»Ab nun wird es einigermaßen erträglich, zumindest, was die Höhe betrifft«, sagte Camillo und deutete auf eine türähnliche Öffnung in der gegenüberliegenden Mauer. Diese war mit dem Ort, an dem sie standen, nur durch ein schmales Brett verbunden, unter dem es mehrere Meter in die Tiefe ging.
»Jetzt stehen wir genau unter dem Schwarzenbergplatz. Und dort drüben liegt die Zwingburg. Wer länger hier unten haust, erschläft sich irgendwann das Recht auf einen Platz da drin. Ist sicher hier. Denn wenn man das Brett wegzieht, dann können einem nicht einmal die Kieberer auf den Pelz rücken.«
Camillo überquerte das schwankende Brett wieselflink, Franz mit der Bedächtigkeit eines Ochsen, der über eine Stange balanciert.
Hinter einem alten Kotzen, der als Vorhang diente, öffnete sich ein weitläufiger Raum, der voller Menschen war, hauptsächlich Männer jeden Alters. Sie schliefen dicht aneinandergedrängt, damit die Wärme der Leiber nicht unnötig in die Luft entwich, saßen rauchend zusammen oder starrten stumm auf das Gewölbe über ihnen, oftmals eine Flasche in der Hand.
Wellen furchtbarer Ausdünstungen schlugen Franz ins Gesicht, vermischt mit dem Geruch von Rauch und Moder. Er musste sich beherrschen, sich nicht zu übergeben, machte nur kleine Atemzüge, wie ein Fisch, der an Land gestrandet lag.
Mehrere Röhren führten von hier wieder weg, und in kleinen Mauernischen, über die mit Kreide verschiedene Initialen geschrieben standen, horteten die Strotter ihre Beute.
Diebstahl musste man hier wohl nicht fürchten, dachte sich Franz ein wenig überrascht.
»Was für einen Krüppel zahst denn da an, Don Cavallo?« Ein alter Mann mit eingefallenem, ledrigem Gesicht und kehliger Stimme, der auf einer zerschlissenen Filzdecke hockte, blickte zu den beiden Männern auf.
»Reg dich ab, Gurginger«, entgegnete Camillo, »der bleibt eh nicht lang bei uns.«
Franz griff in eine Manteltasche und holte eine der Zigaretten hervor, von denen er wohlweislich im Vorfeld einige erstanden hatte. »Bin der bucklige Franz. Willst eine Tschick 21?«
Die stumpfen Augen des Alten blitzten für einen Moment auf, mit überraschend flinkem Griff schnappte er sich die Rauchware. »Ach was, du bist schon recht. Bin ein alter Stänkerer, war nicht so gemeint.«
Franz nickte ihm zu, sah dann ernst Camillo an. »Wen soll ich hier unten fragen?«
Der tätschelte ihm mit seiner vor Schmutz starrenden Hand die Schulter.
»Sternkreuzdiwidomini! Hör zu, mein Freund, so schnell geht das hier bei uns Schrobs nicht. Gut Ding braucht Eile mit Weile. Komm, wir setzen uns zu meinem Lager und du erzählst mir ein wenig von der Oberwelt und wie sie so geworden ist, seit ich sie verstoßen habe. Und wennst noch die eine oder andere Tschick hast, dann kann’s auch nicht schaden.«
19Großer, ungeschlachter Mann.
20Begrapscht.
21Wienerisch: Zigarette.
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