Die zitierten Koranverse wurden übersetzt von Rudi Paret (Der Koran. Übersetzung, Stuttgart 112010), Hartmut Bobzin (Der Koran. Aus dem Arabischen neu übertragen, München 2010) sowie vom Autor selbst.
Copyright © Claudius Verlag, München 2017
www.claudius.de
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Umschlaggestaltung: Weiss Werkstatt München
Layout: Mario Moths, Marl
Gesetzt aus der Times New Roman und Trade Gothic
E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2017
ISBN 978-3-532-60018-4
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Titel
Impressum Die zitierten Koranverse wurden übersetzt von Rudi Paret (Der Koran. Übersetzung, Stuttgart 11 2010), Hartmut Bobzin (Der Koran. Aus dem Arabischen neu übertragen, München 2010) sowie vom Autor selbst. Copyright © Claudius Verlag, München 2017 www.claudius.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden. Umschlaggestaltung: Weiss Werkstatt München Layout: Mario Moths, Marl Gesetzt aus der Times New Roman und Trade Gothic E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2017 ISBN 978-3-532-60018-4
I. Einführung
II. Der pathologische Zustand der islamischen Identität
III. Die Wächter des Tempels
IV. Die vierzig Thesen
1. Es ist Zeit für einen Europäischen Islam.
2. Die Heilige Schrift des Islam an sich ist leblos. Erst die Interpretation macht sie lebendig.
3. Jede Muslimin und jeder Muslim hat die Freiheit, den Koran so zu interpretieren, wie sie oder er will.
4. Eine Reform des Islam braucht mutige Reformer.
5. Das Erbe des Islam muss frei erforscht werden können.
6. Die Reform des Islam ist im Koran selbst angelegt.
7. Reform des Islam bedeutet seine Anpassung an die Moderne.
8. Islamkritik ist keine pauschale Ablehnung des islamischen Glaubens.
9. Der Koran als Gotteswort ist im Laufe der Jahrhunderte zum Menschenwort geworden.
10. Wer den Koran respektiert, kann ihn nicht wortwörtlich nehmen.
11. Die Muslime müssen den Koran wieder zu einem Buch des Friedens machen.
12. Nur als Grundbuch einer humanistischen Ethik ist der Koran ewig und zeitlos.
13. Der Islam ist keine universale Religion, denn der Koran ist eine an die Araber adressierte Religionsschrift.
14. Das richtige Glaubensbekenntnis des Islam lautet: „Ich bezeuge: Es gibt keinen Gott außer Allah.“ (Koran 20:14)
15. Der Koran selbst betont die Wahrheit von Thora und Evangelien.
16. Muḥammad ist nur ein Mensch wie die anderen Menschen.
17. Irren ist menschlich, selbst der Prophet irrte.
18. Die Tradition des Propheten ist zwei Jahrhunderte nach dem Tod des Propheten aus politischen Gründen entstanden.
19. Die Reform des Islam ist ein ständiger Kampf gegen die Vernebelung der Vernunft.
20. Der Islam hat ein gestörtes Verhältnis zur Reflexion.
21. Die Muslime brauchen keine Gelehrten als vermittelnde Instanz zwischen Gott und den Menschen.
22. Die Moscheen müssen endlich von Import- und Selfmade-Imamen befreit werden.
23. Gott ist kein Tyrann, der sehnsüchtig darauf wartet, die Menschen zu bestrafen. Gott ist Liebe, Barmherzigkeit und Gnade.
24. Der Islam ist mehr als die fünf Säulen und die Glaubenslehre, nämlich auch gutes Handeln. Sola actio!
25. Gott hat den Menschen zur Freiheit befreit.
26. Gott hat den Menschen die Meinungsfreiheit geschenkt.
27. Das Prinzip der Glaubensfreiheit gilt auch im Islam.
28. Niemand hat das Recht, andere Menschen zu Ungläubigen zu erklären.
29. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ – das gilt auch für den Islam und die Muslime.
30. Der Dialog unter den Muslimen ist unentbehrlich, denn es gibt im Islam keine auserwählte Glaubensgemeinschaft.
31. Versöhnte Vielfalt in der dialogischen Begegnung: Religiös zu sein bedeutet heute interreligiös zu sein.
32. Keine Religion ist im Besitz der absoluten Wahrheit und kein Mensch hat den Schlüssel zum Paradies.
33. Der Islam hat die Frauen nicht zu freien Menschen gemacht, sondern zu Knechten der Männer. Die Frauen des Islam müssen sich erheben, denn ihre Peiniger werden sie nicht befreien.
34. Das Kopftuch ist keine religiöse Vorschrift, sondern ein historisches Produkt der männlichen Herrschaft.
35. Nicht der Koran, sondern die männliche Herrschaft des konservativen Islam verbietet den Frauen als Imaminnen in ihren Gemeinden tätig zu sein.
36. Der Islamismus hat sehr wohl etwas mit dem Islam zu tun.
37. Der nicht reformierte Islam ist keine Religion des Friedens.
38. Die Sinnkrise des Islam ist hausgemacht. Wir Muslime sind keine Opfer.
39. Der humanistisch-moderne Islam teilt die Welt mit anderen Religionen und Weltanschauungen
40. Nur ein liberaler Islam ist zukunftsfähig.
V. Epilog
Anmerkungen
Je mehr mich die Leute bedrohen,
umso größer meine Zuversicht.
Martin Luther
Religiosität wird heute im Westen der Privatsphäre des Einzelnen zugerechnet, trotzdem erleben wir spätestens seit dem 11. September 2001 eine verstärkte Rückkehr der Religion in den öffentlichen Diskurs. Gleichzeitig nimmt das Interesse an der öffentlichen Bedeutung von Religion in allen Schichten der Gesellschaft immer mehr zu.1 Möglicherweise hat auch die alltägliche mediale Präsenz des Islam in den letzten Jahren dazu geführt, dass die gesellschaftliche Bedeutung von Religion zu überdenken ist.2
Der Präsident des Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog, Kurienkardinal Jean-Louis Tauran, dankte den Muslimen jedenfalls kürzlich dafür, dass sie die Religion zurück in die öffentliche Sphäre Europas gebracht hätten.3 Von einzelnen christlichen Würdenträgern habe ich selbst gehört, dass sie mit Neid auf volle Moscheen beim Freitagsgebet blicken, während ihre eigenen Gotteshäuser weitgehend leer bleiben. Da schleicht sich bei mir manchmal der Verdacht ein, dass man sich von der Zusammenarbeit mit den konservativen Dachverbänden des Islam eine Wiederbelebung des Glaubens an sich erhofft. Als ob Gott in Europa ohne den Islam verloren wäre! Zieht man jedenfalls den Islam in Betracht, lebt Gott heute mehr denn je in Europa. Religion ist ein sinnstiftendes Teilsystem in den westlichen Gesellschaften und der Islam trägt zu ihrem multikulturellen Reichtum bei. Doch die dialogische Begegnung der Religionen und Weltanschauungen bleibt von radikalen Glaubensinhalten und -praktiken im Islam überschattet, die nicht selten auch zur Legitimation von Gewalt dienen und die ganze Welt damit in Angst und Schrecken versetzen.
Anhand der negativen Schlagzeilen über den Islam in der westlichen und islamischen Welt kann man davon ausgehen, dass der Islam sich in einer Sinnkrise befindet und die Muslime mitten in einer Zerreißprobe stecken. Die Moderne hat den Menschen von Grund auf verändert, die Glaubensvorstellungen und -praktiken des Islam allerdings sind weitgehend dieselben geblieben. Seit Jahrhunderten wird der Islam von einer konservativen Theologie beherrscht, was immer wieder in Gewalttaten mündet. Deshalb muss der Islam unbedingt reformiert werden. Wir können nicht anders als dem vorherrschenden Diskurs des Islam zu widersprechen und ihn kritisch infrage zu stellen. Dieser überfälligen Reform wird der konservative Islam sich nur mit Gewalt widersetzen können. Aufhalten können wird er sie jedoch nicht, denn der neue Kontext des Islam ist der Westen, der durch Meinungsfreiheit geprägt ist.
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