Bernd H. Kämper ist in einer wirren und friedlosen Zeit geboren und aufgewachsen. Er studierte Human- und Zahnmedizin und durchwanderte fünf Semester Seminare in Philosophie und Kunstgeschichte. Ärztliche und zahnärztliche Approbation, Promotion zum Dr. med. Zahlreiche Publikationen in Fachzeitschriften erweckten in ihm den Wunsch, auch mal etwas anderes zu schreiben. Er veröffentlichte zwei Gedichtbände („Zerzauste Gedanken aus dem Wartezimmer“ und „Paradies ex“). Er hat zwei erwachsene Söhne, eine Enkeltochter und lebt mit seiner Frau versuchsweise als freier Mensch in Hagen/Westfalen.
Bernd H. Kämper
LAURITZ’ HUND
und andere Weihnachtsgeschichten
Engelsdorfer Verlag
Leipzig
2016
Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.deabrufbar.
Copyright (2016) Engelsdorfer Verlag Leipzig
Alle Rechte beim Autor
Titelbild christmas, santa claus © carballo
Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)
www.engelsdorfer-verlag.de
Cover
Titel Bernd H. Kämper LAURITZ’ HUND und andere Weihnachtsgeschichten Engelsdorfer Verlag Leipzig 2016
Impressum Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Copyright (2016) Engelsdorfer Verlag Leipzig Alle Rechte beim Autor Titelbild christmas, santa claus © carballo Hergestellt in Leipzig, Germany (EU) www.engelsdorfer-verlag.de
Ein amerikanischer Weihnachtsmann
Alle Jahre wieder
Lauritz’ Hund
Der Weihnachtsbaum
Die Weihnachtsfeier
Weihnachten verkehrt
Besuch
Ein Weihnachtsspaziergang mit Hund
Liebe Leser,
lassen Sie sich keine Weihnachtsverdrossenheit aufschwatzen, auch wenn wir in dieser Zeit sensibler und anfälliger geworden sind gegen das uns täglich erreichende Elend. Wenn wir versuchen und es uns gelingt, Anteilnahme und Mitempfinden für unsere Mitmenschen und alle uns anvertrauten Geschöpfe über die Weihnachtszeit hinaus zu retten und nicht wieder alles sich selbst zu überlassen, indem wir einfach wegsehen, hat uns die Weihnachtsbotschaft wirklich erreicht und das bisschen mehr Rummel und Trubel um uns herum wird uns nicht die Laune verderben. Keinesfalls, denn das haben das Kindlein in der Krippe und der später am Kreuz gestorbene Jesus nicht verdient. „Friede auf Erden“ und „fürchtet euch nicht“ ist die Wehnachtsbotschaft und die ist zeitlos, ewig und unsterblich. So lange es Menschen auf dieser Erde gibt, wird es deshalb auch ein Weihnachten geben, egal an welchen Gott oder an welche Götter die Menschen glauben, das ist nicht entscheidend, wohl aber die Botschaft. Liebe Leser, ich wünsche Ihnen von Herzen, dass Sie sie in sich verspüren und vielleicht auch weitergeben können. In diesem Sinn viel Freude beim Lesen.
Bernd H. Kämper
EIN AMERIKANISCHER WEIHNACHTSMANN
Eine Weihnachtsgeschichte
Von Zeit zu Zeit besuche ich die Erde gerne. Nicht allzu oft, dazu ist es mir da unten zu hektisch geworden, aber hin und wieder. Zum Beispiel so um die Weihnachtszeit herum. Nicht an den Feiertagen selbst, da bin ich immer noch beschäftigt. Natürlich nicht mehr aktiv, aber in beratender Funktion. Und damit bin ich voll ausgelastet. Sie glauben gar nicht, was für dumme Fragen einem die jüngeren Kollegen stellen. Obwohl ich zugeben muss, dass der Job erheblich komplizierter geworden ist, seit damals. Die Zeiten haben sich geändert und es ist keinesfalls alles besser geworden. Ich will jetzt nicht behaupten ‚im Gegenteil‘, und vieles ist ja auch besser geworden, aber gerade so um die Weihnachtsfeiertage … ich weiß nicht.
Es war Mitte Dezember und alle Welt war mit Weihnachtsvorbereitungen beschäftigt oder dem, was ihre Bewohner dafür hielten. Weil ich Lust verspürte, ein wenig umherzureisen, begab ich mich in einen Zug, der irgendwo durch die verschneite Landschaft im Nordosten Amerikas umherirrte, und genoss die Aussicht. Es war einer dieser kleinen anachronistischen Bummelzüge, der in fast jedem Städtchen hielt und nicht für eilige Reisende geeignet war. Der Zug war alles andere als voll, offenbar gab es nur noch wenig nichteilige Reisende.
So lernte ich Henry Miller an einem trüben Dezemberabend in einem ebenso trübe beleuchteten Eisenbahnabteil kennen, wo er, seine erkaltete Pfeife schmauchend, kopfschüttelnd versuchte, einige Akten zu studieren. Seine Eltern stammten aus Deutschland und waren nach dem Zweiten Weltkrieg ausgewandert. Er hieß eigentlich Heinrich Müller. Der abgeänderte Name, so hoffte er, würde mehr angelsächsischunternehmerisch klingen. Gebracht hatte es eigentlich nichts und seine Eltern, die schon vor langer Zeit gestorben waren, hatten ihn nie verstanden.
Er war ungeduldig und nicht gerade in einer friedlichen Vorweihnachtsstimmung. Er projizierte seinen ganzen Unmut in eine Welt, die er immer öfter nicht mehr verstehen konnte. „Ich möchte mal wissen, was schon wieder mit der Beleuchtung los ist“, schimpfte er und blickte über seine Brillengläser zu mir herüber. Wir waren allein im Abteil, daher war diese Bemerkung unmissverständlich an mich gerichtet, und ich wusste wohl, dass hier einer auf ein Gespräch aus war.
Daher antwortete ich: „Nehmen Sie es von der leichten Seite, das Dämmerlicht passt doch gut zu dieser Jahreszeit, man kann so schön die Landschaft an sich vorüberziehen lassen. Schauen Sie nur.“
Wir fuhren gerade langsam durch einen hell erleuchteten Kleinstadtbahnhof. Das Bahnhofsgebäude wurde links und rechts von zwei hohen Tannen eingerahmt, die durch zahlreiche bunte Lichterketten beleuchtet wurden.
„Was soll denn daran schön sein, können Sie mir das mal sagen?“, war die prompte Antwort. „Alles ist doch nur noch Geschäftemacherei, das kennt man doch. Weihnachten, du lieber Himmel, da ist vom ursprünglichen Sinn des Festes doch nichts mehr übriggeblieben.“
„Na ja“, erwiderte ich, „das liegt doch wohl bei Ihnen. Ich kann diese Phrasen nicht mehr hören. Ich weiß auch nicht, was Sie unter dem ursprünglichen Sinn des Festes verstehen. Sehen Sie, viele tragen das, was sie als Sinn eines solchen Festes der Nächstenliebe erkennen, sehr wohl in sich, aber sie verstecken es sorgfältig vor anderen, vor allem aber vor sich selbst. Sie haben Angst, dass es jemand finden würde. Sie haben Angst davor, dann zurückgestoßen zu werden. Angst davor, dass die sorgfältig aufgebaute ‚mir kann keiner‘- und ‚was geht mich der ganze Rummel an‘ - Fassade abbröckelt. Sie sind allein, auch und gerade in der Menge, die vor solchen Festtagen in unseren überfüllten Städten die Anonymität der geschäftig eilenden Menschen erst so richtig hochkommen lässt. Wissen Sie, was das Geheimnis ist? Ich bin ganz sicher, dass die meisten Leute viel lieber nett zu ihren Mitmenschen wären, man gibt ihnen bloß keine Gelegenheit dazu. Verstehen Sie, man muss dem anderen mal wieder eine Gelegenheit geben, nett zu sein. Und was eignet sich dazu besser als das Weihnachtsfest?“
Mein Gegenüber schwieg, starrte mit halb geschlossenen Augen durch das etwas beschlagene Abteilfenster und wölbte mit Daumen und Zeigefinger seiner rechten Hand die Unterlippe vor. Er schien überrascht ob meiner mit großem Ernst vorgetragenen Rede, ich hatte ihn, glaube ich, auf dem falschen Fuß erwischt, wie man heute sagt.
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