Endlos lange nackte Beine wurden übereinander geschlagen. Ein kurzer Einblick wurde ihm gewährt, denn ihr Rock war eher ein zu knapper Gürtel. Miller wunderte sich nicht, in dieser Stadt schienen nur Verrückte zu wohnen. Bei diesem miesen Wetter so vor die Tür zu gehen war nicht gerade chic. Obwohl er natürlich zugeben musste, dass sie einen wirklich schönen, fast hätte er gesagt leckeren Anblick bot.
Er schaute wieder in den Spiegel. Eigentlich wollte er sich heute Abend besaufen. Die letzten Tage waren ziemlich stressig gewesen. Zu viele Leichen die er noch verarbeiten musste lagen in den Fächern in seinem Keller. Sein Job gefiel ihm, er hatte ihn immer gerne gemacht. Wenn die Polizei ihm den Tod brachte wurde er lebendig. Er untersuchte die Leichen sehr gewissenhaft. Doch nach seiner Arbeit fiel er immer öfters in ein dunkles Loch. Die Seelen der Toten schlugen über ihm zusammen, erdrückten ihn mit ihren Geschichten.
Wie ein Rockstar, der nach seinem Auftritt allein in seiner Umkleidekabine sitzt und das eben Erlebte verarbeiten muss, so empfand Miller seinen Feierabend. Kein Mord würde jemals unbemerkt über seinen Tisch gehen. Jede Pore, jede Falte untersuchte er. Er sah die Abgründe von Menschen, sah in ihre Mägen, in ihre Köpfe und unter ihre Haut. Jedes noch so kleine Geheimnis entriss er ihren Körpern. Mit jedem Schnitt seines Skalpells kam er ihnen näher. Mit jedem Tropfen, jeder Faser, die er fand, wurde sein Blick klarer für das, was dem Menschen vor ihm auf seinem kalten stählernen Tisch passiert war.
Seine Augen waren rot, das Weiße hatte sich zurückgezogen um sich der verrauchten Umgebung in der Bar anzupassen. Die Lady in rot und der Wirt rauchten eine nach der anderen, unterhielten sich leise. Miller sah in ihnen Tumore wachsen, die er dann irgendwann herausschneiden durfte, um ihre Todesursache zu dokumentieren. Die Frau neben ihm würde sicherlich draußen erfrieren. Er schloss kurz die Augen und sah sie vor sich steif, nackt und blau auf seinem Tisch liegen.
Er nippte lächelnd an seinem Glas. Seine Kollegen mochten ihn nicht besonders. Sie fanden ihn ziemlich schräg wenn nicht sogar bizarr. Er konnte schon immer besser mit den Toten kommunizieren. Lebende redeten ihm zu viel ohne etwas zu sagen.
Ein Drink und Blickkontakte
“Spendieren Sie mir einen Drink?”
Miller drehte seinen Kopf in die Richtung von der aus mit ihm gesprochen wurde. Sie blickte nach vorne, drehte sich langsam auf ihrem Barhocker zu ihm und wechselte ihre Beinhaltung. Ihre Stimme war verrucht, dunkel und zugleich butterweich - wie Whiskey, aus einem alten, einem sehr alten Fass.
Einen Slip trug sie nicht. So viel konnte er erkennen - und auch noch einiges mehr. Sie ließ ihm die Zeit, die er brauchte, um ihre weibliche Anatomie zu studieren. Sie besaß sehr große innere Schamlippen. Die quollen etwas aus ihrer Spalte. Wie Lippen, die sich zum feuchten Kuss verformten.
Tom Waits stimmte einen neuen Song an, seine rauchige Stimme passte zum Whiskey, den Miller sich langsam über die Zunge laufen ließ. Er mochte es, wenn sie wie betäubt in seinem Mund lag, mochte es, wenn er jeden Geschmacksnerv stimulierte. Er kam sich vor wie in einem Kriminalfilm, in dem die schöne Verdächtige den Inspektor verführte, um ihn auf eine falsche Fährte zu locken.
Miller nickte kurz dem Wirt zu.
Die Schenkel der Dame öffneten sich für ihn. Er erkannte ihre Erregung, dunkel rot, rosa, leicht bräunlich mit feuchtem Glanz sah er ihre geschwollenen Schamlippen. Ihre Klitoris war gut durchblutet und drückte die kleinen Falten auseinander, die sie schützten sollte. Der Wirt stellte der Schönen ein Glas Whiskey auf den Tresen. Sie nahm es in ihre schlanken Finger und führte es an ihre sinnlichen Lippen.
Miller überlegte wann er das letzte Mal Sex gehabt hatte? Es musste schon Jahre her sein. Er war doch sehr erstaunt, wie lebendig Menschen aussehen konnten. Insbesondere diese Frau. Sie schaffte es, ihn ins Leben zu holen. Stück für Stück zerrte ihr Leben an seinen toten Gedanken. Nackte Körper hatte er haufenweise vor sich auf seinem Tisch, jeden Tag wechselten sie sich ab. Doch an diesen toten Körpern fand er nichts Erotisches. Auch überkam ihn nie ein sexuelles Bedürfnis bei diesen Anblicken.
Die Toten waren wie Bücher für ihn. Aus denen er las. Er war einer der besten auf seinem Gebiet und bekam deshalb auch meistens die schwierigen Fälle zugewiesen. Nicht nur einmal deckte er einen Mord auf. Er war wie ein Spürhund, ein später Rächer für die Toten.
Ein weiches Lächeln legte sich auf den Mund der Frau, ihre Lippen glänzten feucht vom eben genommenen Schluck. Miller verfolgte ihre schlanke Hand. Sie bewegte sich nach unten und legte sich sanft auf ihr nacktes Bein. Ihre Haut war glatt und sah sehr gepflegt aus. Er mochte es, wie sie sich unter dem leichten Druck ihrer Finger ein wenig einbeulte. Sehr lebendig, sehr reizend.
Warum, so fragte sich Miller. Warum zeigte sie sich so offen? Sie war wunderschön, keine Frage. Wollte sie nur Sex? Schnellen Sex? Wollte sie ihre Lust, ein menschliches, lebendiges Bedürfnis, stillen?
In ihm wuchs der Wunsch, gedankenlos zu ihr zu gehen, sie in seine Arme zu nehmen. Ihren lebendigen pulsierenden Körper an sich drücken, ihren weiblichen Schoß mit seiner Männlichkeit auszufüllen. Wollte sie nur das?
Und er? Wollte er Sex? Nackte, warme Haut?
Er wusste nicht warum, aber genau das wollte er. Sie spüren ohne zu fragen, in sie eindringen, sie riechen und schmecken.
Ein Muttermal oberhalb ihres Knies weckte seine Aufmerksamkeit. Von seinem Platz aus betrachtet sah es ganz normal aus. Im Hintergrund bemerkte er den Wirt und wie er mit der Lady in rot flirtete. Er schien ihr zu gefallen, denn sie strich sich mit ihren Fingern immer wieder durch ihr dichtes Haar. Sie lachte, mehrfach, häufig, zeigte ihm den unbedeckten Hals, den Kehlkopf, das sichere Zeichen der Unterwerfung, berührte ihn am Oberarm und sog in stillen Momenten an ihrer Zigarettenspitze.
Eine leichte Bewegung ließ ihn wieder auf die Hand der Frau blicken. Mit sanftem Druck, leicht streichelnd, glitt sie höher. Miller fühlte sich irgendwie unwohl. Ein schon lange nicht mehr erlebtes Gefühl machte sich in ihm breit. Er rutschte nervös auf seinem Barhocker hin und her. Sie registrierte seine wachsende Begeisterung, sah aber auch, dass es ihrem Gegenüber irgendwie unangenehm war.
Sie setzte ihr beruhigendes Lächeln ein, umkreiste mit ihrem Finger ihre erregte Scham und genoss es von ihrem Gegenüber deutlich und unverhüllt gesehen zu werden. Miller bekam einen trockenen Mund, nippte an seinem Glas. Er sah tatsächlich nur ihr Äußeres, keine Bilder von seiner Arbeit drängten sich in den Vordergrund. Das war ihm in den letzten Jahren oft passiert. Er sah dann nicht lebendige menschliche Körper sondern ihre Leichen auf seinem Tisch. Er sezierte sie, während er mit ihnen sprach. Bohrte sich in ihre Gehirne und übersah dabei lebendige Augen.
Sie war anders als alle die Miller kannte. Noch nie hatte ihn jemand so fasziniert wie diese Frau. Es war ihm egal woher sie kam, warum sie ihm so freizügig ihre Lust präsentierte. Nur sie zählte, ihr Atmen und ihr Duft, der sich langsam ausbreitete. Ihr Körper pulsierte. Ein warmer Lebenssaft durchströmte ihre Adern. Sie breitete ein Teil ihres Lebens vor ihm aus. Einen sehr intimen Teil. Einen Teil, der ansonsten erst auf seinem Tisch zur Schau gestellt wurde. Den Menschen für sich behielten. Oder in Zweisamkeit mit einem anderen teilten. Nicht aber in der Öffentlichkeit – so wie diese Faru.
In diesem Moment spürte Miller, wie schön das Leben doch sein konnte.
Ein leises Stöhnen drang aus ihrem Mund. Ihr Finger schlich sich sanft zwischen ihre Schamlippen. Miller sah ihre innere Hitze vor ihren Lippen flimmern. Ihre Brustwarzen drückten sich durch ihre Bluse, sie reckten sich ihm entgegen wie kleine Ärmchen, riefen nach ihm, nach seiner sonst so leblosen Seele.
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