Rose Zaddach
NADELHERZ
Roman
Engelsdorfer Verlag
Leipzig
2018
Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.deabrufbar.
Copyright (2018) Engelsdorfer Verlag Leipzig
Alle Rechte bei der Autorin
Titelbild: Ariane Boss „Iris“ 100 x 200 cm Öl auf
Leinwand 2004 Fotograf Copyright Eric Tschernow
Covergestaltung: Thomas Rupp
Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)
E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2018
www.engelsdorfer-verlag.de
Nichts zu fühlen, was für eine Verschwendung!
Aus „Call me by your name“ von André Aciman
Mein Herz voller Nadeln
ein Nadelkissen ist mein Herz,
hat gehofft und geliebt und sich verschenkt
doch du hast es verraten.
Die Luft ist blau, die Sonne brennt,
aber mehr noch spüre ich
das Stechen deiner Nadeln.
Auch ich habe Nadeln in dein Herz gepflanzt
aber nicht gewusst, wie weh es tut,
ich war jung, ich war dumm,
ich habe absolut nicht nachgedacht,
doch ist auch dein Herz voller Nadeln.
Die Luft ist blau, die Sonne leuchtet,
Atem beruhige dich, mein Herz, leuchte,
auch wenn du niemals schlagen wirst wie einst,
wirst du wach und kräftig sein und stark.
Fado: Rose Zaddach
Cover
Titel Rose Zaddach NADELHERZ Roman Engelsdorfer Verlag Leipzig 2018
Impressum Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar. Copyright (2018) Engelsdorfer Verlag Leipzig Alle Rechte bei der Autorin Titelbild: Ariane Boss „Iris“ 100 x 200 cm Öl auf Leinwand 2004 Fotograf Copyright Eric Tschernow Covergestaltung: Thomas Rupp Hergestellt in Leipzig, Germany (EU) E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2018 www.engelsdorfer-verlag.de
Nadelherz NADELHERZ Mein Herz voller Nadeln ein Nadelkissen ist mein Herz, hat gehofft und geliebt und sich verschenkt doch du hast es verraten. Die Luft ist blau, die Sonne brennt, aber mehr noch spüre ich das Stechen deiner Nadeln. Auch ich habe Nadeln in dein Herz gepflanzt aber nicht gewusst, wie weh es tut, ich war jung, ich war dumm, ich habe absolut nicht nachgedacht, doch ist auch dein Herz voller Nadeln. Die Luft ist blau, die Sonne leuchtet, Atem beruhige dich, mein Herz, leuchte, auch wenn du niemals schlagen wirst wie einst, wirst du wach und kräftig sein und stark. Fado: Rose Zaddach
Prolog
Fado
Ich vergesse nie
Das Bildnis
Kindheit
Die Begegnung
Liebeserwachen
Die Prüfung
Die Flucht
Unbeirrbar
Die Rückkehr
Wartezeit
Gefühle
Das Liebesverhältnis
Die Kerze im Fenster
Das Leben geht seinen Gang
Sommerferien / Eine Reise
Sommerferien/Vorboten
Winterferien und danach
Die Tragödie rückt näher
Nichts mehr ist wie zuvor
Ich, Xavelia
Ich, Berret
Dunkelheit
Der Zusammenbruch
Verrat und Reue
Der Plan
Das Ultimatum
Bedrängnis
Der Skandal
Nichts geht mehr seinen Gang
Zwischenspiel
Der Prozess
Das Leben der Familie Gardot
Die Pferdeflüsterin
Jahre des Schweigens
Jugend und Chaos
Achtzehnter Geburtstag
Trauer, Tod und Neubeginn
Das Wiedersehen
Enttäuschte Hoffnung
Das Geschenk
Im Vakuum
Die Entscheidung
Aufbruch ins Unbekannte
Fado, Gesang der Nacht
Der Brief
Rondo
Epilog
Dank
Über die Autorin
Die Journalistin und die Prozessakte
Im Sommer des vergangenen Jahres nahm die Journalistin Albertine Martinek eine Prozessakte zur Hand. Sie war ihr von einer auffallend schönen, brünetten, etwa vierzigjährigen Frau kommentarlos übergeben worden.
Albertine Martinek hatte die Akte oberflächlich durchgeblättert und dann zuunterst ihres Aktenberges abgelegt. Dort staubte sie vor sich hin. Ja, Albertine hoffte im Stillen, dass sie die Akte vergessen würde. Doch sie kam ihr immer wieder in den Sinn oder gelangte beim Aufräumen und Ordnen unbeabsichtigt in ihre Hände. Die Sache war ihr im Grunde zu heikel. Das Leben hielt genug Katastrophen bereit, man musste sie nicht provozieren. Gewöhnlich handelte sie mit kühlem Kopf.
Der Inhalt der vernachlässigten Akte erinnerte Albertine immer wieder an eine Episode aus ihrem eigenen Leben. Beständig und in aller Stille begannen die dort beschriebenen Ereignisse ihre eigenen Vergangenheit heraufzubeschwören. Sie fühlte sich gedrängt, ja genötigt, sich die Akte vorzunehmen. Also begann sie noch einmal, in den Unterlagen zu blättern.
Die Prozessakte war im üblichen Juristendeutsch abgefasst, trocken, ohne Emotion und mit einem sachbezogenen Urteil versehen. Doch diesem Urteil schienen lange Überlegungen vorausgegangen zu sein. Das Gericht brauchte zur Urteilsfindung einige Wochen.
In den Unterlagen befand sich auch ein wirres Durcheinander von Briefen, Zetteln mit kindlichen Zeichnungen, codierten Botschaften, die kaum zu entschlüsseln waren, Gedichte auf weißem Papier und Todesanzeigen. Ebenso gab es eine genaue Beschreibung des Ortes, an dem sich die Ereignisse abgespielt hatten. Albertine beschloss, diesen Ort aufzusuchen. Sie erwartete allerdings nicht, nach so langer Zeit noch Erinnerungen oder Dokumentarisches vorzufinden. Immerhin waren Jahre vergangen. Sie wollte aber die Atmosphäre des Ortes erspüren, um der Geschichte, die sich dort ereignet hatte, nahe zu kommen.
Sie fuhr an einem kalten Wintermorgen los und fand ein verlassenes und verfallenes Gehöft unter einer weißen Schneedecke begraben. Es war früher Nachmittag.
Sie betrat das Gelände, spähte durch blinde Fensterscheiben, stapfte auf einem tief verschneiten Pfad eine Mauer entlang, fand die mit Gestrüpp überwachsene ehemalige Pferdekoppel, die Stallungen mit eingebrochenem Dachstuhl, dann Maschendraht auf frostiger Erde und einen vermoderten Zaun, der die Grenze des Anwesens anzeigte. In der Ferne leuchteten weiß in weiß die Spitzen der Alpen hervor.
Über ein aus den Angeln gehobenes Tor gelangte sie in den Hinterhof. Durch die Fensterscheiben entdeckte sie den ehemaligen Speiseraum mit einem großen Esstisch, um den Stühle herrenlos, wild und ungeordnet herumstanden. Sie sah Truhen, wie zum Aufbruch aus- oder eingepackt und hastig stehengelassen. Etwas abseits spähte sie durch eine zersplitterte Glasscheibe in die angrenzende Scheune. Die Scherben im Fenster waren mit rot bemalter Pappe, einer Blutspur gleich, notdürftig abgedeckt, die Werkstatt noch voller Hobelspäne und herumliegendem Werkzeug, als hätte gestern hier noch jemand gearbeitet. Auf einem Fensterbrett fand sie dann, mit Schnee und Laub bedeckt, von Kinderhand bemalte Steine, darunter auch einen Stein, in den ungelenk der Name „Xavelia“ eingeritzt worden war.
Die Journalistin steckte diesen Stein vorsichtig, als hätte sie einen Edelstein gefunden, in ihre Tasche. Er war die einzige Erinnerung an das dortige Geschehen und der Beweis dafür, dass das Mädchen Xavelia hier einmal gelebt hatte. Dann schritt sie durch den Schnee zurück und hinterließ eine Spur, die den ganzen Winter über hielt. Denn in der Nacht kam harter Frost und es würde bis zum Frühjahr kein Neuschnee mehr fallen. Das war selten. Die Berge leuchteten an hellen Tagen schneeweiß herüber und in den klirrenden Winternächten spannte sich ein funkelndes Sternenzelt über die Hochebene.
Читать дальше