► Antithesen: Bei dem Streben nach positivem Verhalten sollten wir aber nicht vergessen: „Gute Absichten entschuldigen nicht böses Verhalten“ (Sprichwort). „Leider gibt es in unserer Welt viel zu viel Böses.“* Das gilt nicht nur für den Morast in unserer Gesellschaft ganz unten: „In je höhere Kreise man kommt, umso affiger verhalten sich die Leute“ ( S. Latzel ). Dazu passt: „Ihre Einbildung beeinflusst das Verhalten viel stärker als ihre Ausbildung ( Querulix ). Und zum Schluss: „Die Argumente, mit denen wir unser Verhalten rechtfertigen, sind normalerweise dümmer als unser Verhalten selbst ( N.G. Davila ).
► Synthese: „Jeder hat seine Gründe für sein Verhalten“ ( Voltaire ). Auch gilt: „Unsere Aufgabe in dieser Welt ist es nicht, alle Dinge zu wissen, wohl aber diejenigen, die unser Verhalten betreffen“ ( J. Locke ). Und G. Uhlenbruck ergänzt: „Nicht jeder, der tut, was er kann, kann, was er tut.“ „Das Verhalten eines Menschen ist auch von seiner Bildung abhängig. Menschen, welche primär durch die Naturwissenschaften geprägt sind, verhalten sich anders als solche, die eine geisteswissenschaftliche Basis haben.“* „Nicht wenige Naturwissenschaftler haben Probleme mit der Menschenführung; viele primär geisteswissenschaftlich geprägte Menschen haben zu wenig Ahnung von Physik und Chemie.“* Aber: „Das Verhalten wird nicht von Bedingungen diktiert, die der Mensch antrifft, sondern von Entscheidungen, die er selber trifft“ ( V.E. Frankl ).
Manchmal müssen wir unser Verhalten ändern: „Es ist äußere Wachsamkeit und Aufmerksamkeit, die es uns ermöglicht, unser Verhalten zu ändern“ ( K. Rinpoche ). Und: „Menschliches Verhalten ist in der Regel ein gutes Erkennungszeichen.“* Aber: „Man kann es nicht allen Leuten recht machen“ ( J. de la Fontaine ). Wer beispielsweise mit seinem Finger argwöhnisch auf einen anderen Menschen zeigt, sollte er folgendes nicht ignorieren: „Der Fingerzeig ist eine Stichwaffe“ ( A.M. Meneghin ). Auch: „Wer mit dem Zeigefinger auf andere Leute zeigt, der zeigt mit drei Fingern auf sich selbst“ ( G. Heinemann ). Abschließend: „Mit voreiligen Beschuldigungen sollten wir sowieso vorsichtig sein.“* „Achtsam müssen wird dann sein, wenn man uns hereinlegen will. Unser Verhalten sollte nicht aus dem Misstrauen heraus erfolgen, aber auch nicht aus Blauäugigkeit.“*
„Gegen Schurken ist Schurkerei keine unbrauchbare Waffe“
(Epicharmos)
„Jedes Verhalten wird allein durch die Absicht gut oder böse“ ( G. Beck ). Und wir sollten niemals vergessen: „Alles, was wir tun, hat eine Folge“ ( J.P. Eckermann ): „Das Böse bringt negatives Verhalten und das Gute positives Verhalten mit sich. Anstrebenswert ist, dass man nach dem Guten bzw. nach Zufriedenheit strebt, geradlinig handelt und auch im Erfolg immer auf dem Boden bleibt.“*
Eine Aggression ist ein affektbedingtes Angriffsverhalten des Menschen gegen Mitmenschen, Tiere, Organismen oder Gegenstände. Sie geschieht in vielen Fällen in der Absicht, anderen Menschen zu schaden, z. B. als verbale Diffamierung, Ausgrenzung oder als tätlicher Angriff, z. B. in Form von Gewalt. Sie dient der Durchsetzung eigener Interessen, z. B. im Alltag, aber auch sehr häufig im Sport. Beispielsweise im heutigen Spitzenfußball werden Aggressionen zum Teil in nicht mehr vertretbarer Weise ausgelebt, wie die langen Verletztenlisten belegen. Dagegen tut aber niemand etwas, vor allem nicht die Schiedsrichter. Hauptmotivation für die Aggressionen manchen Spieler ist wohl das viele Geld, das im Spitzenfußball verdient wird.
Aggression hat viele Ursachen. Sie kann auch eine Reaktion auf die Bedrohung der eigenen Machtsphäre sein. Zum Teil ist sie auf Frustrationen oder auch auf milieubedingte Verhaltensprägungen zurückzuführen, z. B. auch auf Alkoholeinfluss. Bei Tieren ist die Angriffsbereitschaft gegen Rivalen weit verbreitet, z. B. im direkten Wettbewerb um Ressourcen, um Nahrungsaufnahme oder wenn es um die Fortpflanzung geht. Aggressionen können auch mit Angriffshandlungen eines Staates gegen einen andern Staat verbunden sein. Die Bewertung von Aggression ist heute sehr unterschiedlich, zum Teil sogar ärgerlich.
► Nach Meinung des dänischen Therapeuten Juul kann Aggression nach durchaus konstruktiv sein:214Aggressionen bei Kindern sind normal. Seine Meinung: „Kinder sind, Opfer’! Eltern als, Rabauken’!“ Die Wut des Kindes ist zu respektieren. Aggressionen bei Kindern dürfen nicht unterdrückt werden! Unterdrückte Wut macht krank!“ Und er geht noch weiter: „Die Gewalt der Freundlichkeit kann mehr Schaden anrichten als ein Wutausbruch“ ( J. Juul ).
Der deutsche Aphoristiker P. Rudi sagt es vorsichtiger: „Leidenschaft ist der besser Teil der Aggression und mitunter ihre „bessere Hälfte.“ Wir müssen uns manchmal nicht wundern: „Wo keine Gerechtigkeit herrscht, da entsteht mit der Zeit Aggression“ ( O. Demir ). Denn: „Wenn wir Angst haben, werden wir gewalttätig“ ( J. Krishnamurti ).
► Mit der obigen Argumentation von Juul bin ich zum großen Teil nicht einverstanden. Eltern als Rabauken zu bezeichnen ist eine Unverschämtheit. Viele Kinder werden aber falsch erzogen, weil die Eltern zu viel durchgehen lassen und in ihrer Erziehung nicht konsequent sind. Ich fordere seit Jahren, dass wir für eine bessere und konsequentere Erziehung kämpfen müssen.215 Denn viele Eltern wissen nicht mehr, was es heißt, Eltern zu sein.216 Nicht die totale Selbstverwirklichung und das Ausleben der Kinder kann das Ziel sein, sondern konsequente Erziehung zu Nächstenliebe, Fleiß und Disziplin. Konservative Werte werden heute zum Teil mit Füßen getreten. Statt Pflichterfüllung werden nur die Rechte wahrgenommen. Wir müssen uns also nicht wundern, wenn sich aus unseren Kindern zum Teil kleine Tyrannen herausbilden.217
Auch für Erwachsene gilt: „Aggressives Verhalten macht Menschen krank und ist nicht zu tolerieren, sondern zu bekämpfen!“* Frechheiten, Rotznasigkeiten und Respektlosigkeiten müssen nicht sein: „Respektlosigkeit ist der erste Schritt in Richtung Revolte“ ( F.F. Kovacs ). Und: „Aggressive Worte tun anderen Menschen weh und verletzten sie“ ( K. Rinpoche ). „Aggressive Menschen befinden sich vor allem im Krieg mit sich selbst“ ( R. Schützbach ). Deshalb brauchen sie gute psychologische Betreuung. Überraschend ist die Spannbreite der Aggression bei P. Rudi : „Aggression ist eine beunruhigende Dimension, die vom skrupellosen Massenmord bis zuweilen gutem Sex reicht.“ Zum Schluss: „Jede Aggression sucht sich zu rechtfertigen. Angefangen hat doch immer der andere“ ( F. Hacker ).
► Was lernen wir daraus? Bevor wir über Menschen negativ urteilen, sollten wir immer prüfen, warum jemand aggressiv ist. So sieht es auch Autor Juul . Außerdem sollten wir genauer zwischen Aggressionen bei Kindern bzw. Pubertierenden und bei Erwachsenen unterscheiden. Aggressionen sind bei Kindern nicht zu verhindern, z. B. toben, spucken, kratzen, beißen und schlagen. „Wer Kindern aber locker zugesteht, ihre Wut massiv an Anderen auszulassen, lässt den Ungehorsam galoppieren.“* Hier muss gegengesteuert werden: Zuerst sollte man das Kind beruhigen und dem Kind pädagogisch verdeutlichen, dass klare Grenzen zu beachten sind. „Wer sich als Kind voll ausleben kann und die Beherrschung nicht rechtzeitig lernt, wird später bei der Eingliederung in die Erwachsenenwelt und den Arbeitsprozess große Probleme bekommen.“* „Die Erziehungskatastrophe trifft dann aber keinen der Erzieher, sondern die ehemaligen Kinder.“*
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