt hatte, rief sie ihren Vater herbei und sagte: „Erzählen Sie meinem Vater, was Sie mir erzählt haben.“
Der Vater hörte sich mein Zeugnis mit Interesse an und besah sich dann die Bibel, die ich in der Hand hatte. Schließlich sagte er: „Vor 15 Jahren habe ich einem Mann Zeugnis gegeben, mit dem ich beim Militär zusammen war. Er wollte den Herrn nicht annehmen, aber er ließ sich die Bibel schenken, die du gerade in der Hand hältst. Der Mann, dem ich Zeugnis gab, war dein Vater!“
Auch den Rest seiner Geschichte erzählte mir der junge Texaner noch. Mittlerweile war er mit der jungen Frau verlobt, die er in dem Gemeindehaus getroffen hatte. Beide arbeiteten mit Begeisterung als Kleingruppenleiter mit. Die geistliche Linie, die bei dem Vater der jungen Frau ihren Ausgang genommen hatte, ging also weiter. Welch eine tolle Geschichte von geistlicher Nachkommenschaft im Reich Gottes!
Familien multiplizieren sich
Der Herr möchte, dass wir fruchtbar sind und uns vermehren (vgl. 1 Mo 1,28). Unser Gott ist ein Gott der Multiplikation.
Multiplikation ist ein Naturgesetz. Auf dem Bauernhof aufwachsend, zählte ich als Junge einmal die Maiskörner an einer einzigen gesunden Pflanze. Ergebnis: 1200 Körner in der ersten Generation. Jetzt denken Sie nur: Würde man jedes dieser Körner aussäen, so hätte man in der folgenden Generation 1 440 000 Stück! Genauso multiplizieren sich gesunde Körperzellen mit dem Ergebnis, dass der Körper wächst. Eine lebende Zelle ist ständig dabei, sich zu reproduzieren.
Die frühe Kirche, von der uns die Apostelgeschichte berichtet, multiplizierte sich rapide, weil ihre Glieder in engen Beziehungen zueinander lebten – eine gesunde Aktivität und Interdependenz, in deren Ergebnis Multiplikation stand (vgl. Apg 2,47). Die Christen der Urgemeinde erkannten, wie wertvoll Kleingruppen in den Häusern waren, wenn es darum ging, Gläubige im Rahmen geistlicher Familienverbindungen zu nähren.
Da der Herr heute in seinem Reich dabei ist, geistliches Familienleben wiederherzustellen, wird sich die Gemeinde Jesu wiederum rapide multiplizieren. Wir müssen bereit sein. Wir müssen geistlichen Eltern, Söhnen und Töchtern ein angemessenes Training zukommen lassen, damit Christus in ihnen Gestalt gewinnt. In Römer 8,19 heißt es: „Denn das sehnsüchtige Harren der Schöpfung wartet auf die Offenbarung der Söhne Gottes.“ Wenn Christus in seinem Volk völlig Gestalt gewinnt, wird ein Ruck durch die Schöpfung gehen, und sie wird aufmerken!
Paulus hatte Sehnsucht nach seinen geistlichen Kindern in Thessalonich, als er ihnen schrieb: „Denn wer ist unsere Hoffnung oder Freude oder Ruhmeskranz – nicht auch ihr? – vor unserem Herrn Jesus bei seiner Ankunft? Denn ihr seid unsere Herrlichkeit und Freude“ (1 Thess 2,19-20). Einige Verse weiter vorne hatte der Apostel den Gläubigen in Thessalonich gerade mitgeteilt, dass er für sie ein geistlicher Vater sei (vgl. V. 7-11). Darauf stellte er klar, dass seine geistlichen Kinder seine Herrlichkeit und Freude waren – sein Erbe! Beim Gedanken an die geistlichen Kinder und Enkel, die er Christus vorstellen würde, freute sich Paulus wie einer, der bei sportlichen Wettkämpfen den Siegeskranz empfängt. Er wusste bis ins Mark, dass unsere geistlichen Söhne, Töchter und Enkel unsere geistliche Nachkommenschaft sind.
Vor einigen Jahren war ich auf Barbados, um Gemeindeleiter und -mitglieder zum Thema geistliche Elternschaft zu schulen. Am Tag meines Rückflugs in die USA, ehe ich zum Flughafen aufbrechen musste, lud mich der Missionar Bill Landis, der Regionalverantwortliche von „Jugend mit einer Mission“ für die Karibik, zu sich nach Hause ein. Bill, seine Familie und ein Leiterteam waren dabei, einheimische Christen zu geistlichen Leitern zuzurüsten. Als ich bei ihm zu Besuch war, erzählte Bill mir ein paar interessante geschichtliche Tatsachen über dieses winzige Inselvolk.
Er erklärte, dass viele Einwohner von Barbados einst als westafrikanische Sklaven auf die Insel gelangt waren. Zu ihren Herkunftsländern gehörte auch Gambia. Inzwischen waren Bill und seine Mitarbeiter dabei, Christen aus Barbados als Missionare zu schulen, damit sie nach Gambia, das Land ihrer Vorfahren, zurückkehren und dort Muslime zu Jesus führen konnten. Für solch ein Vorhaben gibt es nichts Besseres als ein gemeinsames Erbe.
Dann sagte Bill etwas, das mich tief bewegte: „Larry, ist dir klar, dass die Menschen, die in Gambia erreicht werden, ein Teil deines geistlichen Erbes sind? Du warst einer meiner geistlichen Väter, deshalb hast du einen Anteil an dem Vermächtnis, das dort weitergereicht wird.“
Im Flugzeug auf dem Rückweg in die USA erkannte ich verblüfft, was Bills Worte bedeuteten. Vor vielen Jahren, lange vor meiner Zeit als Pastor, Buchautor oder Gemeindeleiter, war ich ein junger Hühnerzüchter aus Lancaster County, Pennsylvanien, der einen Jugendbibelkreis leitete. Damals war ich für Bill ein geistlicher Vater.
Bill war nun ein geistlicher Vater für die Menschen, die er auf Barbados in Jüngerschaft unterwiesen hatte. Die Leute von dort, die jetzt nach Gambia gingen, um dort Einheimische zu Christus zu führen, waren quasi meine geistlichen Enkel, und die geistlichen Kinder, die sie in Gambia gebären und heranziehen würden, würden meine geistlichen Urenkel sein. Generationen, die erst noch geboren werden sollten, würden die Verheißungen Gottes empfangen, weil vor dreißig Jahren ein Hühnerzüchter dem Ruf Gottes gehorcht hatte, einen Haufen wilder Teenager in Jüngerschaft zu unterweisen. Jawohl, dies war ein Teil meines geistlichen Vermächtnisses. Während ich über diese Tatsache nachdachte, wurde ich tief bewegt. Ich wurde mit einem großen Erbe gesegnet, das sich über meine kühnsten Träume hinaus vermehrt hatte!
Wir leben in aufregenden Zeiten, was die Geschichte der Kirche angeht. Ich glaube, dass wir uns am Vorabend einer großen endzeitlichen Ernte befinden (vgl. Offb 7,9). Statistiken sagen uns, dass sich heute weitaus mehr Menschen bekehren als vor zwanzig Jahren. Keine Frage, der Wind des Heiligen Geistes durchweht unsere Welt wie nie zuvor! In den nächsten Jahren kommen wir dem letzten Kapitel der Weltgeschichte rasend schnell näher, und wir müssen uns darauf vorbereiten, dass in unseren Städten und Dörfern Hunderttausende Menschen ins Reich Gottes kommen werden.
Jesus sagt, wir sollen beständig wachsam und bereit sein: „Sagt ihr nicht: Es sind noch vier Monate, und die Ernte kommt? Siehe, ich sage euch: Hebt eure Augen auf und schaut die Felder an! Denn sie sind schon weiß zur Ernte“ (Joh 4,35). Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen. Ich weiß, dass verschiedene Früchte zu verschiedenen Zeiten des Jahres geerntet werden. Wir mussten immer wachsam sein, unsere Scheunen und Maschinen in Bereitschaft halten, damit wir eine Ernte immer genau dann einholen konnten, wenn die beste Zeit dafür gekommen war.
In allen Zeitaltern hat der Herr kontinuierlich Menschen zu sich gezogen – es waren viele, die in sein Reich hinein geerntet wurden. Doch zuweilen ging ein großer Teil der Ernte verloren, weil es Christen gab, die nicht wachsam und bereit waren. Mir scheint, eine solche Riesenernte, auf die die Kirche nicht vorbereitet war, fiel in die Zeit zwischen den späten sechziger und den mittleren 1970er-Jahren: die Jesus-People -Bewegung. Diese Ernte setzte ein, als einige Christusgläubige zu den Kommunen der Hippie-Aussteiger gingen und diesen Menschen das Evangelium von Jesus Christus brachten, woraufhin sich große Zahlen von jungen Leuten aus dieser Subkultur zum Christentum bekehrten. Anfang 1971 gab es in jedem Bundesstaat bzw. jeder Provinz der Vereinigten Staaten und Kanadas Kaffeehäuser, Kommunen und verschiedenste Unternehmungen der Jesus People .
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