Die Frage nach dem, was uns am Süden betört, liegt im Klima beantwortet, im Licht, in der Wärme, in der Natur. Und es ist eine Frage der Kultur und der Mentalität.
Unser hier besuchter Süden ist die nordöstliche Adria – von Venedig über Triest bis nach Rijeka – und ihr Hinterland. Was die Ortsnamen anbelangt, nehmen wir die uns gebräuchlichen, also Venedig statt Venezia, verweisen aber, des besseren Verständnisses wegen, immer wieder auf die früheren Bezeichnungen, wie Rijeka/Fiume, Cres/Cherso … Die Orte unseres Betrachtungsraumes werden im Text der Übersichtlichkeit wegen da und dort durch Fettstellung hervorgehoben.
Wir verlassen also die engen Täler und Kirchturmhorizonte, uns zieht es „hinunter“ in den Süden. Mit der Sehnsucht begeben wir uns auf den Weg dorthin und machen dabei auch unterwegs schon halt, wurde doch das Land hinter der Küste und den Stränden lange Zeit nur auf der Direttissima zu den Urlaubszielen durchfahren. Wir tauchen ein in Regionen, die ungeheure Vielfalt auf engem Raum bieten. Drei Welten treffen sich hier: die romanische, die slawische und die deutsch/österreichische. Das ergibt eine dichte Kulturlandschaft mit viel Geschichte, die auch in kulinarischer und önologischer Hinsicht einen Sehnsuchtsraum darstellt.
Die gemeinsame Vielfalt des Genusses
Venetien, Friaul, Istrien – neben der Geschichte finden sich auch in den Küchen dieser Regionen viele Gemeinsamkeiten. Eine davon, wenn nicht sogar die wichtigste, ist die Polenta. Der gelbe, köstliche Brei aus Maisgrieß, der zu fast jedem Gericht passt. Zu Fleisch, zu Fisch, zu Pilzen, aber auch zu weichen Käsesorten.
Neben der Polenta zählen viele Eintopfgerichte zu den kulinarischen Gemeinsamkeiten. Im Landesinneren werden diese kräftigen Speisen, die auf die bäuerlichen Traditionen zurückgehen, oft mit Fleisch und Wurst zubereitet. Nähert man sich den Küstengebieten, dominieren natürlich Fisch und Meeresfrüchte.
Speck und Schinken, specke prosciutto,špekipršut zählen ebenfalls zu den Köstlichkeiten, die entlang der Küste von Venedig bis Opatija und natürlich jeweils im Landesinneren zu finden sind. Gemeinsam sind auch Gnocchi, Risottovariationen und natürlich Nudeln.
Der italienischen Pasta in ihrer unglaublichen Vielfalt stehen in Istrien unter anderem Fuži, Nudelplättchen – pasutice, kleine Makkaroni – pljukanci – und anderen traditionelle Nudelsorten gegenüber. Die Produktion von köstlichen Olivenölen ist eine der kulinarischen Gemeinsamkeiten, die Friaul-Julisch Venetien ebenfalls mit Istrien verbinden.
Würzige Käse wie der Asiago und der Montasio kommen aus den Bergen in Venetien und Friaul. Köstlicher Schafkäse wiederum wird auf der Insel Pag in Kroatien produziert.
Viele Gemeinsamkeiten finden sich auch bei Süßspeisen: Fritole, das sind in Öl ausgebackene süße Teigbällchen – ein Mittelding zwischen Krapfen und gebackenen Mäusen –, bekommen Sie von Verona bis nach Istrien, in Triest isst man Palatschinken, Buchteln, Strudel und Pinze. Für Udine und das Friaul ist das Hefegebäck Gubana typisch, eine schmackhafte Schwester des Kärntner Reindlings.
Wer aber glaubt, dass eine derartige Gemeinsamkeit an kulinarischen Angeboten eine Eintönigkeit im Geschmack bedeutet, irrt.
Gemeinsam ist all den Speisen eine Vielfalt an Geschmackserlebnissen, die vor allem auf die Verwendung regionaler Produkte mit regional unterschiedlichen Zubereitungsarten zurückgeht. Vermutlich einer der Gründe für die uns innewohnende Sehnsucht nach dem Süden.
Eine kleine, feine Auswahl an Weingütern
Azienda Agricola
Alessio Dorigo
33040 Povoletto (UD)
Via Subida 16 – Località Bellazoia
Tel. +39 0432 634161
www.montsclapade.com
Azienda Marco Felluga
Via Gorizia 121
34072 Gradisca d‘Isonzo (GO)
Tel. +39 0481 99164/922337
www.marcofelluga.it
Azienda Russiz Superiore
Via Russiz 7
34070 Capriva del Friuli (GO)
Tel. +39 0481 80328/922337
www.marcofelluga.it
Vie di Romans
Loc. Vie di Romans
34070 Mariano del Friuli (GO)
Tel. +39 0481 69600
www.viediromans.it

Griechisches oder Medea war (fast) überall
„Wer zählt die Völker, nennt die Namen, die alle hier zusammenkamen?“
Friedrich von Schillers in den „Kranichen des Ibikus“ auf Korinth bezogene Feststellung gilt auch und ganz besonders für unseren Betrachtungsraum. Wer war nicht alles hier? Schon die Hellenen fühlten sich in der episch-homerischen Landschaft des Kvarner wohl.
Hier hatte sogar Aphrodite/Venus ein Domizil. Die Göttin der Liebe soll die Insel Lošinj geliebt haben. Als Wellenschaumgeborene ist sie ohne das Meer nicht denkbar. Die salzige „Ursuppe“ wiederum wurde durch die Genitalien des Uranus fruchtbar, den sein Sohn Kronos mit einer Sichel entmannt hatte.
Auf der Insel Cres lebte (oder auch nicht) Circe/Kirke, jene Zauberin, die die Gefährten des Odysseus in Schweine verwandelte.
Und wir finden mit Jason einen Prototyp männlicher Eitelkeit. Mit seinen Argonauten segelte er nach Kolchis an der Ostküste des Schwarzen Meeres. Das Goldene Vließ galt es zu holen/rauben. Medea, die Tochter des Königs von Kolchis, entflammte in heißer Liebe für Jason und half ihm, das Fell des goldenen Widders zu entwenden. Beide flohen nach Korinth. Doch Jason verließ sie wegen einer anderen. Medea tötete die Nebenbuhlerin und in rasendem Schmerz ihre von Jason gezeugten Kinder. Über Athen gelangte sie schließlich nach Asien, wo sie zur Stammmutter der Meder wurde.
So berichtet es die Sage bzw. eine ihrer Versionen. Es heißt auch, die Argonauten wären mit ihrem Schiff auf der Išther, das ist der griechische Name für die Donau, stromaufwärts gefahren und dann dem Laufe der Save gefolgt. Dort, wo der Laibach bzw. die Lublijanica in die Save mündet, erlegte Jason den Drachen, der zum Wappentier der slowenischen Hauptstadt wurde.
Oder lag das Laibach/Emona der Argonauten an der Mündung des Timavo? Von Jason begründet (auch Pulasoll auf ihn zurückgehen), wäre diese Siedlung bald zerstört worden. Und Medea zog sich zurück. Nach Medea!Der so genannte Ort liegt südlich von Cormòns.Vielleicht lag hier einst das sagenumwobene Kolchis?
Jedenfalls erhebt sich auf dem Medea-Hügel von Medea seit dem Jahr 1951 ein Monument aus Travertin-Marmor: die Ara pacis, ein von vierzehn voluminösen Pfeilern umrahmter Friedensaltar. Der Ort ist gut gewählt, denn die Region war oft kriegsumtost und litt unter den Horden der Hunnen bis hin zu den Schergen der Nazis. Odium parit mortem, vitam progignit amor – „Hass führt zum Tode, Liebe zum Leben“, steht am Altar eingraviert. Trifft das für Medea zu?
Wenige Kilometer weiter in der Lagune von Gradodrehte Pier Paolo Pasolini (1925 – 1975) im Jahr 1969 Teile seines Medea-Filmes mit Maria Callas.
Im Schlamm der Lagune finden Glückliche, da sie selten ist, die wunderbar geformte Argonauta-Muschel, womit wir wieder bei Jasons Truppe sind. Diese war, ihr Schiff auch auf dem Rücken tragend, an den Kvarner gelangt. In dessen Gewässern wartete bereits die Flotte der Kolcher unter der Führung von Medeas Bruder Absyrtos. Die für die Liebe Jasons alles gebende Medea lockte den Bruder in eine tödliche Falle. Aus den zerstückelten Teilen seines Körpers seien Cres und Lošinj – die Inseln werden auch Absyrtiden/Apsyrtiden genannt – entstanden.
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