Die gleiche Sprache sprechen auch die Seeleute und die Journalisten in verschiedenen Medien nicht. Eine typische Schifffahrtsmeldung lautet zum Beispiel:
Containerfrachter MSC Flaminia verholte nach Odense (02. 12. 13)
Am 30.11. um 11.30 Uhr machte der deutsche Containerfrachter „MSC Flaminia“, 75590 gt (IMO: 9225615) beim Odense Steel Shipyard fest. In den vergangenen Tagen war ein Teil der kontaminierten Ladung in Aarhus gelöscht worden …
Die Entsorgungsfirma NORD soll nun 25,000 Tonnen Gefahrgut in Zusammenarbeit mit der Fayard-Werft und der H.J. Hansen Geningdvinding von Bord holen.
Der Auftragswert beträgt 50 Millionen dänische Kronen. Die Fracht (Hervorhebung HHD) soll in den Hochöfen von NORD in Nyborg in den kommenden Monaten verbrannt werden. (Quelle: Tim Schwabedissen )
Diesen Unfug wird ganz gewiss niemand machen, denn die Frachtist das Geld, das der Charterer oder Reeder für die Beförderung der Ladung bekommt. Der Charterer war MSC (Ökelname: „Mafia Shipping Company“). Als ich 1990 mit der AQUITANIA an MSC verchartert war, habe ich bei der Reederei nicht die geringste Neigung zum Verbrennen von Geld erkennen können. Es sind denn auch die Reste der Ladung, die verbrannt werden sollen.
Der Verfasser dieser Meldung ist durchaus nicht der Einzige, der Schwierigkeiten mit der Bedeutung bestimmter maritimer Begriffe hat. Ein weiterer beliebter Begriff, den er, wie auch zahlreiche Fachjournalisten, falsch verwendet, ist das „Rammen“. Kriegsschiffe haben sich früher gerammt, Schiffe kollidieren miteinander.
Vor ein paar Jahren hatten wir, meine Frau und ich, im Alten Land ein Haus gemietet, damit ich vom Ufer aus die auf der Elbe verkehrenden Schiffe fotografieren konnte. Neben mir stand oft ein noch nicht einmal vierzehn Jahre alter Junge aus dem Ruhrgebiet, der dieses Hobby wie ein Profi betrieb. Schiffe ziehen die Menschen an, egal ob sie klein oder groß sind. Es heißt nicht umsonst: Ihre Zahl ist Legion .
Im Lexikon Seefahrt (1981) findet sich folgende nüchterne Definition zum Schiff: Wasserfahrzeug, das allgemein zum Transport von Personen oder Gütern auf dem Wasserwege vorgesehen ist . Mit dieser Definition wird kein Seemann, der sein „Brotschiff“ liebt, zufrieden sein. Andererseits habe ich oft Beschreibungen zu einem Schiff gelesen, die ich einfach für albern halte. Als nüchterner Mecklenburger habe ich mit den folgenden Worten Basil Lubbocks, die er in seinem Buch „The Log of the CUTTY SARK“ zu dem berühmten Tee- und Wollklipper schrieb, meine Probleme: Ihre Geschwindigkeit ist ihr Hauptanspruch für ihre Berühmtheit. Sie hatte viele andere Charakteristiken, die wir nicht negieren dürfen. Als Segelschiff hatte sie einen Charakter, der genauso komplex war wie der eines Menschen. Daraus entstehen eine spezielle Faszination und ein ewiges Interesse derjenigen, die sie führten. Sie hatte ihre Macken, ihre Tage sanfter Vernunft und sie hatte ihre Tage schlechten Temperaments und des Eingeschnapptseins. Es gab Dinge, die sie mochte, und es gab Dinge, die sie nicht mochte. Sie konnte auf jede Aktion eines Mannes reagieren und sie konnte, wie ein bockendes Pferd, dies nicht tun .
Da halte ich es doch viel eher mit Joseph Conrad, der in „Der Spiegel der See“ schrieb: Schiffe sind in Ordnung: Es sind die Männer in ihnen .
Zur grundsätzlichen Bedeutung des Schiffes hat Arved Fuchs in dem Buch zum Internationalen Maritimen Museum in Hamburg „Am Anfang war das Schiff“ die folgenden bemerkenswerten Worte geschrieben: Kein anderes Transportmittel hat die Geschichte der Menschheit so beeinflusst wie das Schiff. Es ist das älteste und geschichtsträchtigste Fahrzeug aller Zeiten. Mit ihm verbinden sich gleichermaßen Abenteuer, Handelsinteressen, Mythen, Tragödien und Poesie. Bezieht man die Seekriegsgeschichte mit ein, sind sie gewissermaßen auch ein Spiegelbild der Entwicklungsgeschichte der Menschheit. Es sind die mutigen Entdeckungsreisen eines Fernando Magellan oder eines James Cook, aber auch die kühnen Fahrten früher Handelsreisen wie der Hanse oder der Ostindienkompanie, die die Welt zu der gemacht haben, die sie heute ist. Ohne Schiffe wären keine fremden Kontinente entdeckt und keine neuen Handelswege erschlossen worden …
Der britische Teeklipper CUTTY SARK im Dock in Greenwich, bevor er die heutige Form als Museum erhielt
Arved Fuchs bestätigt damit den alten griechischen Spruch:
Manch einer meint die Reiter,
ein anderer die Pferde,
ich aber sage Euch,
die Schiffe sind der Menschen höchstes Gut.
Die Menschheit hat einen langen Weg vom Einbaum zum 19.000-TEU-Container-Schiff zurückgelegt. Die Seeleute hatten zuerst allen Grund, sich mit ihren Nussschalen an der Küste entlangzutasten und um Gottes willen nicht den Spruch
Oh Gott, der Ozean ist so groß,
und mein Schiff so klein
zu vergessen. Zwischen dem Einbaum und dem Containerschiff liegen neben anderen bemerkenswerten Typen die Dschunken der Chinesen.
Chinesische Dschunke 1977 im Hafen von Hong Kong
Sie haben mit ihnen außergewöhnliche Reisen vollbracht und sind auf diesen Reisen zu dem bemerkenswerten Schluss gekommen: Das Wasser, welches das Schiff trägt, ist dasselbe, das es verschlingt . Die Chinesen haben einen anderen Weg bei der Entwicklung ihrer Schiffe als die Europäer beschritten. Die Europäer, von denen sich gerne einige mit dem Titel „traditionelle Schifffahrtsländer“ schmücken, nahmen den Fisch als Vorbild für die Form ihrer Schiffe. Das ist ein logischer Gedanke. Die Chinesen wählten einen anderen, ebenso logischen Weg. Sie orientierten sich an den schwimmenden Wasservögeln, die mir ihrer Brust die Wellen brechen und mit ihren Füßen und dem Schwanz steuern. Hätten die Chinesen die Seefahrt am Anfang des 15. Jahrhunderts nach den Reisen Admiral Zheng Hes nicht abrupt aufgegeben, wären sie bei der Größe und Qualität ihrer Dschunken zweifellos die „traditionelle Seefahrernation“ geworden.
Die Größe der Schiffe entscheidet nicht allein über ihre Seetüchtigkeit. Das hat die Fischerei mit ihren Kuttern, Loggern und Trawlern, die am unteren Ende der Größenskala rangieren, immer wieder bewiesen. Max Moldenhauer, ein alter Wustrower Fischer, erzählte mir mit den folgenden Worten, wie er seine Schiffe gesehen hat: Wir fuhren immer ums Nordkap in die Barentssee, zehn Tage hin und zehn Tage zurück. Bei schlechtem Wetter dauerte das ja noch länger. Der Logger hatte ja nur eine Geschwindigkeit von 10 Knoten, der lief ja nichts. Außerdem hatten die Logger keine Back. Jedes bisschen Wasser kam an Deck, ganz besonders wenn die Logger nach dem Fischen abgeladen waren. Das hat mir überhaupt nicht gefallen, auch weil wir bei Windstärke 10 und mehr nicht in die norwegischen Häfen einlaufen durften. Dann bist du da mit deinem Logger bei den Lofoten herumgehumpelt. In der Barentssee, wo wir auf Rotbarsch gefischt haben, musstest du zusehen, dass du mit deinem Schiff, genauso wie in der Nordsee, auf tiefes Wasser kamst. Auf tiefem Wasser sind die Wellen ja nicht so hoch und nicht so steil. Auf tiefem Wasser kann das Schiff das schwere Wetter besser abwettern. Im Skagerrak haben wir manchmal auf 18 Meter Wassertiefe gefischt. Wenn der Wind Bft. 8 oder 9 erreichte, musstest du zusehen, dass du mit deinem Kutter auf tieferes Wasser kamst. Dort hat uns Rasmus oft ordentlich einen eingeschenkt. Ich hatte insofern Glück, weil mein 26,5 Meter langer Kutter, mit dem ich später von Saßnitz aus gefahren bin, besser als ein Logger mit diesem Wetter klarkam. Die Logger fuhren immer in die See. Dann musste man wieder aufstoppen, damit das Wasser ablief. Später hat man die Logger in der Werft umgebaut und sie mit einer Back versehen. Mit den Loggern bist du oft genug zurückgetrieben. Du kamst wieder dahin, wo du hergekommen warst .
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