In der Mittagszeit beendeten wir die Arbeit, wuschen uns im Fluss und setzten uns anschließend in die warme Sonne auf der betonierten Terrasse vor der Ashramküche zum Essen nieder. Eine halbe Stunde blieb zum Ausruhen übrig, dann ging es bis kurz vor Sonnenuntergang an die Arbeit zurück. Danach wuschen oder badeten wir uns wieder, bis es Zeit wurde, am Abend-Arti teilzunehmen. Nach dem Gottesdienst servierte die Küchenmannschaft das Abendessen, normalerweise Reste vom Mittagsmahl, aber gelegentlich auch etwas frisch Gekochtes. Abends um zehn Uhr sollten nach den Ashramregeln die Lichter gelöscht werden, aber nach dem Abendessen gab es immer so viel zu bereden, dass die Unterhaltungen nur durch die Müdigkeit beendet wurden.
Kurz nach dem plötzlichen Tod meiner Frau Jackie Ende Oktober 1978, sie war unerwartet an einem Bienenstich gestorben, war Margaret in Washington in mein Haus gekommen. Margaret unterrichtete damals transzendentale Meditation und suchte einen Job und eine Unterkunft. Ich war zu dieser Zeit in einem Team des Außenministeriums, das den Vertrag für den Bau einer neuen amerikanischen Botschaft in Moskau aushandelte, und ich brauchte einen Haus- und Katzenbetreuer, da ich um Weihnachten 1978 ständig hin- und herreiste. Als meine Reisen beendet waren, bemerkte ich immer mehr, wie bezaubernd und hilfreich Margaret war und so fragte ich sie eines Tages, ob sie mich heiraten wolle. Sie sagte nicht ja, blieb aber bei mir wohnen. Margaret hatte wie Jackie und ich die "Autobiographie eines Yogi" von Paramahansa Yogananda gelesen und war ebenfalls fasziniert von den Berichten über Mahavatar Babaji. Als Margaret im Sommer 1979 von Babajis Dasein in Haidakhan erfuhr, entschloss sie sich, im Januar 1980 zusammen mit Leonard Orr und einer Gruppe von Rebirthern nach Haidakhan zu fahren. Ich hatte ihr bei den Reisevorbereitungen geholfen und Margaret sollte mich anschließend, wenn meine Pensionierung erfolgt war, auf einer Geschäftsreise durch Europa und Israel begleiten, bei der es um die mögliche Gründung einer internationalen Beratungsfirma ging. Doch als ich in London eintraf, fand ich zwei Briefe von ihr vor, in denen sie mir schrieb, dass sie wünschte, den Rest ihres Lebens in Babajis Gegenwart zu verbringen. Mehr wolle sie nicht und sie danke mir für alles. Nachdem ich eine Nacht überlegt hatte, was ich tun sollte, verlängerte ich mein Flugbillet über Tel Aviv nach Neu Delhi und telegraphierte an das indische Außenministerium wegen eines Gesprächstermins. Auf diese Weise bin ich früher zu Shri Babaji gelangt, als mein Steinbockgemüt es mir zugestanden hätte.
In Neu Delhi, in Vrindaban und während der zehn Tage in Haidakhan versuchte ich Margaret zur Rückkehr in die Vereinigten Staaten und zur Heirat zu bewegen, aber sie ließ von ihrem Wunsch, bei Babaji zu bleiben, nicht ab. Ich aber wurde immer unruhiger bei dem Gedanken an meine Geschäftsangelegenheiten und flog schließlich in die USA zurück. Margaret begleitete mich nach Neu Delhi, um mich dort zu verabschieden, blieb aber in Indien.
In Washington D.C. saß ich dann an meinem Schreibtisch, um einen Bericht an zukünftige Kunden über die gewonnenen Erkenntnisse meiner Geschäftsreise zusammenzufassen, aber er glückte mir nicht. Tag für Tag saß ich da, schweifte ab, war konfus und durcheinander. Jeden Morgen und jeden Abend las ich das Haidakhan Arti durch, und es endete fast immer unter Tränen und in Verwirrung. Ich konnte nicht verstehen, was mit mir los war. Nach ungefähr zehn Tagen kam der Durchbruch. Die Worte flossen mir nur so aus der Feder, und nochmals zehn Tage später verfügte ich über einen guten Bericht, den ich meinen zukünftigen Kunden zusenden konnte. Außerdem war ich noch meinem früheren Arbeitgeber vertraglich verpflichtet und wollte das Projekt abschließen. Dabei ging ich noch einmal durch den Prozess des "Nichtkönnens", gefolgt von einem erfolgreichen Arbeitsanfall.
Margaret rief mich aus Indien an, um mir mitzuteilen, dass Shri Babaji sie nach seiner Ankunft in Haidakhan als erstes fragte: "Warum ist dein Freund ohne meine Erlaubnis abgereist?" Wenige Tage später schickte er Margaret aus dem Ashram fort (das dritte Mal während ihres dreimonatigen Aufenthaltes dort) mit der Bemerkung, sie solle "nach Hause gehen". Da für sie ihr Zuhause bei Babaji war, ging sie einfach in einen anderen seiner Ashrams.
Ich war so durcheinander und so unzufrieden mit meinem Verhältnis zu Margaret und zu Shri Babaji, dass ich sechs Wochen nach meiner Rückkehr aus Indien wieder im Flugzeug auf der Reise nach Neu Delhi und Haidakhan saß.
Als ich oben an den "108 Stufen" des Haidakhan Ashrams angekommen war, traf ich Margaret, die vor Swami Fakiranands Büro einen kleinen Teppich ausschüttelte. Ich hatte Washington so überstürzt verlassen, dass ich keine Zeit gefunden hatte, ein Telegramm zu schicken. Als Margaret mich sah, fiel sie fast in Ohnmacht vor Überraschung, doch sie erholte sich schnell und sagte, Shri Babaji würde im Tempel Darshan abhalten und ich solle mich schnell waschen, bevor ich zu ihm ginge.
Babaji saß auf seinem Sitz in der Kirtanhalle, einem Raum mit nur drei Wänden, dessen offene Seite zum Tempel hin lag, in dem die Statue des "Alten Haidakhan Baba" stand. Babaji sprach gerade mit einem Inder, und so kniete ich mich hin, berührte seine Füße und setzte mich. Als Babaji seine Unterhaltung beendet hatte, wandte er sich mir zu und fragte: "Warum bist du ohne meine Erlaubnis fort gegangen?" (Später erfuhr ich, dass das Ashram Protokoll Shri Babajis Einverständnis verlangte, wenn man kommen oder gehen wollte). Ich erklärte ihm, dass ich an meinem Geschäftsvorhaben hätte weiterarbeiten müssen, wie es um die Arbeit stand und weshalb ich zurückgekehrt sei. Nach einigen Minuten beendete Shri Babaji seinen Darshan, verließ seinen Sitz und nahm mich bis zum Fuß der Treppe mit, von wo aus man zu den Gästezimmern im geräumigsten Ashramgebäude geht. Er wies einen Schüler an, mir einen der Räume zu geben, und wir trugen dann später unser Gepäck hinauf.
Als ich zurückkam, saßen die Leute bereits beim Mittagessen. Margaret setzte sich von mir fort, doch nicht lange, denn, als Shri Babaji kam, bat er die Person, die zwischen uns war, sich an einen anderen Platz zu setzen. Er setzte uns also mit Nachdruck zueinander und fügte noch hinzu: "Du darfst sie in dein Zimmer nehmen, wenn du möchtest!" Dann entfernte er sich. Margaret war über diese Worte entsetzt und sehr ärgerlich, denn nach den Ashramregeln hatten Männer und Frauen getrennte Unterkünfte. Noch bevor Margaret damit fertig war, mir zu sagen, ich solle nicht von ihr verlangen, in meinen Raum zu ziehen, kam Shri Babaji zu uns zurück und sagte: "Du kannst sie heiraten, wenn du willst!" Nach diesen Worten ging er in das Zimmer, in dem er einige Bissen von dem ihm angebotenen Essen nahm. Margaret wusste aber auch, dass sie Shri Babaji vollends ihren Willen übergeben hatte und ihm aus diesem Grunde nichts abschlagen könne. Aber als Rechtsanwältin bemerkte sie natürlich, dass Shri Babaji bei beiden Bemerkungen mir die Wahl überlassen hatte, folglich begann sie mit Nachdruck an mir zu arbeiten, dass ich ja nicht von meinem "Vorrecht" Gebrauch mache.
Eine Woche lang spielte Shri Babaji mit uns. Wir teilten das Zimmer, arbeiteten gemeinsam, aßen zusammen und sprachen gemeinsam mit Babaji. Einmal, bei den Tempeln nahe des Abhanges, als wir uns vor ihm hinknieten, nahm er unsere rechten Hände in die seine, drückte sie und sagte lachend auf Englisch: "Ihr seid verheiratet! Ihr seid verheiratet!" Dann ging er schnell fort und ließ uns verwundert zurück. Natürlich fragten wir uns, ob das jetzt Ernst gewesen war. Wir kannten zwar seine Art, Menschen plötzlich in unerwartete Situationen hineinzuwerfen, um sie zu prüfen und um ihnen über ihre Probleme und Gelüste hinwegzuhelfen, aber es bestand immerhin die Möglichkeit, dass er unsere Heirat wünschte. So fingen wir an, Babaji zu fragen: "Ist diese Heirat dein Wille?" oder war es mein Wunsch, den Shri Babaji erfüllte? Als Margaret ihm eines Tages diese Frage stellte, antwortete er, er würde meinen Wunsch unterstützen. Ein andermal gab er mir auf diese Frage eine unverbindliche Antwort.
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