Das ist die Ebene, die nach dem Unbelebten kommt. Das Belebte ist Bewusstsein, verwirklicht in der lebendigen Zelle.
JNM: Sie haben sich kritisch geäußert zur darwinistischen Evolutionstheorie. Was ist falsch an der bisherigen darwinistischen Evolutionstheorie bzw. wie entstehen ihrer Ansicht nach neue Arten?
AG: Eine sehr interessante Frage. Darwins Evolutionstheorie – ist es eine Theorie der Artenentwicklung oder nur eine Theorie der Anpassung? Darwin selbst begann die Evolutionstheorie nur als Theorie der Anpassung. Dann wurde er von seinem Erfolg verführt und machte sie zu einer Theorie der Artenentwicklung. Genau genommen hatte Darwin selbst Zweifel an seiner Theorie. Zum Beispiel wusste er, dass, wenn eine neue Art entsteht, die neue Art oft ein neues Organ hat. Und er fragte sich, wie kann ein neues Organ entstehen aus kleinen, langsamen, kaum merklichen Veränderungen? Darwin selbst sagte: Nehmt als Beispiel das Auge. Dazu sind Tausende von genetischen Mutationen nötig. Und dann zu erwarten, dass all diese Mutationen bleiben bis alles zusammenpasst, ist absolut unsinnig. Sie würden doch durch natürliche Auslese ausgelöscht werden. Wenn eine genetische Mutation dem Organismus beim Überleben hilft, nur dann wird die natürliche Auslese genau diese Mutation weitergeben. Alles andere wird eliminiert. Darwin selbst bemerkte, dass die meisten Mutationen nicht sehr effizient sind und deswegen eliminiert werden. Wieso werden so viele Mutationen, von denen die meisten nicht nützlich sind, weitergegeben? Die Antwort ist, dass die Arten sich nicht in einem Schritt entwickeln, sondern in zwei oder drei Schritten. Doch für jeden Schritt sind Tausende Mutationen nötig. Vom einfachen Insektenauge bis zum menschlichen Auge sind Millionen Mutationen nötig. Also war Darwins ursprüngliche Kritik an seiner eigenen Theorie berechtigt.
Wie erklären wir uns das in der Quantenphysik? Jede Veränderung ist eine potentielle Veränderung. Das Potential bleibt vorhanden, bis das neue Organ entsteht. Bis es nützlich ist, bis es genutzt wird, wird es nicht verwirklicht, sondern bleibt Potential. So einfach ist das. Die Frage ist nur, wer verwirklicht das Potential? Hat der Organismus die Intelligenz, das nötige Potential zu wählen, um das Organ zu entwickeln? Es ist nicht der einzelne Organismus, der wählt, sondern die ganze Spezies. Wenn man sich das Spezies-Bewusstsein betrachtet, und dazu den natürlichen Lebensraum ansieht; wenn sich der Lebensraum auf katastrophale Weise ändert, schafft es das Spezies-Bewusstsein, dass sich die Art auf richtige Weise an die Veränderungen der Umweltbedingungen anpasst. Das Spezies-Bewusstsein ist da sehr effektiv, und dafür haben wir Beweise, die sogenannte gezielte Mutation. Es ist ein sehr einfaches Experiment, aber die Leute, die es durchführten, verdienen wirklich Anerkennung dafür. Sie nahmen eine Spezies und ließen sie hungern, indem sie ihr Laktose fütterten, was sie nicht verdauen kann. Es brauchte nur einen Schritt, bis sie es verdauen konnte. Teuflisch, nicht wahr? Es sollte viel länger dauern, bis es zur Mutation kommt. Kann die Spezies auf diese Art überleben? Sie konnte. Das nennt man gezielte Mutation. Die Spezies hat gezielt ihre eigene Mutation vorangetrieben, machte den Schritt, damit sie überleben konnte. Das ist ein erstaunlicher Beweis für die Theorien, über die ich spreche. Das Spezies-Bewusstsein kann, wenn nötig, die notwendigen Veränderungen einleiten.
JNM: Man könnte es als die Absicht zu überleben sehen.
AG: Ja, die Absicht zu überleben ist die Grundlage. Woher kommt das? Ebenfalls vom Bewusstsein. Darwin schwindelte ein wenig, als er das Wort Überleben benutzte. Wir können nicht den Schritt machen vom Überleben eines Moleküls, zum Überleben zweier Moleküle, zur ganzen Spezies. Auch bei den einfachsten Lebensformen gibt es keine Grundlage für Darwinismus. Wir haben bisher keinen Hinweis gefunden, wie man eine Zelle dazu motivieren kann, zu überleben. Zuerst kommt das Leben, dann das Überleben.
Wenn man sich die Frage nach lebendig oder nicht-lebendig ansieht, ist es auffallend, dass die DNA und die Proteine programmierte Moleküle sind. Das Programm der DNA ist es, Proteine zu bauen, und das Protein hat das Programm, biologische Funktionen auszuüben. Das ist der Schlüssel. 1994 schrieb ich darüber eine Arbeit. Es gibt in der Biologie sozusagen Hardware und Software, das, was programmiert ist. Protein und DNA sind programmierte Moleküle. Wenn man sich Gentechnik ansieht, sie alle nutzen DNA und Proteine, doch wurden noch nie programmierte Moleküle im Labor hergestellt. Das sagt uns doch etwas!
JNM: Die ganze Sache ergibt keinen Sinn ohne das Konzept des Bewusstseins.
AG: Das Bewusstsein programmiert die Moleküle. Rupert Sheldrake mit seiner Theorie der „Morphogenetischen Felder“ kann Ihnen mehr dazu sagen.
JNM: Gehen wir weiter auf das Bewusstsein ein. Sie sagen, das Bewusstsein ist die Grundlage allen Seins. Um es in die mondäne Welt zu übersetzen: Wie können Sie, so wie Sie hier sitzen, auf dem Bewusstsein basieren?
AG: Bewusstsein ist die Grundlage allen Seins, und es hat Potentialitäten. Es gibt zwei Arten von Potentialitäten. Die Potentialität für Objekte und die Potentialität für Subjekte. Wenn wir unsere Erfahrungen ansehen, hat jede Erfahrung zwei Pole: Objekte und Subjekte. Der Subjekt-Anteil des Bewusstseins ist es, der Erfahrungen macht. Der Objekt-Anteil ist passiv. Er macht keine Erfahrungen. Das ist die Antwort auf Ihre Frage. Es ist nicht alles bewusst in dem Sinne, in dem Sie das Wort verstehen. Objekte wie dieses Sofa erfahren keine Trennung zwischen Subjekt und Objekt. Doch für das Subjekt ist es ein Objekt der Erfahrung. In dem Sinne ist alles Bewusstsein. Es ist nicht außerhalb des Bewusstseins. Doch hat es kein Bewusstsein in dem Sinne, dass es keinen Wahrnehmungsapparat hat. Doch in der lebendigen Zelle oder im Gehirn ist so ein Wahrnehmungsapparat, Bewusstsein kann sich zeigen. Subjekt-Potentialität kann sich im Gehirn oder der lebendigen Zelle zeigen, Objekt-Potentialität wird nie eine Repräsentation des Bewusstseins darstellen. Materie, die niemals Bewusstsein einfangen kann.
JNM: Wenn das Bewusstsein die Grundlage von allem ist, warum gibt es dann überhaupt ein physisches Universum?
AG: Eine sehr gute Frage. Sehen wir uns Perfektion an. Bewusstsein mit Potentialitäten hat eine gewisse Perfektion. Potentialitäten sind nur Potentialitäten, es steckt keine Erfahrung darin. Erfahrungen können sowohl Leiden als auch Freude bedeuten. Die Manifestation der Potentialität ist nicht länger perfekt. Ohne Manifestation scheint es perfekt, denn es gibt keine Erfahrungen. Es ist schon ein Ganzes. Warum also das Ganze zerstören und für einen Moment zumindest imperfekt machen? Die Antwort lautet: Das ist das Spiel der Potentialitäten und des Bewusstseins. Das Bewusstsein hat Perfektion, aber diese Perfektion steckt auch in der manifestierten Welt. Kann die manifestierte Welt Perfektion ebenfalls manifestieren, nicht nur das Potential für Perfektion? Können Menschen oder höhere Wesen sich in eine Richtung entwickeln, die es ihnen ermöglicht, auf perfekte Art zu leben, ohne Leiden?
Das ist die Herausforderung. Wenn man sich die Menschen anschaut, und das habe ich ausführlich getan, sieht man, dass man über die prähistorischen Ereignisse nicht allzu viel sagen kann. Wir wissen, dass es die Jäger und Sammler gab, und dass die Gedankenwelt der Menschen damals sehr physisch war, sie konnten nur über physische Probleme nachdenken. Man musste jagen und sammeln, damit man etwas zu essen hatte. Doch im Zeitalter des Ackerbaus wurde die Vorstellungswelt subtiler. Die Leute begannen, sich mit ihren Gefühlen und Erinnerungen auseinanderzusetzen, sie waren näher beisammen als zu den Zeiten, als die Männer Jäger und die Frauen Sammler waren. Sie gingen Beziehungen ein.
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