Derzeit beläuft sich der Warenverkehr im Triestiner Hafen auf etwa 50 Mio. Tonnen pro Jahr, davon sind 35 Mio. Tonnen Rohöl, das über die Transalpin-Pipeline nach Österreich (Schwechat), Deutschland (Ingolstadt) und Tschechien weitergeleitet wird. Der Großteil der restlichen Waren besteht aus Holz, Kohle, Mineralstoffen, Getreide und Kaffee. Das umgeschlagene Containervolumen liegt bei jährlich 250 000 (Rotterdam: mehr als 9 Mio.), für knapp 200 000 Passagiere ist Triest Ankunfts- oder Abfahrtshafen.
Größtes Problem ist nicht die Kapazität der 2,3 Mio. Quadratmeter großen Hafenanlagen mit ihren 12 Kais und nahezu 50 Anlegeplätzen, sondern die Anbindung an Straße und Schiene. Dringend erforderlich wäre ein Ausbau der längst zu einem Nadelöhr mit kilometerlangen LKW-Staus gewordenen Autobahn Triest – Venedig sowie der Schienen-Infrastruktur, ist doch die derzeitige Bahnlinie bereits mehr als 150 Jahre alt. Das 2006 mit einem „Letter of Intent“ zwischen Polen, Tschechien, der Slowakei, Österreich und Italien besiegelte Großprojekt „Baltisch-Adriatische Achse“ soll dazu beitragen, die europäischen Verkehrsströme dem Wandel der wirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen.
Auch als Zentrum für Handel und Dienstleistungen braucht Triest dringend verbesserte Verkehrswege zu Land. Immerhin hat Italiens größter Versicherungskonzern, die 1831 hier gegründete Assicurazioni Generali, nach wie vor ihren Hauptsitz in der Hafenstadt, von der aus die weltweiten Aktivitäten der Gruppe koordiniert und gesteuert werden.
Einen wichtigen Schritt in die Zukunft hat man bereits 1982 mit der Errichtung des „AREA Science Park“ in der Karst-Hochebene zwischen Padriciano und Basovizza gewagt. Mit derzeit 88 Unternehmen, Forschungslabors und Beratungseinrichtungen – das Spektrum reicht von der Finanzwelt über Dienstleistungen, Hi-Tech, Physik, Informatik und Umwelt bis hin zu Medizin – sowie 2 600 Beschäftigten gilt die Anlage heute als einer der international renommiertesten Technologieparks (Infos unter www.area.trieste.it).
Am Schnittpunkt der Kulturen nimmt das Thema Bildung einen großen Stellenwert ein. Die Universität Triest (Università degli Studi di Trieste) wurde 1924 gegründet und musste zunächst im Spannungsfeld der habsburgischen beziehungsweise italienischen Vorherrschaft während des Ersten und, später, während des Zweiten Weltkriegs einige stürmische Zeiten durchleben.
Begonnen hatte man mit einer juridischen und wirtschaftlichen Fakultät, bald kamen Philosophie und Philologie hinzu. Heute gibt es in Triest 12 Fakultäten und knapp 20 000 Studierende. Müßig zu erwähnen, dass sich unter den Persönlichkeiten aus dem Universitätsbereich nicht nur bekannte Wissenschafter, sondern auch renommierte Schriftsteller befinden, darunter Claudio Magris. In den seit einigen Jahren italien- und weltweit durchgeführten Universitätsrankings schneidet die Universität Triest jedenfalls stets sehr gut ab.
Von kosmopolitischem Zuschnitt ist aber auch die Internationale Schule in Triest, die 1964 gegründet wurde und ihren Sitz hoch oben im luftigen Vorort Opicina hat. Vom Kindergarten bis zur Maturaklasse wird hier von hochqualifizierten muttersprachlichen Lehrern in englischer Sprache unterrichtet, natürlich mit Italienisch als fixem Bestandteil des ambitionierten und innovativen Lehrplans.
Eine weitere Kaderschmiede befindet sich gleich in der Nähe von Triest, nämlich in Duino. Ausgewählte Schüler aus etwa 80 Nationen dürfen hier mittels Leistungsstipendium zwei Jahre lang das „United World College of the Adriatic“ besuchen, das eines von weltweit dreizehn UWCs darstellt. Die Schwerpunkte der hier gebotenen Ausbildung, die mit einem Diplom (und damit einer Universitätszugangsberechtigung) abschließt, liegen nicht nur im sprachlichen, kreativen oder auch naturwissenschaftlichen Bereich, sondern in speziellen Projekten zur Förderung der sozialen Kompetenz.
Es kann nicht nur das magische Kreativzentrum Kaffeehaus gewesen sein, weshalb sich Triest in seiner kurzen Glanzzeit zu einer der literarischen Hauptstädte Mitteleuropas entwickelte. Die Multinationalität dieser Stadt, die kulturelle Strömungen aus allen Himmelsrichtungen aufsaugte, schuf ein geistiges Klima, in dem etwa in den letzten drei Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts nicht weniger als 560 Zeitungen und Zeitschriften in verschiedenen Sprachen gedeihen konnten.
Anhand lebensgroßer Statuen von Nino Spagnoli kann man in Triest auf den Spuren der berühmtesten Dichter und Schriftsteller wandeln, die hier geboren wurden, eine Zeit lang gelebt oder die Stadt zum Schauplatz ihrer Werke gemacht hatten. Am Ponte Rossoüber dem Canal Grande begegnet man dem großen Iren James Joyce(1882 – 1941). In Bronze gegossen, mit einem Hut auf dem Kopf, die linke Hand lässig in der Hosentasche – in der Pose eines in Gedanken versunkenen Spaziergängers steht der Autor auf der Brücke.
An der Piazza PonterossoNr. 3 befand sich eine der insgesamt neun Triestiner Wohnungen des freiwilligen Exilanten, der zwischen 1905 und 1915 mit mehreren kurzen Unterbrechungen in Triest lebte und sich seinen kargen Lebensunterhalt als Englischlehrer an der damaligen Berlitz-School in der nahen Via San Nicolò verdienen musste. Die städtische Bibliothek und die Universität Triest zeichnen verantwortlich für das Museo James Joyce(Via Madonna del Mare 13, 2. Stock, Mo – Sa 9 – 13, Do auch 15 – 19 Uhr, Eintritt frei, www.museojoycetrieste.it, Bus Linie 30), ein Studien- und Dokumentationszentrum, das auch „Itinerari Joyciani“, Spaziergänge zu den von Joyce bevorzugten Plätzen und Lokalen der Stadt, veranstaltet.
Nachdem er in Triest zunächst Gedichte und Kurzgeschichten verfasst hatte, begann der Schriftsteller noch mit den ersten Skizzen seines weltberühmten, zum Kult gewordenen Romans „Ulysses“, ehe er im Ersten Weltkrieg als „feindlicher Ausländer“ das Land verlassen musste. Auch wenn er mit diesem monumentalen Werk seiner Geburtsstadt Dublin ein grandioses literarisches Denkmal gesetzt hat, so vermeinen namhafte Literaturwissenschafter in vielen Merkmalen des Textes Triest zu erkennen.

Joyce, der gerne und in großen Mengen dem Alkohol zusprach, ließ sich nicht nur von der Atmosphäre in den Kaffeehäusern, Kneipen und Bordellen der Adria-Stadt inspirieren, es heißt auch, dass er in seinem Englischschüler und Freund Italo Svevo das Vorbild für den Protagonisten des Romans, Leopold Bloom, gefunden habe.
Dem Bronze-Standbild von Italo Svevo(1861 – 1928), der einer deutsch-jüdisch-italienischen Familie entstammte und eigentlich Ettore Schmitz hieß, begegnet man auf der schattigen Piazza Hortis: einen Hut in der linken, ein Buch in der rechten Hand, die Miene eher skeptisch. Die Figuren seiner Romane sind keine stolzen Helden, sondern dem Leben kaum gewachsene Grübler, wenn nicht gar Versager. Svevo, längst als großer Erneuerer des italienischen Romans anerkannt, hatte als eingeheirateter Besitzer einer Lackfabrik im Gegensatz zu Joyce, der ständig unter Geldnot litt, keine materiellen Sorgen. Er war jedoch über die Erfolglosigkeit seiner ersten Romane „Una Vita“ („Ein Leben“, 1892) und „Senilità“ („Ein Mann wird älter“, 1898) so frustriert, dass er sich ernsthaft überlegte, seine schriftstellerische Tätigkeit aufzugeben. Ohne seinen Englischlehrer Joyce, der ihn zum Weiterschreiben ermutigte, hätte er wohl sein Meisterwerk „La coscienza di Zeno“ („Zeno Cosini“, veröffentlicht 1923) niemals geschaffen. Der Ire war es auch, der die Romane seines Schülers nach dem Ersten Weltkrieg international bekannt machte.
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